Vielseitigkeitsreiter Auf dem Weg zum Triple

WACHTBERG · Auf dem Rodderberg holen sich die deutschen Vielseitigkeitsreiter den Feinschliff für die Olympischen Spiele.

Wenn die deutschen Vielseitigkeitsreiter am Sonntag zu den Olympischen Spielen nach Rio de Janeiro aufbrechen, begleitet das fünfköpfige Team eine gewisse Erwartungshaltung. Anders gesagt: Würde man auf das Team als Olympiasieger tippen, wäre der zu erwartende Gewinn überschaubar. Zumindest in den Augen der breiten Öffentlichkeit ist der Ritt zur Goldmedaille fast nur Formsache. Schließlich haben die Siege 2008 in Peking sowie 2012 in London eine gewisse Aura der Unbesiegbarkeit verbreitet.

Bei der Mannschaft, die in der Besetzung Ingrid Klimke, Michael Jung, Sandra Auffarth, Andreas Ostholt sowie Reservistin Julia Krajewski nach Rio reist, löst die Erwartungshaltung jedoch keine Panik aus. „Natürlich ist der Druck da, aber das ist auch gut. Wir wissen, wie schwer es werden wird, den Olympiasieg zu holen“, weiß Equipechef Hans Melzer.

Um in der brasilianischen Metropole bestens auf die Wettkämpfe vorbereitet zu sein, absolviert das Team aktuell ein Trainingslager auf dem Rodderberg. Bei besten Bedingungen soll hier der letzte Feinschliff erfolgen – sehr zur Freude von Ingrid Klimke, die als fünfmalige Olympiateilnehmerin die Erfahrenste ist: „Es ist gut, dass wir hier sind. Neben der Erholung können wir die Akkus für Rio aufladen.“

Für die Münsteranerin könnte neben den Wettbewerben bereits die Eröffnungsfeier zu einem besonderen Moment werden: Neben Tischtennisspieler Timo Boll, Hockeyspieler Moritz Fürste, Fünfkämpferin Lena Schöneborn und Radfahrerin Kristina Vogel ist sie Kandidatin als deutsche Fahnenträgerin. Die erstmals stattfindende Abstimmung hierzu läuft noch bis zum 2. August. „Es ist schon sensationell, überhaupt zu den fünf Kandidaten zu gehören. Am Ende dann wirklich die Fahnenträgerin zu sein, wäre eine ganz große Ehre“, betont Klimke. Sollte die Wahl auf die 48-Jährige fallen, könnte fast schon von einer Familientradition die Rede sein, denn bei den Olympischen Spielen in Seoul 1988 trug ihr Vater Reiner Klimke die deutsche Fahne ins Stadion.

Bevor es soweit ist, gilt jedoch dem Trainingslager alle Konzentration. Dabei gilt die Devise: Alles so normal wie möglich halten! „Es gilt hier, eine Balance zwischen Training und Pause zu finden. Wichtig ist dabei, die Pferde nicht in Watte zu packen, sie sollen schließlich topfit in Rio sein“, sagt Michael Jung, der neben dem Olympiasieg mit der Mannschaft vor vier Jahren auch die Einzel-Goldmedaille gewann. „Wir nutzen vor allem Videoanalysen und reden über viele Kleinigkeiten“, ergänzt Disziplintrainer Christopher Bartle.

Für Jung lief zuletzt nicht alles problemlos. Er musste sein Pferd wechseln, weil der für Rio vorgesehene Takinou nach einem fiebrigen Infekt nicht rechtzeitig fit wird. Aus diesem Grund tritt der 33-Jährige aus Horb am Neckar wie schon 2012 mit Sam an und hat wegen dessen guter Verfassung keine Bauchschmerzen: „Sam und ich sind ein eingespieltes Team und kennen uns in- und auswendig. Es ist vielleicht auch ein Vorteil, dass er zuletzt nicht so viele Wettkämpfe bestritten hat.“

Als Reservereiterin reist die Warendorferin Julia Krajewski zu den Olympischen Spielen. Sie wird in Rio nur im Falle einer Verletzung mit ihrem Wallach Samourai zum Einsatz kommen. Was für die 27-Jährige aus dem Pferdemekka im Münsterland keinen Unterschied für die Tage auf dem Rodderberg macht. „Ich bereite mich so vor, als wäre ich ganz normal im Einsatz und bin jederzeit bereit, einzuspringen“, meint Krajewski.

Angesprochen auf die angeblichen Probleme in den olympischen Unterkünften, zeigt sich die Equipe entspannt. „Das ist Teil des Abenteuers“, sagt Bartle mit einem Lächeln. „In London war es ähnlich, das ist nichts Ungewöhnliches“, fügt Melzer hinzu. Ohnehin wollen sich die Athleten in Brasilien die meiste Zeit auf den olympischen Reitanlagen verbringen.

Für Melzer und Bartle hebt der Flieger in die Metropole am Zuckerhut bereits am Freitag ab, ehe zwei Tage später die Reiter folgen. Sorgen um den aufwendigen Transport der Pferde hegt niemand im Team: „Sie sind in den besten Händen. Zudem ist das Flugzeug angenehmer als der Transfer mit dem Lkw“, sagt Jung. Für ihn und die vier weiteren Reiter wird es der erste Aufenthalt in Südamerika – im besten Fall mit dem Gold-Triple als Krönung.

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