Martin träumt von Gelb zum Tour-Auftakt

Utrecht · Auf dem Papier trennen Tony Martin nur 13,8 Kilometer von seinem derzeit größten sportlichen Ziel. Aber die Fahrt durch Utrecht, an deren Ende das erste Gelbe Trikot der 102. Tour de France auf seinen Besitzer wartet, führt ins Ungewisse.

 Tony Martin will das Gelbe Trikot. Foto: Arne Dedert

Tony Martin will das Gelbe Trikot. Foto: Arne Dedert

Foto: DPA

Wie sind die Konkurrenten drauf, passt die Startzeit 16:44 Uhr zur Wetterlage, geht die Gleichung gute Form gleich gutes Ergebnis auf? Das sind die größten Unwägbarkeiten für den dreimaligen Zeitfahr-Weltmeister in seiner Paradedisziplin beim "Unternehmen Gelb".

Nach der ersten Besichtigung des Stadtkurses von Utrecht war Martin "positiv überrascht": Weniger Kurven als gedacht, alles in allem ein "runder Kurs", wie sein Betreuer Rolf Aldag befand. "Das Wetter ist der größte Unsicherheitsfaktor. Tony ist unser vorletzter, gemeldeter Fahrer vor Weltmeister Kwiatkowski", sagte Aldag. Er informiert sich zur Zeit auf etwa zehn verschiedenen Wetter-Apps.

Regennasser Asphalt hatte in den Niederlanden schon einmal Martins Traum von Gelb zerstört. 2010 in Rotterdam verhinderte womöglich ein leichter Nieselregen den Coup - Fabian Cancellara aus der Schweiz war zehn Sekunden schneller. 2012 in Lüttich zerschnitt ihm im Prolog eine Glasscherbe den Hinterreifen. Diesmal soll alles besser laufen. "Tony ist in Topform", erklärte Ex-Profi Aldag, der Samstagfrüh mit Martin zum letzten Test zum ersten Mal auf den abgesperrten Kurs darf.

"Es soll endlich losgehen - ich freue mich", sagte Martin. Der möglicherweise fünfte Tour-Etappensieg interessiert ihn nicht so sehr. "Ich fahre um das Gelbe Trikot, das ich noch nie hatte", erklärte der 30 Jahre alte Wahlschweizer, der wieder den 19 Minuten nach ihm startenden Cancellara und Lokalmatador Tom Dumoulin (Startzeit: 16:25) zu seinen Hauptkonkurrenten zählt.

Der nach seiner Sturzverletzung im Frühjahr zurückgekehrte Cancellara, der vielleicht seine letzte Tour fährt, verlor zuletzt ein Zeitfahren zu Beginn der Tour vor zehn Jahren in Noirmoutier am Atlantik. Am Samstag peilt Cancellara seinen sechsten Auftaktsieg an. "Ich war schon 28 Tage in Gelb - da können gern noch ein paar dazukommen", sagte der 34-Jährige.

Bei Regen wird Martin nicht nach Zockermanier "Alles oder nichts" spielen. "Er wird auf jeden Fall so schnell fahren, wie es geht", meinte Aldag, der sich im Hinblick auf die Qualität der verwendeten Reifen "vielleicht sogar Regen" wünschen würde, "wenn das alle Fahrer betrifft". Der als große Innovation beschriebene Sattel mit einer rutschfesten Oberfläche ist laut Aldag ein alter Hut: "Den benutzen wir schon ein paar Jahre."

Der frühere Telekom-Profi erinnert sich noch an seinen völlig überraschenden vierten Platz im Tour-Prolog von 1995 bei strömendem Regen in der Bretagne: "Damals stürzte Topfavorit Boardman und musste mit einem gebrochenen Fuß abreisen." Martin hofft, "das gleiche Bedingungen für alle herrschen, aber ich hätte auch bei Regen Siegchancen".

Sollte der fünfmalige deutsche Zeitfahrmeister zum Auftakt an die Spitze des 198 Fahrer umfassenden Feldes rasen, könnten die Chancen auf längere Verweildauer auf dem Tour-Olymp nicht schlecht stehen. "Das Trikot bis zum Teamzeitfahren der neunten Etappe zu verteidigen, wäre mein Wunschtraum", erklärte der Profi aus dem Etixx-Quick-Step-Team. Dazu müsste er allerdings vor der schweren dritten Etappe, die wie der belgische Klassiker Flèche Wallone am Montag auf der Mauer von Huy endet, ein stattliches Sekundenpolster aufweisen.

Danach folgt der gefürchtete Ritt über das nordfranzösische Kopfsteinpflaster nach Cambrai. Dort endete im Vorjahr nach zwei Stürzen die Tour für den damaligen Titelverteidiger Chris Froome.

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