Judo Sankt Augustiner Judoka Karl-Richard Frey gehört zur Weltspitze

BONN · Im Moment seines größten Erfolgs konnte Karl-Richard Frey seine Tränen nicht zurückhalten. Nachdem der deutsche Judoka den amtierenden Olympiasieger Tagir Khaibulaev bei der Weltmeisterschaft im russischen Tscheljabinsk besiegt und sich so die Bronzemedaille gesichert hatte, fiel er seinem Trainer in die Arme.

 Freudentränen flossen nach dem gewonnenen Bronze-WM-Kampf bei Karl-Richard Frey.

Freudentränen flossen nach dem gewonnenen Bronze-WM-Kampf bei Karl-Richard Frey.

Foto: dpa

Auch fast drei Monate später kann der aus Sankt Augustin stammende Frey seinen Triumph noch nicht richtig begreifen: "Vor zwei oder drei Jahren hätte ich es mir niemals zugetraut, bei einer WM eine Medaille zu gewinnen. Da wirkte das alles so unerreichbar."

Durch den etwas unerwarteten Erfolg hat der 23-Jährige nun aber die Gewissheit, dass er in der Weltspitze angekommen ist. Folglich hat er die Olympischen Spiele in Rio 2016 im Blick und setzt sich hier hohe Ziele. "Ich denke, ich habe mich mittlerweile so etabliert, dass ich auch in Rio eine Medaille holen kann", sagt Frey selbstbewusst.

Um überhaupt in zwei Jahren an den Start gehen zu dürfen, muss er sich gegen seinen größten deutschen Konkurrenten Dimitri Peters in der Gewichtsklasse bis 100 Kilo durchsetzen und den Bundestrainer überzeugen. "Momentan sieht es nach einem knappen Rennen zwischen uns beiden aus, aber ich gebe alles, um in zwei Jahren zu den Olympischen Spielen fahren zu dürfen", so Frey.

Dass er überhaupt den Weg zum Judo gefunden hat, verdankt Frey dabei seinem Vater, der einst in der Zeitung eine Anzeige des Beueler Judoclubs entdeckte. "Daraufhin hat er mich einfach mal zum Training geschleppt. Also eigentlich war es seine Entscheidung", sagt Frey. Während er sich heute ein Leben ohne Judo nicht mehr vorstellen kann, war er als Fünfjähriger überhaupt nicht begeistert: Gleich im ersten Training bekam Karl-Richard Nasenbluten und hatte deswegen keine Lust mehr, weiterhin dorthin zu gehen. Doch sein Vater ließ nicht locker und drängte ihn schließlich erfolgreich dazu, das Ganze weiterzumachen. "Heute bin ich ihm natürlich sehr dankbar dafür, dass er mich so ein bisschen gezwungen hat."

Nach der Eingewöhnungsphase konnte er dann nicht mehr vom Judo lassen und blieb bis zu seinem 16. Lebensjahr beim Beueler Judoclub, ehe er ins Kölner Sportinternat umzog. Hier konnte er sich voll auf seinen Sport konzentrieren und wurde mit der Zeit immer besser: "Ich hatte damals nur Judo im Kopf und habe sehr viel trainiert." Lohn für seinen Trainingsfleiß war schließlich der Europameistertitel bei den U20-Junioren. Allerdings musste er mit dem Wechsel zu den Senioren feststellen, dass der Schritt in die Weltspitze noch eine Menge weiteres Training verlangen würde. "Anfangs hat man da kaum eine Chance, denn man kämpft gegen richtige Männer, die physisch viel stärker sind als du", erinnert er sich.

Diesen Rückstand hat er inzwischen durch seinen Ehrgeiz aufgeholt, der mitunter in wahre Besessenheit ausartet: Wenn es im Training Mal nicht so läuft wie gewünscht, fliegt manchmal die Judojacke in die Ecke. Bei einem Trainingslager in der Mongolei war er einst mit seiner Leistung sogar so unzufrieden, dass er seine Sachen zusammenpackte und den Weg von der Halle zum Hotel bei strömendem Regen zu Fuß ging, statt mit seinen Kollegen den bereitstehenden Bus zu nehmen. "Diese Emotionalität ist nicht immer hilfreich, denn sie kann dich auch fertig machen. Aber ich wäre wohl umgekehrt auch nicht so weit gekommen, wenn ich nicht so besessen wäre", ist sich Frey sicher.

Eine gewisse Form von Druck bekommt er dabei auch von der Bundeswehr, in deren Sportfördergruppe er steht. Sie schreibt ihm unter anderem vor, dass er am Judo-Olympiastützpunkt in Köln-Junkersdorf zweimal täglich trainieren und einmal im Monat an einer militärischen Ausbildung teilnehmen muss. "In erster Linie bin ich Soldat. Wenn ich also ein Trainingslager plane und gleichzeitig ein Lehrgang der Bundeswehr stattfindet, hat dieser Vorrang", erklärt der 23-Jährige. Zudem sind sportliche Erfolge quasi Pflicht, damit er nicht aus dem Förderprogramm herausrutscht.

Mit solchen Sorgen muss sich Karl-Richard Frey jedoch nicht herumschlagen: Bei allen Grands Prix, an denen er in diesem Jahr teilnahm, holte er mindestens den dritten Platz. Und die Bronzemedaille bei der WM soll ebenfalls erst der Anfang gewesen sein: "Das war hoffentlich nur der erste Schritt, denn natürlich will ich jetzt auch noch Weltmeister und Olympiasieger werden." Sollte ihm das gelingen, werden sicherlich wieder ein paar Freudentränen fließen.

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