Badehose statt Pelzmantel

Der Bonner Schwimmer Karsten Grote wird in Finnland in neuer Rekordzeit Weltmeister - "Du denkst, es drückt dir einer die Schlagader zu." Jonas Nauck gewinnt bei den Junioren

Badehose statt Pelzmantel
Foto: Friese

Bonn. Der eiskalte Wind im finnischen Kajaani lässt die Außentemperatur von minus zehn Grad auf der nackten Haut der wagemutigen Athleten wie minus 25 Grad wirken. Wo sich andere nach dicken Wintermäntel sehnen, haben sich die Teilnehmer der Weltmeisterschaften im 25 m Eisschwimmen gerade bis auf die Badehose ausgezogen.

Unter ihnen sind Karsten Grote, Jonas Nauck, Christo Rodosthenous und Arndt Sonneck vom Hardtberger Schwimm-Club. Auch Richard Grauel, ebenfalls Bonner und gleichzeitig Titelverteidiger dieses Eis-Spektakels, hatte sich für das kalte Abenteuer begeistern können. Grauel startet allerdings für England, da er bei einer deutschen Bank in London arbeitet.

Um sich auf diese Tortur vorzubereiten, stahlen sich Grote und seine Teamkollegen im Winter nicht selten ohne Erlaubnis des Bademeisters aus dem Hardtberger Hallenbad und trainierten im kalten Wasser des Außenbeckens. "Dort hatten wir einmal um die null Grad Wassertemperatur. Aber das war immer noch kein Vergleich zu Finnland", so Grote.

Ein typischer Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Denn die WM findet 500 km nördlich von Helsinki in einem zugefrorenen See statt. Die Veranstalter haben ein 25 m langes und sechs Bahnen breites Loch in die Eisdecke geschlagen. Das Wasser wird mit Hilfe einer Salzlösung zusätzlich auf minus 1,5 Grad abgekühlt.

Für die über 100 Teilnehmer besteht stets die Gefahr, bewusstlos zu werden, sobald sie mit dem Kopf unter Wasser kommen. Deshalb ist Brustschwimmen die meist angewandte Technik, so auch bei den Bonnern. Nur ein paar Finnen überwinden die 25 eisigen Meter kraulend - in der "Hündchen-Technik".

Statt eines Startsprungs beginnt das Rennen mit dem Abstoß von einer Holztreppe, wenn alle Schwimmer mit den Schultern unter Wasser sind. "Du denkst, es drückt dir einer die Schlagader zu", beschreibt Grote das Gefühl im Eiswasser. Ein Taucher steht bereit, um besinnungslose Teilnehmer aus dem See zu fischen. Kaum am Ziel angekommen, eilen die unterkühlten Sportler sofort zurück in die Sauna des 200 m entfernten Hotels.

Es muss dieser Adrenalin-Kick gewesen sein, der den 31-jährigen Karsten Grote in seinem ersten Lauf zu einem neuen Weltrekord von 14,5 Sekunden trieb. "Das war schon eine gute Zeit. Mit etwas Training ist vielleicht noch eine Sekunde drin. Aber ohne Startsprung und die üblichen Wellenbewegungen beim Brustschwimmen ist das Limit schnell erreicht", kommentiert er seinen Erfolg.

Im Endlauf wies der gelernte Zahntechniker die heimischen Finnen erneut in die Schranken. Obwohl er Probleme beim Start von der rutschigen Holztreppe hatte, wurde er in 15,0 Sekunden Weltmeister in der Altersklasse von 30 bis 39 Jahren.

Der 18-jährige Jonas Nauck gewann in 16,6 Sekunden vor seinem zeitgleichen Mannschaftskameraden Christo Rodosthenous den Weltmeistertitel in der Altersklasse unter 20 Jahren. Arndt Sonneck siegte im B-Finale dieser Klasse. Grote und Noack wollen nächstes Jahr in Moskau ihre Titel verteidigen.

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