Kader-Nominierung Yanna Schneider fährt nicht zur Taekwondo-WM

Bonn · Trotz internationaler Erfolge und dem Titel der deutschen Meisterin ist Yanna Schneider nicht für die Taekwondo-WM in Manchester nominiert worden. Für die Junioren-Weltmeisterin von 2012 ist es bereits der zweite Traum der kurzfristig platzt. Martin Stach wurde dagegen nominiert.

Acht Medaillen bei internationalen Turnieren, Platz fünf der Weltrangliste und der deutsche Meistertitel – die Bilanz für das Jahr 2019 kann sich bei Yanna Schneider schon nach dem ersten Saisondrittel mehr als sehen lassen. Doch Freude will bei der Taekwondoka auch zwei Tage vor ihrem Geburtstag nicht so recht aufkommen.

Denn trotz des erfolgreichen Saisonverlaufs ist erneut ein großer Traum der Studentin der Wirtschaftspsychologie jäh geplatzt. Yanna Schneider ist nicht für die WM in Manchester im Mai nominiert. Für die noch 21-Jährige ist es bereits das zweite Mal, dass sie kurzfristig von einer Nicht-Nominierung erfahren hat. „Sie war schon sehr niedergeschlagen“, so ihr Heimtrainer Dimitrios Lautenschläger. 2015 träumte die Taekwondoka von der Teilnahme an den Olympischen Spiele in Rio. Ausgerechnet an Heilig Abend erfuhr sie per E-Mail von der Ausbootung durch den damaligen Bundestrainer Carlos Esteves – sportlich eine für sie harte, aber durchaus nachvollziehbare Entscheidung. „Meine Kontrahentin hat mehr Medaillen bei großen Turnieren gesammelt“, sagte Schneider damals.

Dieses Mal ist die Entscheidung der aktuellen Bundestrainerin Yeonji Kim aus sportlichen Gründen nicht ganz so einfach nachzuvollziehen. Denn Schneider holte nicht nur acht Medaillen in diesem Jahr, die Bonnerin gewann auch zwei direkte Duelle gegen die Konkurrentin und WM-Fahrerin Alema Hadzic – unter anderem den Endkampf bei den Deutschen Meisterschaften. „Alema ist eine sehr talentierte Sportlerin“, sagt Lautenschläger. „Sie ist ebenfalls sehr erfolgreich, hat unter anderem die Olympiasiegerin geschlagen. Dennoch sind wir davon ausgegangen, dass gerade bei so einem engen Duell der direkte Vergleich mehr Gewicht hat.“ Doch die Bundestrainerin sieht das anders.

„Beide Athletinnen haben die Nominierungskriterien erfüllt. Die Bundestrainerin hat sich aber für Alema entschieden, da sie in diesem Jahr zwei Mal bei einem Weltranglistenturnier im Finale gekämpft hat“, heißt es von der Deutschen Taekwondo Union (DTU). „Die internationalen Erfolge hatten in diesem Fall mehr Gewichtung als die Entscheidung auf der Deutschen Meisterschaft.“ Laut DTU sei die Entscheidung sehr knapp gewesen, da beide Athletinnen in den vergangenen Monaten hervorragende Ergebnisse erzielt hätten. An der Anzahl der Medaillen gemessen war Schneider international sogar einen Tick erfolgreicher.

„Natürlich sehe ich das ein wenig aus der Vereinsbrille. Die Kontrahentin hat es auch verdient. Manchmal muss ein Bundestrainer aus dem Bauch entscheiden“, sagt Lautenschläger. Allerdings: Hätte die Weltranglisten-Fünfte Schneider bei der WM ihre neunte Bronzemedaille im Jahr 2019 eingefahren, wäre sie vermutlich auch im Olympia-Ranking unter die Top-Sechs gerutscht und hätte damit der DTU einen Startplatz für die Spiele in Tokio ermöglicht. „Wir werden bei der WM sehen, ob die Bundestrainerin die richtige Entscheidung getroffen hat“, so Lautenschläger, der sich allerdings über die Kommunikationspolitik der DTU wundert. „Vor der Deutschen Meisterschaft hieß es immer, dass der Wettbewerb ausschlaggebend sei. Dann kamen plötzlich weitere Turniere dazu.“

Martin Stach überraschend nominiert

Dass der jahrelange Rechtsstreit zwischen dem neuen Landesverband TUNRW, dem Schneider mit dem TKD Swisttal angehört, und der DTU einen Ausschlag gegen die Bonnerin gegeben haben könnte, glaubt der Heimtrainer allerdings nicht. Nach Querelen im Verband hatten sich 2016 einige Vereine zusammengeschlossen, um den neuen Landesverband TUNRW zu gründen. Die Sportler des neuen Verbandes dürften in der Folge nicht mehr an diversen internationalen und nationalen Turnieren teilnehmen, da die TUNRW nicht von der DTU als Mitglied anerkannt worden war. Vor Gericht erkämpfte sich der Verband eine Aufnahme in den Dachverband. Die DTU ging zwar in Revision, musste aber auch dort eine Niederlage einstecken.

Auch wenn die DTU die TUNRW mittlerweile als vollwertiges Mitglied anerkannt hat, sind noch nicht alle Streitigkeiten geklärt. Unter anderem sind die Vereine auf hohen Kosten sitzengeblieben. „Aber das hat alles nichts mit Yannas Nicht-Nominierung zu tun“, so Lautenschläger, der sich dennoch in einem Zwiespalt befindet.

Des einen Leid ist auch beim TKD Swisttal nämlich des anderen Freud. Während Schneider nicht nominiert wurde, fährt Martin Stach überraschend mit nach Manchester. „Ich habe mich natürlich gefreut, als ich davon erfahren habe“, so Stach. „Jetzt will ich meine Chance auch nutzen.“ Bei der WM zählt Stach nicht zu den Medaillenhoffnungen, doch der 20-Jährige hat schon bei internationalen Turnieren überrascht. „Ich bin gerne in der Rolle des Underdogs und wenn ich einen perfekten Tag erwische, ist viel möglich.“ Für den Trainer ist die Entscheidung für seinen Schützling Lohn für viele Mühen.

„Von seinen Qualitäten hat er es verdient und auch die nötigen Punkte für so ein Turnier hat er eingesammelt“, sagt Lautenschläger. „Aber sein Kontrahent ist schon ein Guter.“ Bei den Deutschen Meisterschaften musste sich Stach im Finale Adnan Hamzam Kerim geschlagen geben. Dass Kerim nicht nominiert ist, verwundert auf den ersten Blick. „Er war nach der Deutschen Meisterschaft angeschlagen. Wahrscheinlich ist er verletzter, als wir gedacht haben“, erklärt Lautenschläger.

Immerhin schickt der Trainer somit einen seiner Athleten mit nach England. Und die nächsten Talente stehen schon bereit. Unter anderem zeigte die 14-jährige Julika Zimmerling mit dem Gewinn der Spanish und German Open, dass auch sie in einigen Jahren eine mögliche WM-Kandidatin ist – wenn nicht eine böse Überraschung dazwischen kommt.

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