Ein Interview mit Christof Ehrhart Wie Laufen den Kopf reinigt

Interview mit DHL-Kommunikationschef Christof Ehrhart: Über die Kraft des Sports, wie die Deutsche Post sie nutzt - und warum das Unternehmen den Marathon in Bonn unterstützt.

 In den Rheinauen tankt DHL-Manager Ehrhart so oft wie möglich nach langen Arbeitstagen neue Kraft - danach fühlt er sich "wie neu".

In den Rheinauen tankt DHL-Manager Ehrhart so oft wie möglich nach langen Arbeitstagen neue Kraft - danach fühlt er sich "wie neu".

Foto: ga

Für Prof. Dr. Christof Ehrhart ist ein Lauf durch die Bonner Rheinauen die beste Möglichkeit der Entspannung. Um ein wenig Abstand zur Hektik des Alltags zu finden, Sauerstoff zu tanken und die Gedanken zu beflügeln.

Der Leiter des Zentralbereichs Konzernkommunikation und Unternehmensverantwortung beim globalen Post- und Logistikunternehmen Deutsche Post DHL Group ist viel unterwegs - in aller Welt. Auch auf Dienstreisen hat der Manager seine Laufschuhe stets im Gepäck. Noch am Tag des Bonner Halbmarathons bricht er in die USA auf.

Locker plaudernd hat Ehrhart mit Berthold Mertes, Leiter der Sportredaktion des General-Anzeigers, vor dem Deutsche Post Marathon eine Trainingsrunde auf seiner liebsten Laufstrecke gedreht. Herausgekommen ist ein intensiver Austausch über den Sinn des Sporttreibens.

Herr Ehrhart, Sie starten nun schon zum fünften Mal in Bonn beim Halbmarathon. Was haben Sie sich vorgenommen?

Prof. Dr. Christof Ehrhart: Mein Minimalziel ist: unter zwei Stunden. Mein Maximalziel lautet: besser als im Vorjahr. Damals blieb die Uhr bei 1:45:50 stehen.

Sind Sie nervös, wenn Sie an der Startlinie stehen?

Ehrhart: Gemeinsam mit dem Oberbürgermeister habe ich in den vergangenen Jahren immer den Startschuss für den Marathon gegeben. Wenn Sie vorher die Startpistole in der Hand haben, Interviews geben und mit Herrn Sridharan plaudern, dann bleibt keine Zeit für Nervosität. Ich gestehe aber: Wenn ich dann von der Bühne ins Läuferfeld steige, fühle ich mich schon ein wenig wie ein Rennpferd in der Startbox.

Sie sind von Hause aus sportlich, Ihre Leidenschaft ist das alpine Skifahren. Wie sind Sie zum Laufen gekommen?

Ehrhart: Es stimmt. Als saarländischer Flachländer habe ich das alpine Skifahren als Wettkampfsport betrieben und mir während meines Studiums die Urlaube als Skilehrer finanziert. Zum Ausgleich habe ich im Sommer Volleyball gespielt. Wenn man dann beruflich richtig eingespannt ist, nimmt der Bedarf an körperlicher Ertüchtigung zwar eher zu, aber die verlässlich verfügbare Zeit kontinuierlich ab. Mein erster Kompromiss war dann Squash, weil man sich hier nur mit einem Kollegen verabreden muss. Als auch das immer schwerer planbar wurde, weil ich internationale Verantwortung übernahm, habe ich mich auf Individualsportarten verlegt. Neben Krafttraining stehen dabei Laufen und Mountainbiking im Vordergrund. Bonn inspiriert zum Laufen, weil es viele schöne Laufstrecken gibt: am Rhein, im Ennert oder im Kottenforst.

Als weltweit zuständiger Manager für Kommunikation und Nachhaltigkeit bei der Deutsche Post DHL Group sind Sie viel auf Dienstreisen. Wie schaffen Sie die Vorbereitung auf einen Halbmarathon?

Ehrhart: Meine Kollegen fragen mich das auch immer wieder (lacht). Um es auf den Punkt zu bringen: ich laufe nicht, obwohl ich beruflich so eingespannt bin, sondern gerade daher. Für mich ist Sport der perfekte Ausgleich: physisch und psychisch. Ich nehme meine Laufklamotten immer mit zur Arbeit, ziehe mich dann im 35. Stock des Post Tower um und laufe meine Drei-Brücken-Runde. Im Sommer, im Winter, bei Wind und Wetter, im Hellen und im Dunkeln. Es kann auch mal Mitternacht werden, bis ich wieder zurück bin. So komme ich eigentlich nie so ganz aus dem Training. Grundsätzlich versuche ich, vier Mal pro Woche Sport zu treiben: zweimal Ausdauer, zweimal Fitness-Studio.

Laufen Sie auch auf Dienstreisen?

Ehrhart: Ich habe das "kleine Sport-Besteck" immer dabei: Schuhe, Shirt, Hose. Ich laufe dann aber eigentlich nur, wenn ich den Ort sehr gut kenne und Kollegen mitkommen. Eine frühe Runde im Central Park in New York macht schon Spaß. Ansonsten ziehe ich auf Reisen das Fitness-Studio im Hotel vor. Meist sind sie rund um die Uhr geöffnet und man kann gleich nach der Ankunft eine Runde an den Geräten drehen. Das hilft, um mit dem Jet-Lag klarzukommen. Irgendwann schreibe ich mal ein Buch: alle Hotel-Fitness-Studios im Test (lacht). Ich habe sehr viele gesehen und manchmal auch durchlitten.

Was ist Ihre liebste Laufstrecke?

Ehrhart: Die drei Brücken-Runde am Rhein entlang: vom Post Tower aus in die Stadt und dann auf der "schäl Sick" zurück. Die Strecke kenne ich so gut, dass ich sie mit geschlossenen Augen laufen könnte. Da wird Sport zur reinen Kontemplation. Außerhalb von Bonn: an der Isar entlang von Lenggries nach Bad Tölz und zurück. Das ist wie Kanada - nur schöner.

Was ist Ihr Antrieb, wenn Sie nicht einen Wettkampf als Ziel vor Augen haben?

Ehrhart: Nach dem Sport fühle ich mich wie neu. Es ist wie wenn man die Reset-Taste beim Computer drückt. Die Systeme fahren neu hoch, eingefahrene Denkroutinen stoppen, der Körper konzentriert sich auf das Wesentliche. Mit diesem Gefühl der Entspannung und geistigen Reinigung belohne ich mich nach einem anstrengenden Tag. Daher laufe ich übrigens auch alleine und höre keine Musik. Ich will ganz bei mir sein. Manchmal laufe ich mit einem Problem im Kopf los und komme dann mit der Lösung zurück.

Können Sie sich vorstellen, auch mal die volle Marathondistanz zu laufen, vielleicht sogar in Bonn?

Ehrhart: Um ehrlich zu sein: Ich glaube, dass meine alten Knochen das nicht mehr so gut mitmachen. Mir stecken diverse - vor allem orthopädisch stark belastende - Sportarten in den Knochen. Vor allem meine Knie und Fußgelenke zwicken immer mal wieder. Ich will mein Schicksal nicht herausfordern.

Warum wird Sport bei der Deutschen Post groß geschrieben?

Ehrhart: Sie haben recht: Wir sind ein sehr sportliches Unternehmen. Das hat sicher etwas damit zu tun, dass viele Kolleginnen und Kollegen körperlich anspruchsvolle Tätigkeiten verrichten. Zustellung heißt oft Laufen oder Radfahren. Pakete sortieren, Flugzeuge be- und entladen, im Warenlager agieren: Gute Logistik hat immer mit Köpfchen, aber eben oft auch mit Fitness zu tun. Deshalb treiben viele Sport und nehmen Angebote wahr, die wir als Unternehmen machen, um für Sport zu begeistern oder zumindest am Arbeitsplatz etwas zu tun, um fit zu bleiben.

Wenn Sie am 2. April beim Halbmarathon auf dem Weg in die Innenstadt auf den Post Tower zulaufen, dann haben sie so 15 bis 16 Kilometer hinter sich und sind ziemlich genau an der anstrengendsten Passage des Wettkampfes angelangt. Wie widerstehen Sie dann der Versuchung, rechts abzubiegen, im Post Tower zu duschen und nach Hause zu fahren?

Ehrhart: Dann bin ich schon längst im Tunnel und ganz mit meiner Sauerstoffnot beschäftigt (lacht). Mit Denken und Abwägen ist dann nicht mehr so viel. Im Ernst: Gemeinsam mit vielen Kollegen im Halbmarathonfeld am Post Tower vorbeizulaufen, wo uns dann ja auch immer ein paar Postler zujubeln, ist sehr motivierend. Das ist die unwahrscheinlichste Stelle für einen Ausstieg.

Warum engagiert sich die Deutsche Post als Titelsponsor beim Bonn-Marathon?

Ehrhart: Unser Unternehmen hat mehr als 6000 Mitarbeiter in Bonn. Die Stadt war schon Sitz unserer Zentrale, als wir noch eine Behörde waren und heute haben wir hier unsere Wurzeln als international führendes Post- und Logistikunternehmen. Wir sind gerne in Bonn und stolz darauf, auch unsere Beiträge zum Gemeinwesen und damit für die Menschen in der Stadt zu leisten. Wir setzen hier unsere Schwerpunkte auf kulturelle Themen wie die Pflege des Beethoven-Erbes, das Jazz-Festival oder auch gesellschaftliche Engagements wie bei Käpt´n Book und Rhein in Flammen. Aber der Bonn-Marathon gibt uns die Gelegenheit, einmal im Jahr auch ein starkes sportliches Signal zu setzen.

Was hebt sich aus Ihrer Sicht das Bonner Event von den vielen anderen großen Stadtläufen ab?

Ehrhart: Wichtig ist uns, dass wir einen Marathon für Jedermann ermöglichen. Hier spielen nicht eingekaufte Top-Läufer die Hauptrolle, sondern Tausende von Jedermännern und -frauen. Es geht darum, möglichst viele Menschen zum Mitmachen zu motivieren: egal ob beim Marathon, Halbmarathon, in den Staffeln oder Inliner- und Handbikerwettbwerben.

Deshalb auch die Spendenaktion für den Bonner Sport, die in den letzten fünf Jahren insgesamt 150 000 Euro gebracht hat?

Ehrhart: Ganz genau. Der lokale Sport profitiert, weil wir die Staffelanmeldungen und das Ehrenamt finanziell belohnen. In Bonn gibt es über 75 000 Sportler die im Dachverband des Bonner Sports, dem Stadtsportbund Bonn, organisiert sind. Und diese engagieren sich vielfach ehrenamtlich für ihren Sport. Über die Aktion "Deutsche Post Marathon Bonn für den Bonner Sport" unterstützen wir, indem wir die oftmals fehlenden kleineren Summen für den sprichwörtlichen Farbeimer zur Verfügung stellen - die Arbeiten erledigen die Sportler selbst.

Welche Projekte sind konkret durch die Aktion der letzten Jahre gefördert worden?

Ehrhart: Darunter sind so unterschiedliche wie der Bau einer BMX-Strecke, die Anschaffung von Tischtennisplatten für die Integration von Flüchtlingen in den Sportbetrieb oder der Einbau eines Stegs für den Rudernachwuchs.

Wer entscheidet über den Einsatz der Spenden?

Ehrhart: Die jährliche Vergabe der Gelder, die sich aus den Staffelanmeldungen im Aktionszeitraum und der Spendenmatte zusammensetzen, erfolgt schließlich neutral über ein Gremium, in dem neben der Post der Stadtsportbund und das Sportamt der Stadt Bonn sitzen.

Am Ende unseres "laufenden Gesprächs" ein Blick auf die letzten Meter Ihres Halbmarathons: Welches Gefühl ist es für Sie, nach 21,0975 Kilometern über den Marktplatz in Bonn ins Ziel zu laufen?

Ehrhart: Eine Mischung aus Euphorie und Erschöpfung.

Und wie relaxen Sie danach?

Ehrhart: Eigentlich mit duschen und schlafen. Aber in diesem Jahr muss ich noch am Nachmittag in die USA fliegen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort