Proteste gegen die Bundesliga-"Wildcard" der Cologne 99-ers

BBL-Vizepräsident Malisch: "Davon war nie die Rede." Wurde die Aufstiegsgarantie der Zweitligisten absichtlich umgangen?

Bonn. Am Donnerstag erhielten die Telekom Baskets Bonn unangenehme Post. Inhalt: Die Aufforderung, eine "strafbewehrte Unterlassungserklärung" mit einer angedrohten Vertragsstrafe von 15 000 Mark abzugeben. Zeitgleich wurde dieselbe Aufforderung allen anderen Erstligisten bis auf Stadtsport Braunschweig und Cologne 99-ers zugestellt.

Antragsteller: Basketball-Zweitligist BG Karlsruhe. Grund: Die Erteilung der Erstliga-Lizenz an die Cologne 99-ers unter Nichtberücksichtigung des Aufstiegsrechts des TSV Quakenbrück.

"Die Zeit, in der wir uns für dumm verkaufen haben lassen, ist vorbei", erklärte dazu Matthias Dischler, Vorsitzender der BG Karlsruhe und Vorstandssprecher der Arbeitsgemeinschaft 2. Bundesliga. Die AG Basketball-Bundesliga (BBL) habe bewusst die Rechte der Zweitligisten umgangen, indem man den Cologne 99-ers eine Lizenz für die 1. Liga erteilt habe.

Zur Vorgeschichte: Der TV SER Rhöndorf als Zweitliga-Meister Nord beabsichtigte, seine Erstliga-Lizenz mit der des Zweitliga-Aufsteigers Cologne 99-ers zu tauschen. Rhöndorf wollte weiter in der 2. Liga spielen, Köln sollte in die 1. Liga durchstarten - mit der Möglichkeit, wichtige Bundesligaspiele in der 18 000 Zuschauer fassenden Kölnarena austragen zu können.

Am 1. Juni entschied die BBL mehrheitlich: "Die AG BBL wird der Gesellschafterversammlung BBL GmbH vorschlagen, dass die Cologne 99-ers die Erlaubnis bekommen, mit SER Rhöndorf die Lizenzen zu tauschen", so BBL-Präsident Wolfgang Kram in Berlin. Dies sei ein wichtiger Schritt zur Fortentwicklung des Basketballsports in Deutschland.

Doch die BBL hatte die Rechnung ohne die Vereine der 2. Liga gemacht, die sich übergangen fühlten. Sie vertreten die Auffassung, dass bei einem Aufstiegsverzicht der Rhöndorfer Nord-Vizemeister Quakenbrück aufstiegsberechtigt sei.

"Dass Rhöndorf seine Lizenz an Köln weitergibt, daran können wir nichts ändern. Aber die Rückübertragung der Kölner Zweitliga-Lizenz braucht unsere Zustimmung", kündigte Dischler damals bereits erbitterten Widerstand an.

Konsequenterweise verweigerte daraufhin am 29. Juni die AG 2. Liga dem TV SER Rhöndorf die Übernahme der Kölner Zweitliga-Lizenz - mit der Konsequenz, dass dem Verein der Rückfall in die 2. Regionalliga drohte.

Damit war das Chaos vollkommen, denn mit einer derart konsequenten Haltung der rechtlich eigenständigen AG 2. Bundesliga hatte bei der ebenfalls rechtlich selbstständigen BBL niemand gerechnet. BBL-Präsident Kram suchte und fand - davon ist zumindest er überzeugt - den Stein der Weisen, der Köln die Erstliga-Lizenz bescherte und Rhöndorf die Zweitliga-Zugehörigkeit erhält: In seiner Funktion als Vorsitzender des BBL-Lizenzierungsausschusses verweigerte er am 6. Juli dem TV SER Rhöndorf die Erstliga-Lizenz.

Er, der fünf Wochen zuvor noch in Berlin eine Rhöndorfer Erstliga-Lizenz auf Köln übertragen wollte, begründete die plötzliche Verweigerung nun unter anderem damit, dass der Verein über Jahre hinweg keine mindestens 3000 Zuschauer fassende Halle vorweisen und damit die Erstliga-Standards nicht erfüllen könne. Mit dieser Ablehnung der Erstliga-Lizenz lebte automatisch die am 16. Mai vorsorglich erteilte Zweitliga-Lizenz der Rhöndorfer wieder auf - der TV SER Rhöndorf bleibt also in der kommenden Saison Zweitligist.

Für Köln, das im Vertrauen auf die Rhöndorfer Erstliga-Lizenz bereits geplant und unter anderem den ehemaligen Meistertrainer Svetislav Pesic verpflichtet hatte, hatte Kram eine andere Lösung parat. "Die BBL hat die rechtliche Möglichkeit, eine Lizenz auch ohne sportliche Qualifikation zu vergeben, zum Wohle des Basketballsports in Deutschland. Davon haben wir am 6. Juli Gebrauch gemacht", erklärte er dem GA. Der Lizenzerteilung an Köln habe die Gesellschafterversammlung, bestehend aus BBL AG und dem Deutschen Basketball-Bund (DBB), bereits Anfang Juni zugestimmt.

Die BBL-Vizepräsidenten Prof. Wolfgang Malisch (Würzburg) und Wolfgang Wiedlich (Bonn) sind allerdings von Krams Vorgehensweise, Köln praktisch eine Lizenz per "Wildcard" zu geben, überrascht. "Diese Vorgehensweise ist für uns neu. In Berlin ist auf der BBL-Tagung ausschließlich über einen Lizenztausch beraten und abgestimmt worden", so Malisch am Freitag. Von einer "Wildcard" für Köln sei nie die Rede gewesen. Aber offenbar gebe es innerhalb der BBL ein "unterschiedliches Demokratie-Verständnis", sagt Malisch in Richtung Kram.

All das ist natürlich Wasser auf die Mühlen von Dischler. Er sieht in der Lizenzvergabe an Köln einen Verstoß gegen die schriftlich fixierte Verpflichtung der Erstligavereine von 1999, für fünf Jahre jeweils einen Verein aus der 2. Liga Süd bzw. Nord aufsteigen zu lassen. Was Kram gegenüber dem GA lässig abtat: "Diese Vereinbarung von Wettenberg ist mit dem Deutschen Basketball-Bund geschlossen worden. Die BBL hat also gar keinen Vertrag mit der AG 2. Bundesliga und ist daher nicht verpflichtet."

Dieser Äußerung wiederum kann Dischler nicht folgen: "Die Bundesligavereine sind damals dieser Verpflichtung beigetreten. Diese Verpflichtung klagen wir jetzt ein. Das wird für die BBL-Vereine teuer." Wobei er auch von Malisch Unterstützung erhält: "Der Beschluss von Wettenberg gilt. Schließlich sind auch wir als BBL eingebunden in das Gesamtsystem des deutschen Basketballs."

Jetzt müssen, geschieht nicht noch ein Wunder, die Gerichte entscheiden. Zumindest der Deutsche Basketball-Bund will das verhindern. DBB-Generalsekretär Peter Klingbiel hat alle Beteiligten am Dienstag in Köln zu einem Runden Tisch geladen.

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