GA-Serie: Die Sonntagskicker Rote Asche: Platz unter in Hersel

Hersel · Der schöne Rheinblick war für den TuS Germania Hersel nicht nur von Vorteil. Gegner schossen Bälle bei knapper Führung in den Fluss. Hochwasser störte immer wieder den Spielbetrieb.

"Einmol em Johr kütt d'r Rhing us em Bett, nämlich dann wenn hä Huhwasser hätt", heißt es in einem beliebten Karnevalssong der Kölner Musikgruppe Bläck Fööss. Der TuS Germania Hersel kann davon tatsächlich ein Liedchen singen. Wer nämlich beim Jahrhunderthochwasser 1993 einen Blick auf den komplett überfluteten Aschenplatz in Hersel warf, der traute seinen Augen kaum: Zu sehen waren einige Kanuten des ortsansässigen Wassersportvereins, die den Fußballplatz wegen des Hochwassers zu ihrem Übungsgelände umfunktioniert hatten. "Der Verein hat den Platz in solchen Fällen häufiger für seine Anfängerausbildung genutzt. Da ja alles eingezäunt war, konnte nichts passieren", erinnert sich Günter Dumjahn, Geschäftsführer des TuS.

Es war bei weitem nicht das einzige Mal, dass Dumjahn und seine Herseler Vereinskollegen mit der Naturgewalt des Rheins konfrontiert wurden. In einem Jahr überflutete der Fluss gleich vier Mal den Platz an der Bayerstraße, doch in der Regel beließ es "Vater" Rhein bei einer Überflutung. "In den kritischen Phasen hat man immer geguckt, ob das Hochwasser kommt oder nicht. Wenn es dann soweit war, waren alle natürlich verärgert, aber was sollte man machen", sagt Dumjahn, der seit 43 Jahren im Verein tätig ist.

Neben dem Problem, für die Zeit der Überschwemmung eine vorübergehende Bleibe bei einem anderen Club zu finden, standen nachher immer aufwendige Aufräumarbeiten an, die die Stadt Bornheim durchführte. Dazu gehörten das Auftragen von neuer Asche sowie die Entschlammung des Platzes. Im schlimmsten Fall trat der Rhein genau dann noch einmal über die Ufer, wenn die Sanierungsarbeiten im vollen Gange waren. Dumjahn: "Einmal lag ein Hügel mit neuer Asche auf dem Platz, als eine erneute Flutwelle kam. Da konnte man dann sehen, wie Enten auf dem Hügel saßen und ruhig gewartet haben, bis das Wasser langsam zu ihnen kam."

Die unmittelbare Nähe zum Rhein sorgte bei den Germanen aber noch für ein weiteres Schicksal: Regelmäßig flogen Bälle über die Fangnetze, landeten im Wasser und trieben für immer davon. Auch so mancher Gegner wusste dies zu nutzen und schoss den Ball bei einer knappen Führung über die Zäune - sehr zum Ärger der heimischen Zuschauer: "Nach solchen Aktionen ist es dann oft zu harten Wortgefechten gekommen und die Atmosphäre wurde sehr hitzig."

Um dem Bälle-Verlust zumindest an den Spieltagen beizukommen, holten sich die Herseler kurzzeitig auch die Hilfe beim benachbarten Wassersportverein, die mit ihren Booten am Ufer bereit standen und den Ball dann aus dem Rhein fischten. Als Belohnung gab es für die Helfer nach ihren Einsätzen einen kleinen finanziellen Betrag oder aber ein Essen an der nahgelegenen Frittenbude.

Nicht nur Bälle, sondern sogar die Autos der Spieler wären dagegen einst beim FC Hertha Rheidt fast weggeschwemmt worden. Bei steigendem Rheinpegel im Jahre 1995, als der Verein noch auf dem Rheidter Werth beheimatet war, kam das Team des damaligen Coaches Uli Hertrampf noch gerade so über eine Brücke zum Trainingsplatz. "Allerdings haben wir dann unterschätzt, dass der Rhein während des rund anderthalbstündigen Trainings nochmal um einen knappen Meter gestiegen war. Als wir fertig waren, stand das Wasser auf der Brücke schon auf Oberschenkelhöhe", so Hertrampf, der heute den BSV Roleber trainiert.

Allen Beteiligten blieb jedoch nichts anderes übrig, als sich mit ihren Autos einen Weg durch die Wassermassen zu bahnen. Am Ende erreichte das Team wohlbehalten das Festland. "Wenn ich nur eine Viertelstunde länger hätte trainieren lassen, wäre die Autos wohl verloren gewesen. Heute kann man darüber lachen, aber damals sind wir nur knapp an einer Katastrophe vorbeigeschrammt", so Hertrampf.

Überhaupt können beide Vereine inzwischen mit einiger Milde über die alten Plätze sprechen. Denn nachdem die Rheidter bereits seit 2008 im Niederkasseler Sportpark Süd ein neues Heim gefunden haben, muss sich auch Günter Dumjahn mit seinem TuS Germania Hersel nicht mehr mit Hochwassern beschäftigen: Seit dieser Saison findet das fußballerische Treiben in Hersel auf dem neuen Kunstrasenplatz statt. Ohne Kanuten - selbst wenn der Rhing widder Huhwasser hätt.

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