Michael Schumacher wurde verlegt Ein kleiner Schritt auf einem langen Weg

PARIS/LAUSANNE · Mehr als fünf Monate nach seinem schweren Skiunfall verlässt Michael Schumacher Grenoble. Er wird nun in der Universitätsklinik in Lausanne weite behandelt. Mediziner warnen davor, auf eine schnelle Genesung der Rennsport-Ikone zu hoffen.

 Michael Schumacher hat das CHU Grenoble verlassen und wurde nach Lausanne verlegt.

Michael Schumacher hat das CHU Grenoble verlassen und wurde nach Lausanne verlegt.

Foto: Dpa

Es ist nur eine kurze Mitteilung in nüchternem Stil - aber mit gewaltiger Wirkung. "Michael hat das CHU Grenoble verlassen, um seine lange Phase der Rehabilitation fortzusetzen", heißt es in der Mitteilung, die Michael Schumachers Managerin Sabine Kehm am Montag veröffentlichen ließ. "Er ist nicht mehr im Koma."

Wie es dem 45-Jährigen wirklich geht, wurde nicht bekannt, wohl aber sein neuer Aufenthaltsort: Er wurde nach Lausanne in die Universitätsklinik verlegt, wie das Krankenhaus bestätigt hat. "Seine Familie ist bei ihm", erklärte Kliniksprecher Darcy Christen gegenüber der Presse. Es gebe einen speziell eingerichteten Raum für den siebenfachen Formel-1-Weltmeister, um seine Privatsphäre zu wahren.

Seit fast einem halben Jahr bangten seine Familie und Freunde, aber auch Anhänger des erfolgreichsten deutschen Formel-1-Piloten um ihr Idol. Am 29. Dezember 2013 hatte sich Schumacher bei einem Skiunfall in Méribel in den französischen Alpen, wo er ein Chalet besitzt, ein schweres Schädel-Hirn-Trauma zugezogen.

Während einer Tour in Begleitung von Freunden und seinem 14-jährigen Sohn befand sich der geübte Skifahrer 4,5 Meter außerhalb der markierten Pisten, als er stürzte und mit dem Kopf auf einen Felsen prallte. Sein Skihelm zerbrach durch die Härte des Aufschlags.

In der Uniklinik im ostfranzösischen Grenoble wurde er in ein künstliches Koma versetzt. Mindestens zweimal operierten ihn die Ärzte am Kopf. Die Staatsanwaltschaft von Albertville schloss nach der Auswertung unter anderem einer kurzen Aufnahme von Schumachers Helmkamera und der Überprüfung seines Materials, das als einwandfrei befunden wurde, Fremdverschulden aus.

Der Skiunfall des früheren Ausnahmesportlers aus Kerpen hatte weltweite Bestürzung ausgelöst. Prominente von Kanzlerin Angela Merkel bis zu Fußballstar Lukas Podolski sprachen ihm öffentlich ihre Genesungswünsche aus, Weggefährten wie Formel-1-Boss Bernie Ecclestone besuchten ihn im Krankenhaus, im Internet rissen die Botschaften nicht ab.

Doch das überwältigende Interesse an Schumachers Schicksal nahm auch bedrohliche Seiten an: Vor allem in den ersten Wochen belagerten Fans und Medien die Klinik in Grenoble massiv. Schließlich bat Schumachers Frau Corinna öffentlich um mehr Zurückhaltung, um die Ärzte in Ruhe arbeiten zu lassen. Gleichzeitig zeigte sie sich immer berührt von der Anteilnahme.

"Der Dank der Familie gilt auch all den Menschen, die Michael so viele gute Wünsche gesendet haben. Sie haben ihm sicher geholfen", heißt es auch in der Mitteilung. Doch auch wenn der jetzige Wechsel der Klinik euphorisch aufgenommen wird - kann er bereits als Durchbruch gelten?

Natürlich handele es sich um eine gute Nachricht, schreibt der frühere Formel-1-Chefmediziner Gary Hartstein in seinem Blog. Gleichzeitig bremst er verfrühte Hoffnungen, von ihr auf eine rasche Genesung schließen zu können. Er halte es für "fast sicher, dass Michael nicht einfach von der Intensivstation in die Reha verlegt wurde", ohne einen Übergang auf einer regulären Krankenstation.

Auch sage der Klinikwechsel noch nichts darüber aus, ob Schumacher eigenständig atmen könne. Tatsächlich befinde er sich nämlich schon seit Kehms Erklärung Anfang April, er habe "Momente des Bewusstseins und des Erwachens", nicht mehr im Koma. Die jetzige Mitteilung handle sich daher keineswegs um Neuigkeiten, schreibt Hartstein. Er sieht darin vielmehr eine "höchst zynische Verwendung von Sprache", der möglicherweise bewusst einen falschen Eindruck wiedergebe: Den eines echten Fortschritts. Die Hoffnung darauf freilich bleibt weiter lebendig.

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