Moritz Kröplin Folge 3: Einer für alle, alle für einen

BONN · Moritz Kröplin gibt alles für die Olympia-Teilnahme. Doch der 23-jährige Fechter braucht dafür auch seine Teamkollegen - und die brauchen ihn.

Reges Treiben am Bundesstützpunkt der Fechter. Ungewöhnlich viele Athleten bevölkern an diesem Morgen die Halle hinter dem Stadion des Sportparks Nord. Der "Löwe von Bonn", das traditionsreiche Herrenflorett-Weltcupturnier, wirft seine Schatten voraus. In einer Woche geht es in der Hardtberghalle um Einzel- und Teamtitel. Einige Nationen sind schon vorher angereist. Mittendrin trainiert Bundestrainer Uli Schreck mit der deutschen Nationalmannschaft und Nachwuchsathleten. Für sie steht beim "Löwen" viel auf dem Spiel. Im letzten Jahr schied die deutsche Équipe in Bonn früh aus.

Danach stellte Schreck um. Eine feste Größe im Nationalteam, das aus drei Fechtern plus Ersatzmann besteht, ist seitdem Moritz Kröplin. Der 23-Jährige vom OFC Bonn rechtfertigte das Vertrauen. "Moritz hat sich von Beginn an mit beeindruckendem Verhalten angeboten und hat weiter mein Vertrauen verdient", erklärt Schreck. Für einen Paukenschlag sorgte Kröplin, als er im Mai vergangenen Jahres deutscher Meister wurde und im Finale den viermaligen Weltmeister Peter Joppich aus Koblenz bezwang.

Joppich ist der Leitwolf unter den vier Musketieren um den Bundestrainer. Neben Joppich und Kröplin gehören derzeit der Tauberbischofsheimer Sebastian Bachmann und Kröplins Vereinskollege Marius Braun dazu. In Lauerstellung liegt OFC-Fechter André Sanita. "Es sind noch eineinhalb Jahre bis Olympia, da hat Fechten für mich oberste Priorität. Es ist eine einmalige Chance - was heißt einmalig: Es ist die Chance bei Olympia dabei zu sein", blickt Kröplin voraus.

Will er sie nutzen, braucht er seine Teamkollegen. Das Musketier-Motto "Einer für alle, alle für einen" könnte treffender nicht formuliert sein. "Es geht darum, sich mit der Mannschaft zu qualifizieren, dann dürfen in Rio auch drei Fechter im Einzel starten", weiß Schreck. Aber es wird eng.

Hinter den vier führenden Nationen in der Weltrangliste, die direkt qualifiziert sind, sind die Deutschen als Siebte derzeit bestes europäisches Team. Das muss so bleiben. Rutscht jedoch Frankreich, Italien oder Russland aus dem Führungsquartett nach unten, könnte der Traum vorbei sein.

Mit diesem Gedanken beschäftigt sich Kröplin nicht. "Wir sind echte Fighter und peilen Platz fünf oder besser an. Wir rechnen nicht rum. In San Francisco haben wir Frankreich besiegt und damit gezeigt, dass wir jeden schlagen können", sagt er selbstbewusst. Die Mannschaft habe Qualität und könne sich noch steigern. Kröplin: "Wir haben mit Peter Joppich einen Weltklassemann und mit Sebastian Bachmann sowie Marius Braun zwei Fechter, die sich weiterentwickelt haben. Auch ich habe einen großen Sprung gemacht."

Sagt er, und begibt sich auf die Planche zur Einzel-Lektion mit dem Bundestrainer. Lektionieren heißt nicht nur an der Technik feilen, Aktionen verfeinern und automatisieren, sondern auch reden. Immer mal wieder gehen bei Schreck und Kröplin die Masken hoch. Es wird diskutiert, auch über den gegenseitigen Umgang. "Was Moritz nicht mag, ist Negativ-Coaching. Also dass man ihm ständig sagt, was er verkehrt macht oder nicht machen soll", sagt Schreck.

Kröplin führt aus: "Wenn man im Unterbewusstein den Gedanken hat, das soll ich nicht machen, dann kommt gerade dieser Gedanke zum Tragen, wenn es darum geht, in Bruchteilen von Sekunden die richtige Entscheidung zu treffen." Kröplin brauche positives Feedback, "das motiviert ihn. Und er braucht Kulisse. Wenn viele Zuschauer da sind, dann puscht ihn das", sagt Schreck.

Sein Schützling bringt drei Dinge unter einen Hut: den Leistungssport, sein Studium der Elektrotechnik in Aachen und sein Werksstudium bei der GEA Group. Das MDax-Unternehmen befasst sich unter anderem mit Prozesstechnologien für die Lebensmittelbranche.

Kröplin studiert und arbeitet von zu Hause aus, fährt lediglich für Prüfungen nach Aachen oder für wichtige Meetings zur GEA nach Oelde. "Da muss man den Hut vor ziehen, das ist nicht selbstverständlich, und das schafft auch nicht jeder", lobt der Bundestrainer. Finanziell kommt Kröplin mit dem Gehalt von der GEA sowie der Unterstützung durch die Sportstiftung NRW und die Deutsche Sporthilfe über die Runden.

Um der Mannschaft zu helfen, muss sich der OFC-Athlet im Einzel weiter verbessern. Schreck: "Das war bisher ein Auf und Ab bei ihm. Moritz ist ein sehr emotional gesteuerter Fechter, was grundsätzlich gut ist, aber diese Emotionalität muss er kontrollieren. Wenn er einmal einen Lauf hat, kann er Großes leisten." Zum Beispiel der Mannschaft helfen, sich für die Olympischen Spiele in Rio zu qualifizieren. Dann könnte auch seine große Stunde schlagen. "Wenn ich einmal da bin, will ich auch ein Souvenir mitbringen, also eine Medaille", hat sich der Bonner vorgenommen.

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