NBA-Vorschau Angriff auf den Alt-Meister

BONN · Was für ein Sommer! Langeweile, wo doch das orangefarbige Leder in den Hallen der besten Basketballliga der Welt ruhte? Weit gefehlt.

 Lebron James kehrt nach drei Jahren in Miami in seine Heimat zurück. Damit zählen die Cleveland Cavaliers zu den Titelfavoriten.

Lebron James kehrt nach drei Jahren in Miami in seine Heimat zurück. Damit zählen die Cleveland Cavaliers zu den Titelfavoriten.

Foto: AP

Manager und Spieler übten sich so aktiv wie selten in Wechselspielchen, darunter auch der aktuell wohl beste Basketballer der Welt: Lebron James. Nur beim Titelverteidiger in San Antonio blieb man gewohnt ruhig. Das alternde Meisterteam blieb nahezu unberührt, und so steht eine enorm spannende NBA-Saison vor der Tür. Am Dienstag geht's los. Ein Blick voraus auf die interessantesten und vielleicht auch besten Teams.

San Antonio Spurs:

Die wichtigsten Aktionen des Sommer waren Vertragsverlängerungen: Mit Trainer Gregg Popovich und Spielmacher Tony Parker unterzeichneten zwei Schlüsselfaktoren für den jahrelangen Erfolg der Sporen neue Arbeitspapiere. Weitere Leistungsträger wie Boris Diaw und Matt Bonner verlängerten ebenfalls, und mit Ettore Messina ergänzt einer der erfolgreichsten Trainer Europas Popvichs Stab.

Damit bleibt die Meistermannschaft komplett zusammen und geht ob der Ergänzung durch talentierte Rookies und Messina auf der Bank erneut als heißer Titelkandidat in die Saison.

Los Angeles Clippers:

Das Gerüst aus Trainer Doc Rivers, Spielmacher Chris Paul und Power Forward Blake Griffin blieb zusammen. Entscheidende Verbesserungen wurden, nach zuletzt zwei Niederlagen im Viertelfinale, für die bis dato schmale Bank verpflichtet: Jordan Farmar und Chris Douglas-Roberts entlasten mehr als solide die Flügelspieler, Spencer Hawes greift Rebounds und ist als Center sogar von der Dreierlinie gefährlich. Die Clippers haben damit einen großen Schritt in Richtung San Antonio und der ersten Finalteilnahme der Vereinsgeschichte gemacht.

Dallas Mavericks:

Das Team von Dirk Nowitzki ist durch zahlreiche Transfers im Sommer personell so gut aufgestellt, wie seit dem Titelgewinn 2011 nicht mehr - solange die Kernspieler gesund bleiben. Damit hatte gerade Tyson Chandler, der aus New York zurückgeholt wurde, in der Vorsaison Probleme, für den Erfolg der Mavericks ist der Center aber fundamental.

Das gilt auch für die zweite große Neuverpflichtung Chandler Parsons, der vom Flügel aus Dirk Nowitzki und Monta Ellis beim Punkten entlasten soll. Für die beiden Neuen verzichteten die Mavs auf die Weiterverpflichtung ihrer Altstars Shawn Marion und Vince Carter, außerdem musste Spielmacher Jose Calderon gehen. Dessen Kompensierung soll der letzte Saison lange verletze Devin Harris übernehmen. Bleiben diese Saison alle fit, kann es Dallas weit in den Playoffs schaffen.

Cleveland Cavaliers:

Seit dem 11. Juli schlafen sie in Cleveland schlecht vor Aufregung: Damals gab Lebron James die Rückkehr in seine Heimat bekannt. Mit ihm mussten weite Teile des alten Kaders gehen, dafür kamen unter anderem Star-Forward Kevin Love aus Minnesota und die Alt-Meister Mike Miller und Shawn Marion. Mit Spielmacher Kyrie Irving bleibt den Cavs ein Star erhalten. Cleveland ist über Nacht vom Durchschnittsteam zum Titelaspiranten geworden.

Chicago Bulls:

Kommt Spielmacher und Superstar Derrick Rose endlich gesund zurück? Das ist die Frage, die über dem Ex-Team von Legende Michael Jordan steht. Mehr als zwei Jahre war Rose fast durchgehend verletzt, jetzt wurde für das kommende Jahr eine neue Mannschaft um ihn herum aufgestellt. Dazu gehört die Verpflichtung des spanischen Superstars Pau Gasol für die Power Forward-Position. Hinzu kommen punktuelle Verbesserungen wie Aaron Brooks und Nikola Mirotic, sowie in Joakim Noah einer der besten Center der Liga. Kehrt Rose so zurück, wie ihn die Fans vor der Verletzung kannte, sind die Bulls ein Kandidat für die Ligaspitze.

Miami Heat:

Als in Cleveland gejubelt wurde, herrschte in Südflorida Bestürzung. Mit Lebron James verlässt der Garant für vier Final-Teilnahmen und zwei Titel in den letzten vier Jahren die Heat. Doch wer glaubte, nun würden auch die übrigen Mitglieder des ehemaligen Top-Trios, Dwyane Wade und Chris Bosh, das Schiff verlassen, irrte. Das Heat-Managment schafft es, beide zu halten und für James' Position in Luol Deng und Danny Granger hochkarätigen Ersatz zu bekommen. Unter dem Korb konnte obendrein in Josh McRoberts eine echte Entlastung für Chris Bosh verpflichtet werden. Damit bleibt Miami zumindest im Feld der Titelanwärter.

Weitere Vereine:

Die Liga ist ausgeglichen wie lange nicht mehr. Weitere Teams mit Potenzial sind die Oklahoma City Thunder um Kevin Durant, die Houston Rockets mit dem Star-Duo Dwight Howard und James Harden und die Washington Wizards, die mit John Wall einen Spieler mit Superstar-Potenzial haben.

Experten-Interview

Viel hat sich in der spielfreien Zeit getan, umso spannender sinddie Einschätzungen für die neue NBA-Saison. GA-Volontär ClemensBoisserée sprach dafür mit André Voigt, Chefredakteur desBasketball-Magazins „Five“.

Was war für Sie die größte Überraschungdes Sommers?
André Voigt: Die Rückkehr von Lebron James nachCleveland hat natürlich alles überlagert. Ansonsten haben mich vorallem die Houston Rockets überrascht – negativ. Ich hätte nichtgedacht, dass dieser ambitionierte Klub auf dem Markt leer ausgehtund gleichzeitig auch noch in Chandler Parsons einen ganz wichtigenMann nach Dallas verliert. Für Houston war dieser Sommer einRückschritt. Sie sprechen Chandler Parsons an.

Kann Dirk Nowitzkimit seiner Hilfe noch mal den Titel holen?
Voigt: Da muss man janicht nur Parsons nennen, sondern auch Tyson Chandler. Damit habendie Mavericks sicherlich ihr bestes Team seit der Meisterschaft2011 zusammen. Aber die Liga ist dieses Jahr verdammt stark, ichglaube nicht, dass es wirklich für den Titel reichen kann.

Wennnicht Dallas – wer ist denn der ärgste Konkurrent für denTitelverteidiger aus San Antonio?
Voigt: An erster Stelle hätte ichda bislang die Oklahoma City Thunder genannt. Jetzt hat sich derenTopstar Kevin Durant den Fuß gebrochen und es wird spannend zusehen, wie fit er zurück kommt. Ansonsten muss man sicherlich dieLos Angeles Clippers, die sich clever verstärkt haben, abernatürlich auch die Cleveland Cavaliers nennen. Bei letzteren habeich aber so meine Zweifel, ob es trotz Lebron James für den Titelreichen kann. Viele wichtige Positionen sind sehr jung und erfahrenbesetzt, der Center ist verletzungsanfällig. Aproposverletzungsanfällig: Das gilt auch für die Chicago Bulls, bei denenmuss man schauen wie es Derrick Rose geht, bevor man überTitelhoffnungen sprechen kann.

Und wem würden Sie denn eine großeÜberraschung zutrauen?
Voigt: Memphis, aber vor allem den GoldenState Warriors. Die haben im Sommer alle wichtigen Puzzleteilezusammengehalten und haben eigentlich alle Bestandteile, umwirklich gefährlich für die Spurs zu werden.

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