Jungstar Spieth stiehlt Woods die Masters-Show

Augusta · Fast schüchtern probierte Überflieger Jordan Spieth das weltweit begehrteste und gänzlich unmoderne Grüne Jackett an, strich liebevoll über das Revers und lächelte still.

 Vorjahressieger Bubba Watson (l) hilft Masters-Champion Jordan Spieth in das "Green Jacket". Foto: Erik S. Lesser

Vorjahressieger Bubba Watson (l) hilft Masters-Champion Jordan Spieth in das "Green Jacket". Foto: Erik S. Lesser

Foto: DPA

Die großen Gefühle überließ der 21-jährige Texaner mit dem schütteren Haar nach seinem Start-Ziel-Sieg beim 79. Masters Eltern, Großvater und Freundin Anna. Sogar die College-Clique schien mehr aus dem Häuschen zu sein als Spieth, der mit dem Rekord von 26 Birdies als zweitjüngster Golfer nach Tiger Woods das legendäre Major in Augusta gewann. Mit einem Gesamtergebnis von 270 egalisierte er die bisherige Bestmarke des großen Woods aus dem Jahr 1997.

"Als ich meine Eltern sah, wusste ich, das Ding ist durch. Ich werde noch brauchen, um das zu realisieren", sagte der bescheidene Shootingstar aus Dallas. Vielleicht werde er erst einmal ein paar Nächte im "Green Jacket" schlafen. Dabei war er im Vorjahr schon Zweiter. Diesmal fand er nachts keine Ruhe vor Aufregung. "Es war stressig. Kein Wunder, dass mir die Haare ausgehen", witzelte er. Aber er brach nicht ein. "Das war die unglaublichste Woche meines Lebens. Es gibt nichts Größeres in unserem Sport, ein Traum ist für mich wahr geworden." Sein größter Dank ging an seinen Kumpel und Caddie, der als Souvenir den Fahnenstock der 18 mitgehen ließ.

Als die Konkurrenten wie Landsmann Phil Mickelson und Justin Rose (England) aufholten, hatte er immer die richtige Antwort. Sein vielleicht wichtigster Schlag war die Annäherung über den Wassergraben an der 13. "Go hard, go hard", rief er dem kleinen weißen Ball hinterher - sein einziger lauter Gefühlsausbruch am Sonntag. Fünf Schläge Vorsprung auf den letzten neun Löchern machten den Triumph von Amerikas größtem Talent zum Schaulaufen - am Ende siegte er mit vier Versuchen weniger als die Verfolger. Er genoss die Ovationen an der 18. Bahn und bedankte sich wie ein Staatsmann.

Spieth ist Realist und setzte sich sofort neue Ziele: "Ich will wie Bubba sein, ich will zwei von den Jacketts." Mit einem gequälten Lächeln zog Titelverteidiger Bubba Watson seinem Nachfolger das gute Stück an - er selbst war chancenlos nur 38. geworden. Bei dem Triumph des unorthodoxen Linkshänders im Vorjahr über Spieth hatte die Golfwelt mit der Zunge geschnalzt, die TV-Sender jedoch die schlechteste Quote seit 1957 verzeichnet. Nur, weil Woods fehlte.

Dieses Mal war der Dauerpatient dabei und zog einen Großteil der Aufmerksamkeit auf sich. Spieth musste manches Mal seine Putt-Bewegung abbrechen, weil Tausende von Fans auf den Nebenbahnen an der Magnolia Lane mit dem einstigen Branchenprimus mitfieberten. Der glänzte bei seinem Comeback zwar zeitweise mit traumhaften Schlägen und strafte die Kritiker Lügen bezüglich seiner mentalen Probleme.

Aber nicht alles lief rund für den 39-Jährigen: So verletzte er sich beim Treffen einer Baumwurzel, jaulte auf und schüttelte recht theatralisch die rechte Hand. Angesichts der Vorgeschichte mit kaum Turnierpraxis und großen Chip-Problemen sei er ganz zufrieden mit Rang 17, betonte der "Tiger": "Immerhin habe ich eine komplette Schwungumstellung hinter mir. Es gefällt mir, was ich mache. Ich arbeite weiter daran und werde wieder eine Turnierpause einlegen."

Nicht nur die Verantwortlichen des US-Senders CBS werden gespannt sein, wann und wo Woods die Jagd auf Major-Titel Nummer 15 fortsetzen wird. Schon am Wochenende schalteten 48 Prozent mehr Amerikaner ein als 2014. Und manch ein Experte, der dem alternden Star gar nichts mehr zutraute, änderte seine Meinung. Als 101. der Welt hat er aber einen weiten Weg vor sich.

Zumal die Zukunft der jungen Generation gehört: Spieth machte nach dem Gewinn von 1,8 Millionen Dollar in der Weltrangliste einen Sprung auf Zwei hinter dem Masters-Vierten Rory McIlroy. Und dass der Jung-Star niemals so aus der Bahn geraten wird, wie einst Woods in seiner privaten Krise, ist ziemlich offensichtlich. Als Kind einer fünfköpfigen Familie mit seiner an Autismus leidenden Schwester Ellie (14) wurde er zur Bodenständigkeit erzogen. Seit der Jugend blieb er bei Trainer und Manager, Freundin Anna begleitet ihn aus College-Zeiten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Berechtigte Ausgrenzung
Kein Platz für Müller im DFB-Team Berechtigte Ausgrenzung
Verstärkung für die Bonn Capitals
Baseball: Phlidrick Llewellyn kommt in die Rheinaue Verstärkung für die Bonn Capitals
Aus dem Ressort