Olympischer Stichtag Sarajevo 1984: Die Sympathien gelten Vucko

Sarajevo · Das Maskottchen "Vucko" ist bis heute eins der beliebtesten bei Olympischen Spielen. Der kleine Wolf stand für die Völkerverständigung und Freundschaft. Nur wenige Jahre nach den Spielen in Sarajevo sprach über "Vucko" niemand mehr.

Er wandert vom Land der aufgehenden Sonne zum Land des Ahornblattes, erklimmt mit einer Eishacke in der Hand den Mont Blanc, reitet auf dem Rücken eines Kamels in das Land der Beduinen und spielt mit den Kindern im Niger. So schreibt Sporthistoriker Karl Adolf Scherer in seinem Buch „100 Jahre Olympische Spiele“ über „Vucko“, das Maskottchen der Winterspiele 1984 in Sarajevo. Raum und Zeit spielen für den kleinen Wolf auf seinem Weg als „Wandernder Olympischer Botschafter“ keine Rolle. Im Vorfeld der Spiele setzt ihn das IOC gern im Sinne der Völkerverständigung ein.

Vucko ist eines der populärsten Maskottchen in der Geschichte Olympias. Vielen Kindern und Jugendlichen, die 1984 die Wettkämpfe im Fernsehen verfolgen, hat es Vucko angetan mit seinem durchdringenden Heulruf „Sarajevooooo“ und der dazu gehörenden Grimasse. Es klingt, als wolle er sein Rudel vor den Fernseher rufen. Denn mit Vucko beginnt die ARD ihre Sendungen. Bei der Schlussfeier am Abend des 19. Februar 1984 hat er seinen letzten offiziellen Auftritt.

Der kleine Wolf, der zuweilen auch als Skifahrer daherkommt, ist das erste gewählte Maskottchen. Haben zuvor die Organisationskomitees darüber befunden, sind es diesmal die Fans. Leser von drei bedeutenden jugoslawischen Zeitungen entscheiden sich zu 60 Prozent für den kleinen Wolf, wie Sporthistoriker Larry Gerlach 2013 im Journal of Olympic History schreibt.

Der Sympathieträger Vucko schreibt in den Tagen von Sarajevo an dem olympischen Traum mit. „Es war ein friedliches Nebeneinander von Kroaten und Serben, von Christen und Moslems. Das olympische Feuer brannte zwischen Moscheen und Mauern“, erinnert sich Scherer. Doch so bleibt es nicht, denn mit dem Zerfall Jugoslawiens wird die Olympiastadt zum Kriegsschauplatz. Zwischen 1992 und 1995 werden die modernen Sportstätten zu Ruinen, und Menschen unterschiedlicher Ethnie machen vielfach Jagd aufeinander. Als IOC-Chef Juan Antonio Samaranch kurz vor den Spielen von Lillehammer 1994 nach Sarajevo fährt, um eine olympische Friedensbotschaft zu bringen, kann er die Stadt nur unter dem Schutz von UN-Soldaten besuchen. Überall lauern die berüchtigten Heckenschützen. Über Vucko spricht keiner mehr.

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