Die Ersatzbank als Ort der Glückseligkeit

Aus dem Fan-Block zum Bundesligaspieler: Der 18-jährige Schüler Max Brammertz aus Euskirchen gehört seit dieser Saison zum Kader der Telekom Baskets Bonn

Klare Ziele:  Max Brammertz (links) will Bundesligaprofi werden. Dafür trainiert er fünf Mal in der Woche und legt Extraschichten mit Baskets-Coach Predrag Krunic ein.

Klare Ziele: Max Brammertz (links) will Bundesligaprofi werden. Dafür trainiert er fünf Mal in der Woche und legt Extraschichten mit Baskets-Coach Predrag Krunic ein.

Foto: Friese

Bonn. Hart soll sie sein, so berichtet man. Und die bittersten Stunden verbringen Athleten in ihrem Sportlerleben auf ihr, heißt es: Nur für Max Brammertz ist die Ersatzbank im Moment der Ort der Glückseligkeit. Der 18-Jährige erwartet in seinem ersten Jahr bei den Basketball-Profis der Telekom Baskets keine großen Einsatzzeiten. Er genießt einfach das Gefühl, in einem Kader zu stehen, der nunmehr 13 Mann umfasst.

Ein Gefühl, das er zuerst in der Saisonvorbereitung kennen gelernt hat. Die lief bei einem zweiwöchigen Trainingslager in Rothenburg an der Fulda, und der junge Außenspieler fühlte sich da "ziemlich integriert".

Die Aussage steht so, und doch hätte Brammertz das Wörtchen "ziemlich" auch weglassen können. Drei Flügelspieler fehlten während dieser Vorphase der Spielzeit, die mit der Qualifikation zur Europameisterschaft zusammmenfiel.

Während die Nationalspieler also mit ihren Auswahlteams unterwegs waren, fand sich Max Brammertz "ziemlich involviert". Die relativierenden Worte des U 20-Nationalspielers sind klug gewählt. Man könnte auch sagen, er sei integriert und in die Sache involviert.

Aber der Junge aus Euskirchen weiß, wo er in der internen Warteschlange steht. Er redet vom Üben, von Lernen, von Erfahrung, davon, was es heißt, zu einer Mannschaft zu gehören, die nicht nur in der Bundesliga, sondern auch in Europa zwischen Lissabon, Belgrad und Neapel bestehen muss.

"Deshalb ist es für die Baskets auch schwieriger, Jugendtalente zu integrieren, als für Teams, die europäisch gar nicht oder nicht so hoch spielen", sagt Wolfgang Wiedlich. Der Baskets-Präsident meint, dass zwischen 2. Regionalliga und ULEB-Cup "rund fünf bis sechs Spielklassen liegen", also nicht nur vier, wie rechnerisch bis zur Bundesliga. Tapfer sagt der Schüler: "Wenn man zum Team gehört, muss man im Training auch seine Leistung bringen."

Die bringt er augenscheinlich. Sonst wäre er nicht in den nordrhein-westfälischen Jugendauswahlteams, erst recht nicht in denen des Deutschen Basketball-Bundes (DBB) gelandet. Seit der U 16 hat er dort alle Equipen durchlaufen. Nebenbei hat er dann noch in den jeweiligen Altersligen gespielt. Meist im Mehrfacheinsatz. Denn seine Trainer - erst Robert Schütz, dann insbesondere Peter Schmücker - befanden ihn auch schon für den nächsthöheren Jahrgang für tauglich.

Aktuell ist er für die U 18 und die U 20 in der höchsten Jugend-Klasse, der NRW-Liga, am Ball, zusätzlich spielt er in der 2. Regionalliga. Fünf Mal Training, drei Spiele. "Es ist von Vereinsseite klar abgesprochen, dass in der 2. Regionalliga der Schwerpunkt liegt", so Brammertz. Gleichzeitig gehört er in der Art und Weise zum Bundesliga-Team, wie das für einen Schüler zu realisieren ist: "Ich soll im Training mit dabei sein. Abends."

Dann widmet er sich nach der Regionalliga-Einheit mit den Berufsspielern seinen Schwächen, die er offen aufzählt. "Körperlich unterlegen" sei er noch, "technische Schwächen" macht er an sich aus. Er sei noch nicht so weit, sagt Brammertz. Die Selbstreflexion ist insofern kalkuliert, als dass sie gleichzeitig Analyse ist. Denn Max Brammertz hat Ziele. Perspektivische, wie er betont: "Langfristig ist es mein Ziel in Bonn Bundesliga zu spielen." Und Basketball soll zu seinem Beruf werden, wenn es nach ihm geht.

Bis dahin hat er sich aber erst einmal Bescheidenheit und Dankbarkeit auf seine Fahne geschrieben. "Sie investieren in mich", sagt er über die Baskets-Verantwortlichen. In erster Linie meint er dabei Predrag Krunic, der sich via Einzeltraining anschickt, die Defizite im Dribbling des 197-Zentimeter-Mannes abzustellen.

Dabei arbeitet der Euskirchener deshalb an sich, weil er damit immer weiter an den Kern des Geschehens heranrückt. Denn als er jünger war, fand er seinen Platz noch auf der Baskets-Tribüne. Mit dem Sonderzug war er vor einigen Jahren noch beim Final-Four in Berlin. "Am Anfang habe ich mich noch als Fan gefühlt", so Brammertz. Und später? "Später fühlt man sich mehr als Jugendspieler", meint er.

Dabei hat der Außen mit Spezialität Distanzwurf auf der Tribüne nie ein Trikot getragen. Während Mannschaft und Fans sonst zwei einzelne Zellkörper bilden, die sich von Fall zu Fall berühren, war die Membran für Max Brammertz durchlässig. "Immer wenn ich Bundesliga-Spiele geguckt habe, habe ich mir gesagt: Ich will dahin."

Vor knapp zwei Wochen hat er es geschafft. Beim 85:64-Sieg der Baskets in Braunschweig feierte Brammertz sein Debüt. 1:57 Minuten stand er auf dem Feld, zwei Punkte steuerte er bei. Was in der Statistik so nüchtern klingt, ist für Max Brammertz die Erfüllung eines sportlichen Traums gewesen.

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