DFB-Team: Kein Lamentieren nach Reus-Ausfall

Frankfurt/Main · Siegen oder richtig zittern. Im wichtigsten Spiel seit dem glorreichen WM-Finale müssen Joachim Löw und seine Fußball-Weltmeister gegen Polen unbedingt drei Punkte liefern - und das ohne Offensiv-Trumpf Marco Reus.

 Bundestrainer Joachim Löw kann es auch mit der Hacke. Foto: Fredrik von Erichsen

Bundestrainer Joachim Löw kann es auch mit der Hacke. Foto: Fredrik von Erichsen

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Der Dauer-Pechvogel von Borussia Dortmund fällt mit einer angebrochenen Großzehe für das Topspiel um die Tabellenführung und auch die zweite große Prüfung in Schottland aus. Der Bundestrainer muss schon am Freitag in der ausverkauften Frankfurter Arena seinen Offensivplan ändern, an der Marschroute für den Quali-Doppelpack hält Löw aber unverändert fest: "Das erklärte Ziel ist, die maximale Punktausbeute zu machen."

Die Ausgangslage ist kritisch, auch wenn das im deutschen Lager in den Tagen der Vorbereitung mit forschen Sprüchen übertönt wurde. Vor dem Anpfiff der 90 Minuten gegen Spitzenreiter Polen (14 Punkte) könnte Deutschland (13) sogar auf Platz drei zurückfallen, wenn Schottland (11) am frühen Freitagabend seine Auswärtsaufgabe in Georgien erfolgreich lösen sollte. "Eine besondere Drucksituation gibt es nicht", behauptete Löw dennoch mit der Gelassenheit des Weltmeisters: "Wir stehen vor den Wochen der Wahrheit, aber wir stehen nicht mit dem Rücken zur Wand." Löw sprach lieber von einer besonderen Herausforderung und Motivation: "Wir freuen uns eher."

Dass Reus sich schon am Sonntag beim Dortmunder 3:1-Sieg in der Bundesliga gegen Hertha BSC eine schmerzhafte Fußverletzung zugezogen hatte, war zunächst nicht bekanntgemacht worden. Im Geheimtraining am Mittwoch habe der 26-Jährige nicht mehr richtig auftreten können, berichtete Löw. Beim Röntgen wurde ein Anbruch des Endgliedes der linken Großzehe diagnostiziert. Reus reiste heim nach Dortmund.

"Natürlich verzichte ich ungerne auf Marco Reus, weil er immer in der Offensive für die besonderen Momente und die Entscheidung sorgen kann", sagte Löw, ergänzte aber sofort: "Wir werden nicht lamentieren." Ohne den beim BVB glänzend in die Saison gestarteten Turbo-Angreifer muss er aber seine Offensivpläne anpassen. Beim Abschlusstraining am Donnerstag waren noch drei Torhüter und 19 Feldspieler - darunter Geburtstagskind Jérome Boateng (27) - dabei.

"Das gesamte taktische Konzept wird aber nicht geändert", erklärte Löw. In die Startelf rutschen könnte der Leverkusener Karim Bellarabi. Thomas Müller rückt dann vom rechten Flügel in die Spitze, und Mario Götze übernimmt die Reus-Position auf der linken Flanke. Dem 23 Jahre alten Weltmeister, der bei Bayern München weiter zwischen Startelf und Ersatzbank pendelt, gab der Bundestrainer eine Startgarantie: "Er ist ein Spieler von enorm hohem Wert für uns. Ich bin überzeugt, dass er zeigen will, was in ihm steckt", sagte Löw.

Götze selbst wertete das Vertrauen des Bundestrainers als "gute Nachricht und positive Sache für mich". Zudem kündigte der Torschütze des WM-Endspiels an: "Wir sind gut vorbereitet. Wir wollen von der ersten Minute an zeigen, dass hier nichts zu holen ist für Polen."

Auch das Fragzeichen hinter Mesut Özil löste Löw schon vor dem Abschlusstraining am späten Donnerstagnachmittag auf. "Er hat keinerlei Einschränkungen, was sein Knie betrifft." Offen ließ er die Besetzung der rechten Verteidigerposition. Der Hoffenheimer Sebastian Rudy ist Favorit gegenüber Länderspiel-Neuling Emre Can.

Entscheidend für den 13. Sieg im 20. Vergleich mit Polen ist aus Sicht des Bundestrainers, in der Offensive Lösungen gegen einen sehr defensiv ausgerichteten Gegner zu finden. Dazu gelte es, die Konter des Gegners über Bayern-Angreifer Robert Lewandowski zu verhindern. "Wir treffen auf einen Gegner, der gefährlich ist", warnte Löw.

Seine Spieler wollen Revanche nehmen. "Das 0:2 liegt uns noch immer schwer im Magen", erinnerte Götze an die Niederlage vor knapp einem Jahr in Warschau. Der Bayern-Profi betrachtet seinen Vereinskollegen Lewandowski als Schlüsselspieler auf polnischer Seite. "Wenn man einen Mittelstürmer beschreiben müsste, würde ich sagen, dass Lewi alles mitbringt. Er ist eiskalt vor dem Tor", schwärmte Götze.

In sechs Quali-Partien traf Lewandowski schon siebenmal. Beim 2:0 in Warschau waren aber Arkadiusz Milik und Sebastian Mila für den Weltranglisten-34. erfolgreich. Lewandowski bewertet den Gruppengipfel nicht als entscheidend für die zwei direkten EM-Tickets: "Ich denke, 19 oder 20 Punkte wird man am Ende für Platz eins oder zwei brauchen."

Löw erwartet einen sehr defensiv ausgerichteten Gegner. In allen Qualifikationsspielen habe Polen mit Ausnahme der Partie gegen den Fußballzwerg Gibraltar weniger Ballbesitz gehabt, selbst im Heimspiel gegen Georgien: "Wir müssen uns einer defensiven Übermacht stellen." Müller, Götze und Özil sollen den polnischen Abwehrbeton knacken.

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

Deutschland: Neuer (Bayern München/29/58) - Rudy (1899 Hoffenheim/25/9), Boateng (Bayern München/27/52), Hummels (Borussia Dortmund/26/39), Hector (1. FC Köln/25/5) - Schweinsteiger (Manchester United/31/111), Kroos (Real Madrid/25/58) - Bellarabi (Bayer Leverkusen/25/7), Özil (FC Arsenal/26/66), Götze (Bayern München/23/45) - Müller (Bayern München/25/63)

Polen: Fabianski (Swansea City/30/24) - Piszczek (Borussia Dortmund/30/40), Glik (FC Turin/27/31), Szukala (Osmanlispor/31/13), Jedrzejczyk (FK Krasnodar/27/14) - Grosicki (Stade Rennes/27/28), Krychowiak (FC Sevilla/25/26), Jodlowiec (Legia Warschau/29/36), Rybus (Terek Grosny/26/35) - Lewandowski (Bayern München/27/68), Milik (Ajax Amsterdam/21/17)

Schiedsrichter: Rizzoli (Italien)

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