Der Bonner Kanute Max Rendschmidt Allergie gegen Algen

BONN · "La dolce vita" - das süße Leben. Von wegen, das hat Max Rendschmidt bislang nicht kennengelernt. Zumindest nicht in diesen Tagen. Dass sich der Bonner Rennkanute, der seit vorgestern in Mailand weilt, von Flirt zu Flirt, von Party zu Party hangelt oder gar in irgendwelchen berühmten Brunnen amüsiert (wie Anita Ekberg im Film "La dolce vita") ist nahezu ausgeschlossen.

 Ähnliche Glücksgefühle - wie auf dem Plakat hinter ihnen - möchten Max Rendschmidt (links) und Marcus Groß auch in Mailand genießen.

Ähnliche Glücksgefühle - wie auf dem Plakat hinter ihnen - möchten Max Rendschmidt (links) und Marcus Groß auch in Mailand genießen.

Foto: Privat

Klar, nun ist Mailand nicht Rom, mit Wasser aber wird er auch dort in Berührung kommen, wenn es ab heute bei der Kanu-Weltmeisterschaft in der norditalienischen Metropole um Medaillen geht. Mehr noch: um die Qualifikation für die Olympischen Spiele im nächsten Jahr in Rio de Janeiro.

Das süße Leben muss vorerst also warten auf Rendschmidt, der mit seinem Berliner Zweier-Partner Marcus Groß zu den Medaillenkandidaten vor allem über ihre Paradestrecke, den 1000 Metern, zählt. Die volle Konzentration auf den Wettkampf lässt kaum Raum abseits der Rennstrecke.

"Für andere Dinge", sagt er, "habe ich wenig Zeit." Vielleicht, meint der Bonner, komme er am morgigen freien Freitag mal dazu, die Stadt zu erkunden. Wahrscheinlich ist dies nicht. Denn nach den heutigen Vorläufen geht es am Wochenende um sehr viel für den 21-Jährigen: um das Erreichen seines großen (Fern)-Ziels Rio.

Nach den gezeigten Leistungen in diesem Jahr (zwei Mal Gold bei der EM in Racice, Silber bei den Europaspielen in Baku) ist dies nicht nur realistisch. Es ist sehr wahrscheinlich, dass das deutsche Duo Rendschmidt/Groß am Zuckerhut aufschlagen wird. Einen Platz unter den ersten sechs Booten im Finale müssten sie dafür erreichen.

Die Qualifikation für Olympia ist Pflicht

"Ich gehe mal davon aus", sagt Rendschmidt, "dass wir es schaffen." Die Qualifikation für Olympia: "ist Pflicht", sagt der Bonner. Und was noch oben draufkommt? "Wir wollen auf jeden Fall um die Medaillen mitfahren." Klingt selbstbewusst. Ist es auch. Aber der Weltklasse-Kanute ist trotz seines jungen Alters erfahren genug, sein Leistungsvermögen und seine Chancen richtig einzuschätzen.

Schließlich hat Rendschmidt gelernt, auch mit negativen Erlebnissen umzugehen - und daraus neue Motivation zu ziehen. Ein vierter Platz sei eben nie schön, sagt der Bonner, der seinen Sport perfekt mit seinem Beruf bei der Bundespolizei verbinden kann. Eben wie jener Blech-Platz, den er gemeinsam mit Groß bei der WM 2014 in Moskau erpaddelte. Damals lief es nicht wie gewünscht. Nicht nur bei diesen beiden deutschen Kanu-Könnern.

Drei Medaillen sprangen am Ende der Titelkämpfe in Russland heraus - zu wenige für den erfolgsverwöhnten Deutschen Kanu-Verband. "Unser unglückliches Abschneiden im letzten Jahr haben wir abgehakt. Unsere personelle Umstrukturierungen haben gegriffen", meint Sportchef Jens Kahl mit Blick etwa auf einige Umstellungen im Trainerteam. Diesmal peilt der Verband sechs Medaillen an - doppelt so viel wie vor einem Jahr.

Die größten Chancen auf WM-Titel werden neben Rendschmidt/Groß Canadier-Ass Sebastian Brendel, Max Hoff (Kajak-Einer) sowie dem Olympiasieger-Duo Tina Dietze und Franziska Weber eingeräumt. Es herrsche wieder ein viel größerer Zusammenhalt in der Mannschaft, meint der gebürtige Troisdorfer Hoff. "Die Stimmung im Team ist gut."

Meint auch Rendschmidt. Er erzählt von einem gemeinsamen Abend auf einer Hütte in Österreich. So etwas, sagt er, trage eben "zur Verbesserung des Klimas bei". Lediglich die Bedingungen auf der Rennstrecke passen nicht ganz in dieses Bild vom glitzernd-klaren Gewässer. Gegen die Algen im Mailänder Nass hat Rendschmidt eine gewisse Allergie entwickelt. Können sie doch den Rhythmus der Sportler bei der Fahrt empfindlich stören. Davon will er sich jedoch nicht beeindrucken lassen. Schließlich liegen wichtige Stationen vor ihm: nach Mailand wohl Rio - und irgendwann das süße Leben.

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