Experte: "Formel 1 benötigt transparentere Konzepte"

Silverstone · In der Formel 1 tagen derzeit fast wöchentlich Krisenrunden. Ziel ist es, die Rennserie wieder spannender und populärer zu machen.

 Die Formel 1 befindet sich derzeit in einer Krise. Foto: Geoff Caddick

Die Formel 1 befindet sich derzeit in einer Krise. Foto: Geoff Caddick

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Im globalen Wettbewerb um die Fans habe der Grand-Prix-Sport "sehr deutliche Defizite", sagte Vermarktungsexperte Lars Stegelmann von der Sponsoringberatung Repucom im Interview der Deutschen Presse-Agentur vor dem Rennen in Silverstone.

Wie stark sehen Sie die Marke Formel 1 derzeit im Vergleich zu anderen Sportarten?

Lars Stegelmann: Die Formel 1 ist nach wie vor eine große Marke, die als eine der wenigen Marken einen globalen Bekanntheitsgrad hat. Allerdings durchlebt diese Rennserie gerade in Deutschland eine schwierige Phase und muss sich neu positionieren.

Wie hat sich die Wahrnehmung der Formel 1 als Marke verändert?

Stegelmann: Sie hat auf ein Pferd gesetzt, auf eine Struktur, die von einem Menschen geprägt ist: Bernie Ecclestone. Positiv gesehen hat er für eine Kontinuität gesorgt. Aber inzwischen haben sich die Negativ-Schlagzeilen auch um seine Person gehäuft. Das Vertrauen in eine Person in seinem Alter ist vielleicht auch nicht mehr so gegeben. Das spiegelt sich in Aussagen und Handlungen wider, die bestimmte Zielgruppen vergraulen. Ich denke da vor allem an die sogenannte "Digital Generation".

Wie ist denn die Formel 1 im Wettbewerb um Fans aufgestellt?

Stegelmann: Ich sehe da sehr deutliche Defizite. Wir alle wissen, welche Veränderungen die digitalen Medien in den letzten zehn Jahren mit sich gebracht haben. Die Formel 1 ist diesen Schritt nicht mitgegangen. Im Gegenteil: Nach Aussagen von Ecclestone hat man sich nicht um diese Zielgruppe gekümmert, weil sie als Einnahmequelle kaum wahrzunehmen sei. Es nutzen aber längst nicht mehr nur die 14- bis 29-Jährigen die Vorzüge der digitalen Welt, sondern zunehmend auch die Altersgruppen darüber. Insofern waren diese Aussagen und Handlungen von Ecclestone sicher nicht zielführend.

Welche Wirkung haben die anhaltenden Diskussionen um Krisensymptome und häufige Regeländerungen auf die Marke?

Stegelmann: Wenn sich die Diskussion vom sportlichen Wettbewerb entfernt, dann kann man sagen, dass ein Schatten auf der Formel 1 liegt. Deshalb gibt es schon eine abwartende Haltung gegenüber der Formel 1. Der Markt für dieses Produkt ist dennoch weiter gegeben. Es gibt nicht so viele dieser weltumspannenden Produkte. Aber die Zahlen sprechen eine klare Sprache. In Deutschland nimmt das Interesse bei den 16- bis 29-Jährigen ab, bei den 30- bis 49-Jährigen hält es sich noch auf einem Level. Die durchschnittliche Sehbeteiligung hat sich in Deutschland reduziert. Das spricht für sich.

Was muss die Formel 1 an ihrer Strategie ändern?

Stegelmann: Die Formel 1 benötigt neue, transparentere Konzepte. Und sie sollte sich viel mehr aus dem Instrumentenkasten der digitalen Welt bedienen. Andere Sport- und Entertainmentprodukte machen es vor und bieten über die sozialen Medien einen stärkeren interaktiven Austausch mit den Fans. Das erhöht die Popularität und steigert die emotionale Bindung zur Marke.

Inwiefern ist es dabei ein Problem, dass sich die Formel 1 zunehmend aus Kernmarkt Europa zurückzieht und es in diesem Jahr zum Beispiel nicht einmal einen Grand Prix in Deutschland gibt?

Stegelmann: Die Formel 1 verliert dadurch an Glaubwürdigkeit. Deutschland ist weiter eine führende Nation in der Automobilbranche. Wenn in so einem Mutterland des Motorsports kein Rennen stattfindet, hat das auch eine Wirkung auf eine globale Rennserie. So sehen das auch die Sponsoren. Wenn diese ihre Märkte nicht in dem Maße erreichen, wie sie es möchten, werden sie sich nach anderen Plattformen umschauen.

ZUR PERSON: Lars Stegelmann ist Executive Vice President Commercial Operations bei Repucom in Köln, einem weltweit agierenden Forschungs- und Beratungsunternehmen im Sport- und Entertainmentbusiness. Der Vermarktungsexperte ist diplomierter Betriebswirt und Sozialökonom.

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