Olympischer Stichtag 2002 Salt Lake City: Der verhexte Mühlegg

Salt Lake City · Johann Mühlegg ist einer der besten Langläufer seiner Zeit. Doch der für Spanien startende Wintersportler ist auch für seine extraordinären Ansichten bekannt. Und: Sein dreifach Triumph bei den Spielen in Salt Lake City ist der größte Doping-Skandal der Winterspiele.

Mit Schaum vor dem Mund, die großen Augen hinter einer Sonnenbrille versteckt, läuft Johann Mühlegg an diesem 9. Februar in Salt Lake City allen davon. Die vermeintlichen Favoriten über 30 Kilometer im Skilanglauf lässt er auf beeindruckende Art und Weise hinter sich. Im Ziel hat Mühlegg mehr als zwei Minuten Vorsprung. Es ist die erste Goldmedaille, die Mühlegg für Spanien bei den Winterspielen 2002 gewinnt. Zwei weitere sollen folgen. Für Spanien?

Mühleggs Talent wird früh erkannt. Er gewinnt für den Deutschen Skiverband (DSV) zwei Junioren-Weltmeistertitel. Bei den Senioren läuft es nicht so gut. Der Mann aus Marktoberdorf hat den Grund für die Misere ausgemacht: Bundestrainer Georg Zipfel. Der Langläufer beschuldigt den Übungsleiter des Spiritismus, Zipfel habe Mühleggs Getränke verhext. Der Bayer führt von nun an nur noch Wasser, geweiht von einer Putzfrau mit portugiesischen Wurzeln, mit sich. 1995 suspendiert der DSV den Sonderling, 1998 wird er aus dem Kader ausgeschlossen. Fortan startet Mühlegg für Spanien. Und das erfolgreich.

„O sole mio“, singend und „Viva España“ rufend quert er die Linie in der 50-Kilometer-Konkurrenz. Mühlegg ist am Ziel seiner Träume, der spanische König außer sich vor Glück. Für einen Moment. Denn schon vor der Königsdisziplin über die 50 Kilometer gibt es Gerüchte, Mühlegg habe auffällige Hämoglobin-Werte.

Und tatsächlich: Die vor dem Rennen genommene Dopingprobe ist positiv. Der Epo-Wirkstoff Aranesp wird in seinem Blut nachgewiesen. Auf die Frage, ob er gedopt habe, antwortet Mühlegg: „Prinzipiell nicht, aber warten wir die B-Probe ab.“ Auch die ist positiv. Mühlegg erklärt den Wert später mit Durchfall und einer speziellen Diät. Eine hanebüchene Erläuterung. Das IOC erkennt ihm alle drei Medaillen ab. Er wird für zwei Jahre gesperrt. Wenige Wochen vor Ablauf der Sperre erklärt Mühlegg seinen Rücktritt. Nicht nur vom Sport. Er wird zum Phantom. Erst 2014 finden schwedische Reporter den ehemaligen Langläufer in Brasilien. Dort verkauft er Immobilien. Angesprochen auf die Vorkommnisse von 2002 entgegnet er: „Ich habe diese Welt verlassen!“

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