Initiative "Pro Sportstadt Bonn" zieht Jahresbilanz und schaut nach vorn. Sport kämpft weiter um mehr Geld

BONN · Der Bonner Sport blickt nach vorn. Deshalb standen gestern Abend bei der Pressekonferenz "1. Jahr Pro-Sportstadt-Bonn" und dem anschließenden Neujahrsempfang der Vereinsinitiative Pro Sportstadt Bonn (PSB) nicht selbstgefällige Worte zum Erreichten im Jahr 2012 im Mittelpunkt, sondern die Ziele für 2013.

 Im November 2012 demonstrierten in der Innenstadt 5000 Bonner Sportler.

Im November 2012 demonstrierten in der Innenstadt 5000 Bonner Sportler.

Foto: Horst Müller

Michael Scharf ist weit davon entfernt, sich zufrieden zurückzulehnen. "Selbstverständlich sind wir froh über das Erreichte. Nicht zuletzt haben wir den Bonner Vereinen die Sportstätten-Nutzungsgebühr erspart. Aber es gibt weiterhin viel zu tun", sagte der Leiter des Olympiastützpunktes Rheinland, der Anfang 2012 zu den PSB-Gründern zählte und neben Christa Vostell und Rainer Wolff als Sprecher der Initiative agiert.

Auf die Fahnen darf sich die PSB auch schreiben, eine Aufstockung des Sportetats um mehr als 300 000 Euro erreicht zu haben. Damit nicht genug. "Sofern für 2014 die im Doppelhaushalt verankerten 500 000 Euro kommen würden, wären wir fast auf dem beabsichtigten Zielwert von 1,3 Millionen Euro für die neue Sportförderrichtlinie, die auch noch verhandelt werden muss", formulierte Scharf beim Neujahrsempfang. Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch hörte ebenso interessiert zu wie sein Sportdezernent Martin Schumacher, mit dem er ins Clubhaus des Bonner THV gekommen war.

Die zeitweise eskalierte Kontroverse zwischen Sport und Kultur soll der Vergangenheit angehören. Offene Briefe beider Seiten, der Eklat um den Vorstoß von Nimptsch für eine Opern-Fusion mit Köln, zu guter Letzt im Dezember ein Angriff auf die PSB im Köln-Bonner Musikkalender - das Jahr 2012 bot reichlich Zündstoff. Erhitzte Gemüter diskutierten im GA-Aktionsblog, die Fronten zwischen den beiden schönsten Nebensachen der Welt schienen wochenlang hoffnungslos verhärtet zu sein.

Eine nach Neujahr verfasste E-Mail der PSB an die Opernfreunde lässt inzwischen nur einen Schluss zu: 2013 stehen die Zeichen auf Kooperation statt Konfrontation. In dem von PSB-Sprecher Kay Milner unterzeichneten Schreiben an den Vorsitzenden der Opernfreunde, Ferdinand Kösters, heißt es, "dass die Vertreter von Sport und Kultur durchaus in der Lage sind und waren, Gemeinsamkeiten und Differenzen ... in der ,berühmten dritten Halbzeit? in fairer Art und Weise gemeinsam zu analysieren."

Zuvor hatte Kösters in einem offenen Brief erklärt, dass Sport und Kultur "eigentlich ja gemeinsame Ziele verfolgen". Bezogen auf die aktuelle Suche des Festausschusses Bonner Karneval nach einem Motto für die nächste Session unterbreitete Scharf einen Vorschlag: "Schön wäre doch: Sport und Kultur im Karneval: Mir Jecke laache övverall."

Die PSB hat 2012 viel bewegt. Bei strömendem Regen demonstrierten am 3. November mehr als 5 000 Bonner Sportler in der Innenstadt für ihre Interessen. "Das hat gezeigt, dass die Sportler in der Lage sind, für ihre Ziele auf die Straße zu gehen", sagt Michael Scharf im Rückblick. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde der Politik in Bonn die Macht des Sports als Volksbewegung vor Augen geführt. Und es wurde deutlich, so die Ansicht der PSB, wie gering die Sportförderung in Bonn im Vergleich zu Subventionen auf anderen Feldern ausfällt. Dazu zählt logischerweise die Kultur.

Zwangsläufig sind auch in Zukunft Verteilungskämpfe nicht auszuschließen. Dabei wollen Kultur und Sport nach den beiderseitigen Bekundungen der vergangenen Wochen jedoch - soweit möglich - eher miteinander als übereinander reden. Auch wenn die Bonner Kultur nach Auffassung der PSB "finanziell in der ersten Liga spielt, während wir im Sport maximal Regionalliganiveau erreichen". Das klingt vorerst mehr nach Waffenstillstand als nach Friedensvertrag.

Eine Herausforderung im Jahr 2013 stellt die Koordination des Zusammenspiels zwischen PSB und dem Stadtsportbund (SSB) dar, der ebenfalls die Vereinsinteressen vertritt. Der SSB hatte im Mai auf Antrag der PSB den mit der Stadt ausgehandelten "Pakt für den Sport" gekündigt, in dem als Ziel - bürokratisch verklausuliert - eine "zukunftsorientierte Sportentwicklung" festgeschrieben war.

Diese Kündigung ist ein bislang einmaliger Vorgang in NRW - ein Protestaufschrei. Er veranlasste den Präsidenten des Landessportbundes, Walter Schneeloch, weit über die Bonner Stadtgrenzen hinaus die Vereine und Sportbünde zur Gegenwehr aufzurufen, wenn Kommunen die vom Land gezahlte Sportpauschale zweckentfremden und als Sanierungsbeitrag für ihren Haushalt verbuchen.

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