Olympischer Stichtag Das amerikanische Eishockey-Wunder

Lake Placid · In Lake Placid wird der Kalte Krieg 1980 auch mit dem Puck ausgetragen. Der Außenseitersieg der USA erschüttert die Sowjets.

 In Lake Placid gelingt der US-amerikanischen Eishockeymannschaft 1980 ein historischer Erfolg gegen das Team der Sowjetunion.

In Lake Placid gelingt der US-amerikanischen Eishockeymannschaft 1980 ein historischer Erfolg gegen das Team der Sowjetunion.

Foto: dpa

Eisig ist die Stimmung im Jahre 1980 in Lake Placid. Zumindest zwischen den USA und der Sowjetunion. Sport und Politik – in diesen Tagen untrennbar. Der Kalte Krieg tobt auch bei den Spielen. In den Duellen zwischen den USA und der Sowjetunion geht es um viel mehr, als nur um einen sportlichen Sieger. Und ausgerechnet jetzt treffen die amerikanischen Kufen-Cracks auf die übermächtige Sbornaja.

Die Sowjetunion gilt als unschlagbar, hat zuletzt vier Mal in Folge Gold bei Olympischen Spielen gewonnen. Die USA? Klarer Außenseiter. Auch, weil die US-Boys zwei Wochen vor dem Turnier gegen eben jene sowjetische Auswahl mit 3:10 untergehen. „Wir haben alles versucht, diesen Sieg aus den Köpfen der Jungs zu bekommen“, sagt der sowjetische Trainer Wiktor Tichonow. „Doch das hat nicht funktioniert. Wir waren zu selbstsicher.“ Für die USA läuft es beim Heim-Turnier bislang gut. Nach anfänglichen Schwierigkeiten kommen die USA ins Rollen Nur gegen die deutsche Auswahl tun sich die Amerikaner schwer, drehen einen 0:2-Rückstand in einen 4:2-Sieg. Als Tabellenzweiter erreichen die Amerikaner aber die Vierergruppe der Finalrunde. Eine Medaille ist greifbar.

Und dennoch: Auch in den USA traut niemand den Gastgebern Gold zu. Die Sowjets beginnen erwartet stark, dominieren das Spiel und gehen verdient durch Wladimir Krutow in Führung. Zwar kann Buzz Schneider noch im ersten Drittel ausgleichen, doch Sergej Makarow bringt die Sowjets erneut in Front. In diesen Sekunden vor und während der Drittelpause gleitet den Gästen das Spiel aus der Hand. Denn trotz klarer Überlegenheit muss die Sbornaja erneut den Ausgleich durch Mark Johnson hinnehmen. „Das Tor hätte es nicht geben dürfen“, erinnert sich Mike Eruzione. „Auf der Uhr standen nur noch fünf Sekunden. Wir waren doch alle auf dem Weg zur Bank.“ Nur Johnson nicht. Während sich die Spieler gedanklich auf die Kabine einstellen, rast der spätere NHL-Profi aufs Eis, schnappt sich den Puck und erzielt den Ausgleich. „Das hat den Sowjets zugesetzt. In meinen Vorträgen sage ich deshalb immer, spielt weiter bis ihr den Pfiff oder die Sirene hört“, so Eruzione.

Die Sowjets sind geschockt. Trainer Tichonow wechselt Torhüter Wladislaw Tretjak aus. „Es war der schlimmste Moment in Wladys Karriere“, sagt Makarow später der New York Times. „Das war pure Panik.“ Und auch der Trainer gibt später zu, den größten Fehler seiner Karriere gemacht zu haben. Denn Eratzkeeper Wladimir Miyschkin gilt als nervös, zu unerfahren. Und dennoch: Alexander Malzew erzielt das erste Tor im zweiten Drittel. Die Sowjetunion drängt auf ein weiteres Tor, scheitert aber am US-Goalie Jim Craig. Im Laufe des dritten Drittels lassen die Kräfte bei den Gästen spürbar nach. Johnson nutzt die Schwächephase zum 3:3. Keine 90 Sekunden später trifft Mike Eruzione zur ersten Führung der US-Profis. Die sowjetische Mannschaft erhöht den Druck, einen Treffer erzielt sie nicht mehr.

Nach dem Spiel kennt der Jubel keine Grenzen. Das Miracle on ice ist geboren. „Ihre Augen strahlten. Man hat ihnen angesehen, dass sie ein Team waren“, so Makarow. Für die USA steht noch ein weiteres Duell auf dem Programm. Auch das gewinnen die Amerikaner gegen Finnland und sichern sich Gold. Silber geht an Russland. „Ich kann mich nicht erinnern, wo meine Medaille ist. Vielleicht irgendwo im Müll von Lake Placid“, sagt Makarow.

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