Bonn läuft Marathon Im Team des Europameisters

Drei Leser des General-Anzeigers starten in der Staffel mit Jan Fitschen, der 2006 zum EM-Titel spurtete.

Höhepunkt seiner Läuferkarriere: Jan Fitschen wird 2006 völlig überraschend Europameister über 10 000 Meter vor den Spaniern Jose Manuel Martinez und Juan Carlos De La Ossa.

Höhepunkt seiner Läuferkarriere: Jan Fitschen wird 2006 völlig überraschend Europameister über 10 000 Meter vor den Spaniern Jose Manuel Martinez und Juan Carlos De La Ossa.

Foto: dpa

Jan Fitschen war nach Jürgen Haase und Manfred Kuschmann erst der dritte deutsche Europameister über die 10 000-Meter-Distanz. Er wird beim Deutsche Post Marathon Bonn 2017 in einer Staffel zusammen mit laufbegeisterten Lesern des Bonner General-Anzeigers mitlaufen. Die Gewinner der Verlosungsaktion stehen in der Infobox am Ende dieses Textes.

Rückblende, ein Blick zurück ins letzte Jahrzehnt: 2006, Leichtathletik-Europameisterschaften in Göteborg, 10 000-Meter-Finale der Männer. Noch zwei Runden sind zu laufen. Das Tempo ist hoch, und Jan Fitschen vom TV Wattenscheid liegt rund 20 Meter hinter dem führenden Schweizer Christian Belz sowie den Spaniern Juan Carlos de la Ossa und José Manuel Martínez.

Die letzten 400 Meter werden eingeläutet. "Jan Fitschen ist noch in Sichtweite und er fightet dahinter. Das wäre ja eine Sensation. Kommt er da nochmal ran? Der versucht alles", moderieren die aufgeregten ARD-Kommentatoren Ralf Scholt und Wilfried Hark. Und plötzlich geschieht es. 250 Meter vor dem Ziel zündet Fitschen Raketenstufe drei. Die allerletzten Reserven werden in den Muskelzellen verbrannt, und der 29-jährige Deutsche düst an seinen gezeichneten Kontrahenten vorbei. Erinnerungen an Dieter Baumanns 5000-Meter-Olympiasieg im Jahr 1992 werden wach.

Es war der größte sportliche Triumph des heute 39-jährigen, der damals in persönlicher Bestzeit von 28:10,94 Minuten Europameister wurde. "Ich habe im entscheidenden Moment die Lücke gesehen und die Drei hatten mich überhaupt nicht auf der Rechnung. So etwas kann unglaubliche Kräfte freisetzen", erinnert sich Fitschen gut, der später zum Leichtathleten des Jahres gewählt wurde. Es war der mit Abstand größte Sieg seiner Laufkarriere, aber nicht die einzige Höchstleistung.

Fitschen, der mit zwölf Jahren bei einem AOK-Lauftreff zu seiner Sportart kam, war auch Studentenweltmeister, holte sich 28 deutsche Meistertitel in diversen Laufdisziplinen und lief, nachdem er seine Karriere auf den Bahnstrecken beendet hatte, den Berlin-Marathon in 2:13:10 Stunden. Dabei absolvierte er also die 100-Meter-Strecke 420 Mal im Schnitt von 19 Sekunden. Der gebürtige Nordhorner, der in Osnabrück aufwuchs, trainierte damals pro Woche 180 bis 220 Kilometer in 13 Trainingseinheiten. "Die Umfänge waren nötig und normal. Wenn ich mich auf die 1500 Meter vorbereitete, dann habe ich schnellere Einheiten absolviert. Wer glaubt, dass bei kurzen Strecken das Training auf dem Niveau einfacher ist, liegt falsch."

Fitschen schaut auf eine schöne Karriere im Leistungssport zurück. "Ich habe einige Rennen gewonnen. Es war eine gute Zeit", unterstreicht der Diplom-Physiker, der heute als Freiberufler im Laufsport europaweit als prominenter Gast, Co-Moderator, Staffelläufer und Markenbotschafter tätig ist. Der Vater einer eineinhalbjährigen Tochter hat etliche Trainingslager in Kenia absolviert und auch ein Buch mit dem Titel "Wunderläuferland Kenia" geschrieben. Darin beleuchtet er die Geheimnisse des Erfolges der Kenianer, berichtet über Besonderheiten des Landes, des Lebens der Afrikaner, ihre Ernährung, ihr Training und weitere Erfolgsfaktoren.

2013 wurde Fitschen an der Ferse operiert, kann seitdem nicht mehr Vollgas geben und beendete im Oktober 2015 seine Profikarriere. "Das ist kein Problem für mich", sagt Fitschen 18 Monate später. Und: "Laufen ist ein großartiges Gemeinschaftserlebnis, bei dem jeder für seine persönlichen Ziele kämpfen kann." Eigentlich sei es egal, ob man für einen Marathon zweieinhalb oder fünf Stunden brauche. "Jeder muss sich für sein individuelles Ziel irgendwann auf der Strecke quälen. Wenn man dann sein Ziel erreicht, ist das ein unglaublich schönes Gefühl."

Es sei großartig, dass viele unterschiedliche Laufevents in Deutschland angeboten würden, findet Fitschen. Einerseits die "Raketenrennen" in Berlin oder Frankfurt und auf der anderen Seite Veranstaltungen wie der Bonn-Marathon, bei dem nicht die Siegerzeit das Glanzlicht sei, sondern viele Menschen im Mittelpunkt stünden und es eine Plattform für lokale Helden gebe: "Wenn du in Berlin 2:30 Stunden über die 42,195 km läufst, ist das nichts Besonderes. In Bonn dagegen gibt es für solche Leistungen viel mehr Anerkennung."

Er selbst läuft pro Woche noch "zwei bis drei Mal", hat aber auch Wochen, in denen er die Laufschuhe überhaupt nicht anzieht. Apropos Laufschuhe: Der Fachmann unterstreicht, dass die Wahl der Schuhe das Wichtigste sei, wenn man das Laufen für sich entdecke. Für den ehemaligen Europameister ist die Zeit, die er mit der Staffel des General-Anzeigers, erzielen wird, völlige Nebensache. Fitschen sagt: "Ich freue mich sehr auf mein Staffelrennen in Bonn. Wichtig ist, dass uns das Laufen verbindet, wir Spaß haben und vielleicht am Ende gemeinsam ins Ziel laufen."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort