Aufbruch in neue Sphären Baldé greift mit High-Tech-Rollstuhl an

Bonn · Der Bonner Rennrollstuhlfahrer Alhassane Baldé erhält einen von Toyota entwickelten High-Tech-Rollstuhl. Kosten: 120.000 Euro. Damit will Baldé bei den Paralympics 2020 in Tokio eine Medaille gewinnen.

Die Vorfreude auf die Weihnachtstage ist bei Alhassane Baldé riesig. „Ich werde ins Münsterland zu meiner Familie fahren“, sagt der Rennrollstuhlfahrer. Im Kreise der Liebsten gibt es ein klassisches Fest – mit Gänsebraten, wie er erwähnt. Einen Großteil seiner Geschenke hat Baldé schon vor den Weihnachtstagen erhalten. Nach einer insgesamt durchwachsenen Saison mit großen Erfolgen wie dem Vize-Europameistertitel in Berlin, aber auch Rückschlägen und gesundheitlichen Problemen entwickelt sich das Jahr 2018 für den Bonner doch noch zu einem wahren Glücksgriff.

Auf einer Kickoff-Veranstaltung wurde nun bekanntgegeben, dass der Automobilhersteller Toyota für Baldé einen High-Tech-Rennrollstuhl entwickelt. Kostenpunkt: Rund 120 000 Euro. „Das ist für den Rennrollstuhlsport ein Meilenstein“, sagt Baldé. Toyota engagiert sich seit Jahren im paralympischen Sport, hat unter anderem die mehrfache Paralympics-Siegerin Andrea Eskau bereits unterstützt. Und nun eben Baldé.

Der neue Rollstuhl bedeutet für den 32-Jährigen einen Sprung in neue Sphären. „Ich habe schon so viel erreicht in meinem Leben. Und das mit meinem eher bescheidenen Material“, sagt er. „Jetzt habe ich die Möglichkeit, auf einem ganz neuen Level zu arbeiten.“ Der neue Carbon-Rollstuhl soll nur noch sieben Kilogramm wiegen, es gibt unter anderem neue Kugellager. „Das ist mit meinem jetzigen Sportgerät nicht zu vergleichen“, sagt Baldé. „Toyota hat für solche Dinge unglaubliche Ressourcen.“ Natürlich wächst mit der neuen Ausrüstung auch die Erwartungshaltung. Aber: „Ich sehe es erst einmal als Motivation“, sagt der Bonner. „Aber auch als große Verantwortung. Es zeigt mir, dass der Verband mich zu den Top-Athleten des Landes zählt.“ Der Deutsche Behindertensportverband (DBS) war mit der Idee eines neuen Rollstuhls an Toyota herangetreten. „Ich bin dem DBS schon sehr dankbar.“

Im Sommer 2019 soll es den ersten Prototypen geben. Dann steht die Feinjustierung auf dem Programm. Im November findet in Dubai die Para-Leichtathletik-WM statt. Wenn alles gut läuft mit Baldé, aber vermutlich noch ohne Rennrollstuhl. „Das muss man sehen. Es wird aber sehr knapp“, sagt er. „Mein Ziel sind die Olympischen Spiele in Tokio 2020. Da will ich in der Königsdisziplin, dem 1500-Meter-Lauf, eine Medaille einfahren.“

Ein Selbstläufer wird das nicht. „Das neue Material ist kein Garant für den Erfolg“, sagt er. Die Konkurrenz ist näher zusammengerückt, es gibt junge, aufstrebende Nachwuchssportler und ähnliche Projekte anderer Automobilhersteller entwickelten sich nicht als Gold-Garanten. Doch Baldé ist ehrgeizig. Er optimiert das Training. Auch, weil sein Arbeitgeber, die Bundesagentur für Arbeit (BA), ihn freigestellt hat. „Das ist riesig“, sagt er. „Ich arbeite nun als Botschafter für die BA, bin bei Inklusionsveranstaltungen. Ich habe viel mehr Zeit für das Training. Außerdem wurde ich in eine Spitzensportförderungsgruppe der Bundeswehr aufgenommen, die mich ebenfalls unterstützt.“

Baldé entwickelt sich zunehmend zum Profisportler. Und offenbar spielt die Gesundheit auch wieder mit. Immer wieder hatte er im vergangenen Jahr mit einem Keim zu kämpfen. „Es war genau die richtige Entscheidung von meinem Trainer Alois Gmeiner und mir, nach der EM zu pausieren“, sagt Baldé. „Jetzt ist der Keim weg, und ich kann mich auf den Sport konzentrieren.“ Nur einfach auf einem neuen Level.

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