Ende einer Skandal-Saison: NFL in der Image-Krise

Phoenix · Das schillernde Super-Bowl-Spektakel von Phoenix kann über die schwere Image-Krise der National Football League nicht hinwegtäuschen. Am Ende einer Spielzeit voller Skandale hat die Lieblingsliga der Amerikaner eigentlich keinen Grund für Jubel, Schampus und Konfetti.

 NFL-Commissioner Roger Goodell hat während der Saison nicht immer einen glänzenden Eindruck hinterlassen. Foto: Larry W. Smith

NFL-Commissioner Roger Goodell hat während der Saison nicht immer einen glänzenden Eindruck hinterlassen. Foto: Larry W. Smith

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"Ein hartes Jahr" bilanzierte der sichtlich angeschlagene NFL-Commissioner Roger Goodell vor dem großen Endspiel zwischen den New England Patriots um den Deutschen Sebastian Vollmer und Titelverteidiger Seattle Seahakws.

"Probleme über Probleme - die NFL versagt mit ihrem Krisen-Management schwer", urteilte die "USA Today" kurz vor dem Finale auf ihrer ersten Sportseite und stellte ein großes Foto dazu, das einen explodierenden Football zeigt. Die auflagenstarke Zeitung bezeichnete die Außendarstellung der Liga als "Alptraum".

Wer Goodells Bilanz-Pressekonferenz zum Thema "Zustand der NFL" in Phoenix verfolgte, musste unweigerlich zu dem Schluss kommen, dass sich die Liga tief in der Bredouille befindet. Die verzweifelten Worte des NFL-Bosses waren ein Abbild einer NFL-Saison voller Lügen, Verschleierungen und Unglaubwürdigkeit.

"Wenn ich die NFL wäre, würde ich mein gesamtes PR-System erneuern", betonte der ehemalige US-Präsidentschafts-Kandidat John McCain. Vor allem häusliche Gewalt ist ein schweres Problem für die NFL, in Ray Rice und Adrian Peterson stehen zwei Stars deswegen am Pranger. Hinzu kamen immer wieder Doping-Verstöße, Drogen-Missbrauch und nun auch noch eine Manipulations-Affäre um die Luftnummer im Halbfinale zwischen New England und den Indianapolis Colts. Elf der zwölf Patriots-Bälle waren in der ersten Halbzeit nicht hart genug aufgepumpt. Der Begriff "Deflate Gate" ist seitdem allgegenwärtig. Die Liga setzte eine monatelange Untersuchung an - Ergebnis offen.

NFL-Chef Goodell wird die Negativ-Schlagzeilen einfach nicht los. Der 55 Jahre alte New Yorker ist zwar bei den 32 NFL-Teambesitzern immer noch hoch angesehen, weil die Liga weiterhin das am meisten boomende Sport-Business der Welt ist. In der Öffentlichkeit hingegen hat Goodell vor allem durch sein Handeln im Fall von Rice viel an Vertrauen verspielt.

Der ehemalige Runningback der Baltimore Ravens hatte seine damalige Verlobte in einem Fahrstuhl k.o. geschlagen. Goodell hielt als Strafe für den Täter eine Sperre von lediglich zwei Spielen für angebracht. Runningback Josh Gordon von den Cleveland Browns indes wurde für das wiederholte Rauchen von Marihuana zunächst für die gesamte Saison ausgeschlossen.

Goodell revidierte seine Entscheidung erst, als das Fahrstuhl-Video öffentlich wurde, die öffentliche Empörung unüberhörbar war und Sponsoren mit Konsequenzen drohten. Rice wurde auf unbestimmte Zeit vom Spielbetrieb ausgeschlossen. Er habe keine Ahnung über die Schwere der Tat gehabt, verteidigte sich Goodell - und wirkte dabei wenig glaubhaft.

Für den Super Bowl hatte sich die NFL einen der begehrten Werbeplätze für einen eigenen Clip gesichert. Der einminütige Spot bittet um Hilfe dabei, häusliche Gewalt und sexuelle Übergriffe zu beenden. Schon die nun beginnende Saisonpause wird den Wert dieser Appelle zeigen. Die Profis haben nun erst einmal viel Freizeit. Für gewöhnlich ist dies die Zeit mit den meisten Kriminal-Delikten.

Rice beispielsweise hatte seine Verlobte im Februar bewusstlos geprügelt. Peterson züchtigte seinen vierjährigen Sohn im Mai so stark mit Zweigen, dass dieser an Rücken, Beinen und sogar den Hoden sichtbare Spuren aufwies.

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