Immer in Eile Konstanze Klosterhalfen läuft bei Hallen-WM der Leichtathleten

BIRMINGHAM · Die Mittelstreckenläuferin Konstanze Klosterhalfen aus Königswinter-Bockeroth greift bei den Hallen-Weltmeisterschaften der Leichtathleten in Birmingham über 3000 Meter nach einer Medaille.

 Eilt von Erfolg zu Erfolg: Konstanze Klosterhalfen.

Eilt von Erfolg zu Erfolg: Konstanze Klosterhalfen.

Foto: picture alliance / Bernd Thissen

Es gibt Menschen, denen gibt es einen besonderen Kick, auf den letzten Drücker dran zu sein. Oder es kommen ihnen einfach immer Dinge dazwischen. Konstanze Klosterhalfen zählt dazu. Kurz vor knapp zum Trainingsbeginn, gerade so rechtzeitig am Start, eilenden Schrittes in die Univorlesung – ihr Umfeld kann dazu jede Menge Geschichten erzählen. Auf eines aber ist Verlass: Wenn es darauf ankommt, ist die 21-Jährige aus Königswinter-Bockeroth immer da. Vor allem im Rennen.

Eines ist ziemlich sicher: An diesem Donnerstag um 20.15 Uhr in Birmingham wird sie bei der Hallen-Weltmeisterschaft der Leichtathleten zum 3000-Meter-Lauf am Start stehen. Die neueste Anekdote zu ihren Last-minute-Qualitäten dürfte sie wohl erst anschließend erzählen. Wahrscheinlich genüsslich, denn wenn alles gut läuft, wird ihr dabei die erste WM-Medaille im Erwachsenenbereich am Hals baumeln.

Erst mit dreistündiger Verspätung kam Klosterhalfen am frühen Dienstagabend im deutschen Teamhotel in der englischen Industriestadt an. „Zu ihrer Ehre muss gesagt werden, dass die Bahn zum Frankfurter Flughafen Verspätung hatte“, sagte ihr Trainer Sebastian Weiß über die Odyssee seines Schützlings. Das half nichts, der gebuchte Flieger war weg. Zum Glück gab es noch einen späteren, und die Aufregung legte sich.

Endlich im Zentrum Birminghams im Hilton GardenInn angekommen, wurde Klosterhalfen gleich am Hoteleingang von Dopingkontrolleuren abgefangen. Eine Prozedur, die glücklicherweise nicht allzu lange in Anspruch nahm. Es wurde eine Blutprobe genommen, die Urinabgabe blieb ihr erspart. Und endlich konnte sie geschwind, wie es ihre Art ist, durch die Lobby in ihr Hotelzimmer eilen. Durchatmen. Gehört irgendwie alles zum Sportleralltag.

„Ich hatte Ruhetag, deshalb war es nicht so wichtig, wann ich ankomme“, sagte Klosterhalfen 24 Stunden später, während ein Schneesturm über Birmingham hinwegzog. Und fügte deshalb hinzu: „Ich bin froh, dass wir in der Halle laufen.“

So fahrig sie in der Vorbereitung mitunter wirken kann, so nervenstark präsentiert sich Klosterhalfen auf der Laufpiste. Spätestens seit ihrem deutschen Rekord beim Hallen-DM-Sieg in Dortmund ist das Laufsternchen in der Weltspitze angekommen. 8:36,01 Minuten, Platz zwei in der Jahresweltbestenliste. Nur ihr Vorbild, Äthiopiens Weltrekordlerin Genzebe Dibaba, die in der englischen Industriestadt ihren dritten Titel in Folge über die 15 Indoor-Runden gewinnen möchte, war 2018 schneller. Klar: Dibaba ist Favoritin, Klosterhalfen Medaillenkandidatin.

Um fünf Sekunden hatte die Leverkusenerin die bis dahin – und seit 30 Jahren – gültige Bestmarke unterboten.„Manchmal ist das schon komisch, wenn ich höre, wie alt so ein Rekord war“, hat Klosterhalfen in Dortmund gesagt. „Deswegen gucke ich mir das alles gar nicht so ausführlich an. Diese Dinge überlasse ich lieber meinem Trainer.“ Genauso wie die Beurteilung ihrer WM-Aussichten.

Der Bonner Sebastian Weiß, der Klosterhalfen in Personalunion als Bundestrainer und Übungsleiter in ihrem Verein TSV Bayer 04 Leverkusen betreut, traut seinem Schützling in Birmingham viel zu. Die Medaille als Ziel zu benennen, „so weit möchte ich nicht gehen“, erklärt der 32-Jährige, zählt aber mehrere Dinge auf, die für sie sprechen. „Koko muss keinen Vorlauf bestreiten – und es kommt ihr eher entgegen, schnelle letzte 1000 Meter zu laufen als in einen knallharten Schlussspurt wie über 1500 Meter zu müssen.“ Das war beim WM-Halbfinale 2017 in London der Fall gewesen, Klosterhalfens Unerfahrenheit Grund des verpassten Einzugs in den Endlauf. Auch aus dieser Erfahrung heraus haben sich Trainer und Athletin für die 3000 und gegen die 1500 Meter bei der Hallen-WM entschieden.

Mit ihren gerade mal 21 Jahren ist das seit Jahrzehnten größte deutsche Lauftalent schon mittendrin in der Weltspitze. Und dennoch weiterhin in einem Lernprozess. Jetzt also Birmingham, „wieder ein ganz großes Rennen“ (Trainer Weiß). Darin werden sich ihre Fortschritte spiegeln. „Wie schnell sie anlaufen und wie hart beschleunigen kann – und wann sie ihre Attacke setzt“, umschreibt Weiß die Anforderungen. Mal sehen, ob der Adrenalinkick von der Anreise sie beflügelt.

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