Förderprogramm für Sportler Yanna Schneider bekommt Tipps von Erich Kühnhackl

KÖLN · Ein Förderprogramm von Sporthilfe und Telekom: Die Bonner Taekwondoka Yanna Schneider profitiert von Tipps von Eishockey-Legende Erich Kühnhackl.

 Selfie mit Idol: Yanna Schneider macht im Kölner Mediapark einen Erinnerungs-Schnappschuss mit dem früheren Eishockey-Star Erich Kühnhackl.

Selfie mit Idol: Yanna Schneider macht im Kölner Mediapark einen Erinnerungs-Schnappschuss mit dem früheren Eishockey-Star Erich Kühnhackl.

Foto: Juergen Schwarz

Spitzenfußballer kicken für Millionensummen, leben in Saus und Braus, können locker ihr Leben nach der Karriere absichern. Dagegen verdienen Turmspringer, Wasserballer oder Rodler weniger als der Durchschnitt der Bevölkerung, kommen im Schnitt auf 626 Euro verfügbares Einkommen im Monat. Es ist nicht neu, aber unvermindert verstörend, dieses Ergebnis einer Studie der Deutschen Sporthochschule Köln, für die alle von der Deutschen Sporthilfe geförderten Aktiven befragt wurden. Derer gibt es 3800 – und zu ihnen zählt auch Yanna Schneider aus Bonn, Olympiahoffnung im Taekwondo, die GA-Sportlerin des Jahres 2014.

Schneider ist 21 Jahre alt, studiert in Köln Wirtschaftspsychologie mit dem Berufsziel Unternehmensberaterin. Und betreibt parallel weiterhin auf höchstem Niveau den Sport, den sie so sehr liebt. Obwohl die im Nachwuchsleistungszentrum in Swisttal ausgebildete Juniorenweltmeisterin von 2012 vergangenes Jahr die Spiele in Rio verpasste. Und obwohl sie ihren Berufseinstieg verzögert, ohne die geringste Garantie zu haben, dass sie sich ihren olympischen Traum 2020 in Tokio erfüllen kann.

Vereinbarkeit von Spitzensport und beruflicher Entwicklung

Ist sie deshalb unvernünftig, verbaut sie sich Zukunftschancen? Nicht, wenn ihr gelingt, was die Deutsche Sporthilfe mit dem Förderprogramm der Deutschen Telekom beabsichtigt, das überschrieben ist: Duale Karriere – Vereinbarkeit von Spitzensport und beruflicher Entwicklung. Heißt übersetzt, dass Sportler lernen sollen, ihre Qualitäten bei Bewerbungen so vorteilhaft zur Geltung zu bringen, dass Unternehmen den Wert einer Spitzensportkarriere erkennen. Gelingt dies, bekommen das tägliche Training und die vielen Wettkampfreisen eine neue Dimension: die einer Investition in die Zukunft.

Was Taekwondoka Schneider auszeichnet, ist nicht zuletzt ihr Durchhaltevermögen. Eine Qualität, die im Beruf eine große Rolle spielt. Deshalb ist sich Telekom-Projektleiter René Bresgen sicher, „dass die sogenannten Soft Skills Leistungssportler als Arbeitnehmer interessant machen“. Höchstalter oder Maximalstudienzeiten müssten keine Killerkriterien sein.

Mai 2017, ein Seminarraum in einem Hotel im Mediapark Köln. Die Sonne knallt auf die Fenster, trotz Klimaanlage ist es ordentlich warm geworden in den vier Wänden, in denen elf von der Sporthilfe geförderte Athleten, darunter Schneider, für die Zukunft büffeln. Ein Bewerbertraining steht auf dem Stundenplan. Einer der Dozenten fällt durch seine knapp zwei Meter Körperlänge auf. „Kleiderschrank auf Kufen“ nannten sie ihn: Erich Kühnhackl, Eishockey-Olympiasieger 1976, danach bis 1979 in Diensten des Kölner EC. Der 67-Jährige gibt Erfahrungen weiter – aus der Praxis für die Praxis.

Wille als entscheidender Faktor für den Erfolg

Schneider findet es „beeindruckend, dass seine Karriere so lange her ist und er sich trotzdem weiterhin so gut in uns junge Sportler hineinversetzen kann“. Kühnhackl glänzt mit Anekdoten, und auch wenn er von Summen zwischen 50 000 und 250 000 Euro berichtet, die Eishockey-Profis in der höchsten deutschen Spielklasse gegenwärtig pro Jahr verdienen, hat er, wie die Taekwondokämpferin findet, viele „wertvolle Tipps und Tricks“ für die Amateure des Spitzensports parat, die ihm gebannt lauschen.

Die Situation des Sports in Deutschland bezeichnet Kühnhackl als „ganz schlecht“. Macht keinen Hehl aus seinen gewaltigen Zweifeln an der aktuellen Spitzensport-Reformpolitik. Und macht klar, dass der Charakter des Athleten damals wie heute das Fundament für Erfolg bildet. Auf die Frage Schneiders, wie er als Nationalspieler mit Drucksituationen umgegangen sei, antwortet Kühnhackl: „Das Wichtigste war: Ich wollte immer gewinnen. Und bei Niederlagen aus Fehlern lernen.“

Seinen Worten lässt sich entnehmen, dass die Einstellung das größte Kapital für die Karriere ist: „Der Sportler muss es jeden Tag 24 Stunden wollen.“ Schließlich auch nicht die schlechteste Voraussetzung für Erfolg im Beruf.

Sportlicher und schulischer Lebenslauf

Schneider hat, so erzählt sie mit ein paar Tagen Abstand, vom Seminar profitiert. In puncto Selbstsicherheit, und für die Bewerbungspraxis. Vorher habe sie sich „tendenziell oft zu weit zurückgenommen, statt offensiv zu zeigen: Ich bringe beides hin – also Sport und Studium“. Weil sie nicht mit ihren Erfolgen prahlen wollte. Die Lösung, die Schneider aus dem Seminar mitgenommen hat: „Zwei Lebensläufe schreiben, einen schulischen und einen sportlichen.“ So macht eins plus eins eben zwei.

Außerdem, so die Studentin – und dieser Dank ist nicht zuletzt Kühnhackl gewidmet –, „ist mir das Gefühl vermittelt worden: Ihr seid etwas Besonderes“. Es ist eben auch die Wertschätzung, die Sportler nach vorne bringt. Aus den häufig realitätsfernen Fördermittel-Diskussionen der Politiker ist sie nicht zu schöpfen. Der Applaus als Brot des Künstlers – und des Sportlers.

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