Frontalangriff auf IOC-Chef Bach

Sotschi · Nach dem Eklat von Sotschi hatte Thomas Bach zumindest seinen Humor nicht verloren. "Vielen Dank für den freundlichen Empfang", sagte der deutsche IOC-Chef zynisch in Richtung Marius Vizer.

 Thomas Bach wehrte sich gegen die Kritik am IOC. Foto: Petrit Prenaj

Thomas Bach wehrte sich gegen die Kritik am IOC. Foto: Petrit Prenaj

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Zuvor war er vom Präsidenten der Vereinigung internationaler Sportverbände (SportAccord) auf das Schärfste attackiert worden. Vizer warf Bach zum Auftakt des SportAccord 2015 in der russischen Olympia-Stadt Einmischung in die Autonomie der Sportorganisation, das Blockieren von Multi-Sport-Events, Intransparenz bei der Agenda 2020 und Geldverschwendung beim olympischen TV-Kanal vor. Heftige Angriffe, die aber von vielen Delegierten verurteilt wurden.

"Das IOC-System ist abgelaufen, veraltet, falsch, unfair und überhaupt nicht transparent", monierte Vizer, der auch Chef des Judo-Weltverbandes ist. Die Interessen der Verbände seien bei Bachs Reformprojekt nicht berücksichtigt worden, ergänzte der gebürtige Rumäne und prangerte eine ungerechte Stimmenverteilung unter den IOC-Mitgliedern an. "Die Mehrheit der Stimmen sollte den Leuten gehören, die im Sport involviert sind". Von den 115 stimmberechtigten Mitgliedern haben die Athleten, Verbandspräsidenten und Vertreter der Nationalen Olympischen Komitees nur je 15 Stimmen.

Bach wies die Vorwürfe zurück. "Nach vielen Gesprächen mit ihren Kollegen ist mein Eindruck, dass Sie Ihre Meinung exklusiv haben. Viele Leute haben konstruktive Vorschläge gemacht, die zu einer engeren Kooperation zwischen IOC und Verbände geführt hat", sagte er. Nach dem Eklat erklärte sich eine Gruppe von 14 Verbandspräsidenten, darunter auch der Fußball-Weltverband FIFA mit Boss Joseph Blatter, solidarisch mit Bach und kritisierte Vizer in einem Schreiben für dessen Frontalangriff. Die Leichtathletik-Dachorganisation IAAF trat sogar aus dem SportAccord aus.

Zuvor hatten die Delegierten staunend verfolgt, wie Vizer gleich bei seiner Eröffnungsrede verbal gegen Bach schoss. "Die Agenda 2020 bringt keine Vorteile für den Sport, die Verbände oder deren Athleten", sagte Vizer, der als Vertrauter von Russlands Präsident Wladimir Putin gilt. Die Interessen der Verbände seien übergangen worden, ergänzte er. "Ich habe eine Reihe von Vorschlägen zugunsten der internationalen Verbände gemacht, aber wir haben nie eine Reaktion erhalten. Herr Präsident, hören Sie auf, die SportAccord-Strategie und dessen Mission zur Austragung von Multisport-Events zu blockieren".

Einer der Gründe des Streits ist Vizers Plan von Weltspielen, die in Konkurrenz zur Geldmaschine Olympia treten könnten. Eine Veranstaltung, die Bach nicht unterstützt. Vizer fordert für die Verbände eine größere Partizipation an den Einnahmen der Olympischen Spiele und sieht die Kosten für die Einführung des olympischen TV-Kanals in Höhe von 450 Millionen Dollar als "völlig übertrieben" an. In Richtung Bach ergänzte er: "Wenn Sie respektiert werden wollen, müssen Sie bereit zur Fairness sein."

Das IOC war in den vergangenen Monaten schon auf Distanz zum SportAccord gegangen und verzichtete im Gegensatz zu den vergangenen Jahren auf eine eigene Sitzung des Exekutivkomitees. Auch wurde den Bewerbern für die Olympischen Winterspiele 2022 (Almaty und Peking) untersagt, ihr Konzept zu präsentieren. Damit verlor die Veranstaltung bei dem sich jährlich mehr als 100 olympische und nichtolympische Verbände treffen, an Prestige und Bedeutung.

Bach mahnte die Beteiligten zur Geschlossenheit. "Was wir brauchen, ist Glaubwürdigkeit. Glaubwürdigkeit erreichen wir nur, wenn wir bei unserer Vielfalt einheitlich auftreten. Ich lade alle ein, die unterschiedlichen Meinungen an einen Tisch zu bringen", sagte Bach. Nach den Angriffen am Montag ein derzeit schwer vorstellbares Unterfangen.

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