FIFA-Krise: Verlierer und ein völlig ramponiertes Image

Berlin · Der Fußball-Weltverband FIFA steht nach dem Rücktritt von Chefermittler Michael Garcia im Kreuzfeuer der Kritik. Mangelnde Transparenz und ein laxer Umgang mit den möglichen Korruptionsfällen rund um die WM-Vergaben 2018 und 2022 wird der FIFA vorgeworfen.

 Joseph Blatter wird die neueste Krise wohl auch überstehen. Foto: Steffen Schmidt

Joseph Blatter wird die neueste Krise wohl auch überstehen. Foto: Steffen Schmidt

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Das Exekutivkomitee entscheidet auf seiner Sitzung am Freitag darüber, ob der Untersuchungsbericht von Garcia zumindest teilweise veröffentlicht wird. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur FIFA-Krise.

Was ist der Hintergrund für das Zerwürfnis innerhalb der FIFA-Ethikkommission?

Michael Garcia hatte als Vorsitzender der ermittelnden Kammer seit 2012 mögliche Korruptionsfälle rund um die WM-Vergaben 2018 an Russland und 2022 an Katar untersucht. Sein 430-seitiger Bericht ging an den deutschen Richter Hans-Joachim Eckert, der als Vorsitzender der rechtssprechenden Kammer Sanktionen aussprechen kann. Der Jurist sah in seinem Zwischenbericht aber keine gravierenden Verstöße und stellte den umstrittenen Gastgeberländern damit einen Freischein aus.

Offenkundig verletzten außer dem gemeinsamen Kandidaten Niederlande/Belgien alle anderen acht Bewerber die Regularien mehr oder weniger krass. Ein Einfluss auf die umstrittene Abstimmung im Dezember 2010 sei aber nicht belegbar. Eine Neuausschreibung kommt daher für Eckert nicht infrage. Garcia sah seinen Report indes falsch interpretiert und legte Einspruch gegen Eckerts Wertung ein, welchen jedoch die FIFA-Berufungskommission zurückwies. Garcia trat zurück.

Was bedeutet der Rücktritt von Michael Garcia für die Ethikkommission?

Laut FIFA-Präsident Joseph Blatter werde die Arbeit der Ethikkommission weitergehen. Nachfolger von Ermittler Garcia wird wahrscheinlich der Schweizer Staatsanwalt Cornel Borbely. Mit einem Personenwechsel ist das Problem aber kaum behoben. Das Konstrukt, mit dem die FIFA ihr schlechtes Image wiederherstellen wollte, ist praktisch gescheitert. Schließlich ist auch der Ruf von Eckert deutlich angekratzt.

Welche Konsequenzen sind aus dem Garcia-Bericht zu erwarten?

Allenfalls ist mit Sanktionen gegen Einzelpersonen zu rechnen. Die Vergabe der WM-Endrunden bleibt davon unberührt. Eine Neuvergabe des Turniers erscheint ohnehin unwahrscheinlich, da die Planungen mitunter schon weit fortgeschritten und viele Verträge abgeschlossen sind.

Wird der Garcia-Report noch veröffentlicht?

Theo Zwanziger hat einen Antrag diesbezüglich eingereicht, über den die FIFA-Exekutive am Freitag entscheiden will. Bislang ist eine Veröffentlichung von der FIFA vehement abgelehnt worden, inzwischen kommen aber auch aus den eigenen Reihen Rufe nach mehr Transparenz. Eine komplette Publizierung des Berichts wird es aber aus rechtlichen Gründen kaum geben, da einige Aussagen unter dem Aspekt der Vertraulichkeit zustande kamen. Eine entsprechende Beschwerde hatten bereits Phaedra Almajid, Ex-Mitarbeiterin von Katars Bewerbungskomitee für die WM 2022, und Bonita Mersiades, ehemalige Chefin für öffentliche Angelegenheiten von Australiens Kandidatur für 2022, an die FIFA gerichtet, weil sie im Eckert-Bericht erwähnt worden waren.

Was bedeutet die neue Entwicklung für FIFA-Präsident Blatter?

Der Boss des Weltverbandes gerät mehr und mehr unter Druck. Der Schweizer hat aber schon so manchen Sturm überlebt und dürfte auch diese Krise überstehen. Auch wenn sich die Europäische Fußball-Union klar gegen ihn positioniert, weiß er den Großteil der Konföderationen hinter sich. Seiner Wiederwahl im Mai 2015 scheint - Stand heute - kaum etwas im Wege zu stehen.

Hat die FIFA-Krise Auswirkungen auf das IOC?

Ja. Der schlechte Ruf des Fußball-Weltverbandes färbt auch zunehmend auf das deutlich reformwilligere Internationale Olympische Komitee ab. Schließlich ist Blatter als FIFA-Chef auch Mitglied im IOC. Der Verdruss über die großen Verbände ist in westlichen Ländern ohnehin schon enorm. Das IOC, das nach dem Korruptionsskandal rund um die Olympischen Spiele 2002 in Salt Lake City deutlich konsequenter gehandelt hatte, will dem Vertrauensverlust mit seiner olympischen Agenda 2020 entgegentreten.

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