Belegung von Hallen mit Flüchtlingen Düstere Zukunft für Bonner Sportvereine

BONN · Die Nutzung der Bonner Trainings- und Wettkampfstätten als Flüchtlingsunterkünfte kann für viele Clubs gravierende Folgen haben, wie die Beispiele des Badminton-Bundesligisten 1. BC Beuel und der Oberliga-Ringer des TKSV Duisdorf zeigen.

Birgit Michels - BC Beuel

Birgit Michels - BC Beuel

Foto: MLH

Eine Utopie: August 2016, Bonner Opernhaus. Wer mit der Straßenbahn über die Kennedybrücke fährt, sieht in großen weißen Buchstaben nicht etwa „die Zauberflöte“ am Gebäude angeschlagen, sondern folgende Ankündigung: Saisonbeginn Ringen, TKSV Duisdorf gegen KSV Witten. Oder, wenige Wochen später: Badminton-Bundesliga, 1. BC Beuel gegen TV Refrath. Könnte so ein „Notplan-Szenario“ für Bonner Spitzensportvereine aussehen, wenn die Sporthallen demnächst zu Flüchtlingsunterkünften umfunktioniert werden müssen?

„Das halte ich für völlig utopisch. Und dafür habe ich auch gute Gründe“, erklärt Dirk Schubert, Chef der traditionsreichen Ringerabteilung des TKSV Duisdorf. Seit 1906 gibt es jetzt den Club, der insgesamt mit seinen verschiedenen Sparten 1300 Mitglieder zählt, davon sind 150 mit Leib und Seele dem Ringen zugetan. Die TKSV-Kämpfer trainieren derzeit vor allem in der Hardtberghalle. Dort ist auch das Landesleistungszentrum beheimatet.

Die Saisonwettkämpfe des TKSV, der momentan in der dritthöchsten deutschen Liga ringt, finden in der Sporthalle an der Schmittstraße in Duisdorf statt, die in der Szene als „Ringertempel“ bekannt ist. Sollten demnächst beide Hallen notgedrungen zu Flüchtlingsunterkünften umgewandelt werden, sieht Dirk Schubert den Ringersport in Bonn vor dem Aus: „Wir beim Ringen haben ein großes Problem. Und das ist vor allem die Ringmatte, die zwölf mal zwölf Meter groß und sehr schwer ist. In der Hardtberghalle liegen in zwei Räumen ständig Matten, und im Ringertempel ist ebenfalls eine Matte. Außerdem haben wir in der Hardtberghalle eine Kraftraum gerade neu eingerichtet.“

Mal so eben in neue Räume zu ziehen, sei nicht möglich. Schubert: „Wie sollen wir die riesigen Matten denn immer von A nach B bekommen? Außerdem brauchen wir zum Training adäquat Platz.“ Die Zukunft sähe düster aus. „Die Ringer gehen natürlich dann weg und suchen sich Vereine, wo sie ihre Sportart noch ausüben können. Die Teilnahme an einem Ligabetrieb wäre in Zukunft undenkbar. Wir bräuchten Jahre, um Strukturen wieder zu reparieren“, sagt Schubert.

Bereits heute hat die mögliche Hallenblockade große Auswirkung auf die Planungen des TKSV. Derzeit stellen die Vereine ihre Kader für die kommende Saison zusammen. Dazu müssen Verträge geschlossen und dann auch von Vereinsseite eingehalten werden. „Wir können kaum planen. Es ist für uns sehr schwer.“ Es geht aber nicht nur um den Ligabetrieb. Denn gerade die Ringer des TKSV nehmen ihre soziale Verantwortung im Sport sehr ernst. In den umliegenden Schulen wird Ringen angeboten. Schubert: „Der TKSV kümmert sich auch um Jugendliche, die sonst auf der Straße abhängen würden. Das alles fällt dann weg.“ Den Vereinsverantwortlichen ist bewusst, dass Flüchtlinge kommen werden. Man müsse akribisch schauen, ob nicht ungenützte Häuser und leerstehende Großgebäude in Bonn renoviert und genutzt werden könnten. Das sei eine vernünftige Alternative.

Auch beim Badminton-Bundesligisten 1. BC Beuel macht man sich große Sorgen. Wie bei vielen anderen Sportvereinen in Bonn würde eine Belegung der Erwin-Kranz-Halle als Flüchtlingsunterkunft den Club in seiner Existenz bedrohen. „Selbst wenn die Halle nur für zwei oder drei Monate als Notunterkunft verwendet würde, wäre das für uns sehr gravierend“, betont der Vorsitzende Roland Maywald.

Für die noch laufende Saison in der Bundesliga ist der Spielbetrieb nicht gefährdet, da die Beueler ihr letztes Spiel bereits Ende Februar austragen. Doch für die nächste Spielzeit stehen die Rechtsrheinischen vor einem Problem: Bereits am 15. April endet die Meldefrist für die Saison 2016/17. Spätestens dann braucht der Club Gewissheit, ob der Bundesliga-Betrieb in der Erwin-Kranz-Halle nicht gefährdet ist. Bis diese Klarheit herrscht, hängen auch Vereinbarungen mit den Spielern und Sponsoren in der Schwebe. Der Umzug in eine andere Sportstätte ist für Beuel zudem fast unmöglich, wie Maywald erklärt: „In der Bundesliga brauchen wir spezielle Matten, Umrandungen und auch besondere Lichtverhältnisse. Ich sehe in Bonn keine Halle, die man auf diese Art herrichten könnte.“

Das hätte auch gravierende Folgen für die Badminton-Akademie Bonn-Beuel, die hoch angesehene Nachwuchsabteilung des Vereins. Während der Großteil der ersten Mannschaft an den Stützpunkten in Mülheim an der Ruhr oder Saarbrücken trainiert, findet der Trainingsbetrieb der Jugend komplett in der Erwin-Kranz-Halle statt.

„Sollte uns die Halle für einige Zeit nicht zur Verfügung stehen, sind wir auf die Geduld der zahlenden Mitglieder angewiesen. Dieser Umstand hat auch Auswirkungen auf den bei uns angestellten hauptamtlichen Trainer“, sagt Maywald und ergänzt: „Auf die Spitze getrieben bedeutet das, dass wir den Verein im schlimmsten Fall schließen müssten.“

In einer internen Sitzung am heutigen Abend will der Vorstand über seine nächsten Schritte beraten, mit denen die Zukunft Bonns als Badminton-Hochburg gesichert werden kann. Das Opernhaus als Alternative zur Erwin-Kranz-Halle wird wohl nicht zu den Gesprächsthemen gehören.

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