Serie "Etwas andere Sportarten" Baseball - Selbstversuch bei den Bonn Capitals

Bonn · Mirko Heid grinst bis über beide Ohren. Der Ex-Nationalspieler ist Cheftrainer des Baseball-Bundesligisten Bonn Capitals. Sein Anflug von Heiterkeit mag mit mir zu tun haben. "Baseball is a game of ease", sagt Heid, hat also etwas mit Leichtigkeit zu tun.

 Das sieht doch schon halbwegs professionell aus: Nach einer kurzen Instruktion in Theorie und Praxis durch Capitals-Cheftrainer Mirko Heid (in Gelb) wagt sich GA-Mitarbeiter Thomas Heinen ans Schlaggerät.

Das sieht doch schon halbwegs professionell aus: Nach einer kurzen Instruktion in Theorie und Praxis durch Capitals-Cheftrainer Mirko Heid (in Gelb) wagt sich GA-Mitarbeiter Thomas Heinen ans Schlaggerät.

Foto: Horst Müller

Während sich gute Baseball-Spieler weniger durch Kraft als vielmehr durch Technik und Geschmeidigkeit auszeichnen, fließt bei mir nach einem Baseball-Selbstversuch der Schweiß in Strömen. Gerade einmal 75 Minuten Warmmachen, Werfen (Pitchen) und Schlagen (Batten) haben meinem nicht gerade austrainierten Körper einiges abverlangt.

Vor der Praxis aber kommt die Theorie. Keine Angst, es folgt keine ausführliche Regelkunde. Nur so viel: Im Spiel stehen sich zwei Teams zu je neun Spielern gegenüber. Das Angriffsteam hat das Schlagrecht und die Möglichkeit, Punkte zu erzielen.

Ein Punkt wird wie beim Schlagball oder Brennball erzielt, wenn ein Läufer das Spielfeld von Base zu Base bis zur Homeplate umrundet. Die andere Mannschaft steht im Spielfeld und versucht, dies zu verhindern. Wurden drei Läufer erfolgreich durch die verteidigende Mannschaft "aus" gemacht, wechselt das Schlagrecht.

In den USA weiß das jedes Kind. In Deutschland zählt Baseball zu den Randsportarten. Die fehlende Tradition und die als kompliziert geltenden Regeln schrecken offenbar Eltern ab, ihre Sprösslinge mit Baseballschläger, Handschuh und weiteren typischen Utensilien auszustatten. Bonn macht da eine rühmliche Ausnahme, gilt sogar als Hochburg.

Die Caps spielen in der Bundesliga, sind derzeit Zweiter. Das Stadion Rheinaue, wo am 18. August das Bundesliga-All-Star-Game stattfindet, ist eines der größten in Deutschland. Grund genug, selbst einmal den Schläger und den rund 150 Gramm schweren Ball in die Hand zu nehmen.

Der Mensch hat sein besonderes Wurftalent einer Studie zufolge vor etwa zwei Millionen Jahren entwickelt. Wie ein internationales Forscherteam in der Zeitschrift "Nature" kürzlich berichtete, geht unsere Fähigkeit, so schnell und präzise zu werfen, auf bestimmte Merkmale von Schulter, Torso und Arm zurück.

Dass ich nicht der Archetyp des Werfers bin, führe ich selbstbewusst auf fehlende Trainingsimpulse zurück. Während meine mitunter milde lächelnden Trainingspartner meist mehr als zehn Jahre Baseballerfahrung auf dem Buckel haben, stehe ich trotz fortgeschrittenen Alters als blutiger Anfänger auf dem Feld.

Das ist durchaus wörtlich zu nehmen, denn nach einigen fehlerhaft ausgeführten Fangversuchen mit dem Glove, dem Handschuh, der eigentlich vor Verletzungen schützen sollte, bildet sich in meiner linken Handfläche eine Blutblase. "Typischer Anfängerfehler", meint Max Schmitz, Pitcher der Caps, Jung-Nationalspieler und geduldiger Begleiter und Beobachter meiner ersten Fang- und Wurfversuche.

Das Werfen funktioniert dagegen besser. Zwar bin ich Welten von den im Baseball durchaus üblichen Wurfgeschwindigkeiten der Pitcher von 90 oder mehr Meilen pro Stunde entfernt, dafür nehme ich aber dankbar zur Kenntnis, dass Kollege Schmitz meine Wurfbewegung als "ansehnlich" bezeichnet.

Auch treffe ich recht häufig den von mir anvisierten Bereich vor der Brust meines Gegenübers. Im richtigen Spiel muss der Pitcher aus gut 18 Metern exakt durch die Strike Zone zu seinem Catcher werfen. Nur dann ist der Schlagmann der Gegenseite, also der Batter, gezwungen, den Ball mit dem Schläger zu treffen.

Bevor aber meine schmerzende rechte Schulter das Kennenlernen einer der Schlüsselpositionen des Baseballs zur Gänze verhindert, schlüpfe ich in die Rolle des Schlagmanns. Mit dem zwischen 800 und 1000 Gramm schweren und maximal 107 Zentimeter langen Baseballschläger aus Holz versuche ich zunächst im Batting-Cage, dem Schlagkäfig, mit Hilfe des sogenannten "t" den Ball zu treffen. Dabei wird das Spielgerät nicht geworfen, sondern liegt auf. "Das machen auch die Profis", versichert Chefcoach Mirko Heid, der mir im nächsten Schritt leichtere Übungsbälle zuwirft.

Nach einigen Treffern geht's schließlich zur Homeplate, dem Arbeitsplatz des Batters und Ziel der Läufer. Jetzt kommen die richtigen Bälle. Nach einigen Luftlöchern treffe ich den Ball sogar mehrmals. 40 bis 50 Meter weit fliegt das Spielgerät Richtung Outfield. Mirko Heid nickt anerkennend. "Gar nicht so übel." Kurzzeitig denke ich über eine Baseball-Profikarriere nach. Dann aber betritt Bradley J. Roper-Hubbert die Homeplate. Nach einigen lockeren Schlägen befördert Bonns bester Schlagmann die Kugel über den 115 Meter entfernten Zaun. Homerun - der Königsschlag. Nach unbändiger Kraft sah das nicht aus. Eher nach Technik und Geschmeidigkeit. "Baseball is a game of ease."

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