Final-Four-Inflation - "Wahnsinn" beginnt mit DHB-Pokal

Leipzig · Erst der deutsche Pokal, dann der EHF-Cup und zum Schluss die Champions League: Mit der DHB-Pokalendrunde in Hamburg startet an diesem Wochenende die Final-Four-Saison der Handballer.

 Der HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann sieht die Flut an Final-Four-Turnieren in den kommenden Wochen kritisch. Foto: Marcus Brandt

Der HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann sieht die Flut an Final-Four-Turnieren in den kommenden Wochen kritisch. Foto: Marcus Brandt

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Angesichts von erstmals drei Turnieren in Deutschland zwischen Mitte April und Anfang Juni sprechen Kritiker von einer Final-Four-Inflation. "Dreimal der gleiche Name, dreimal fast die gleichen Teilnehmer - das ist eine inflationäre Entwicklung", monierte Frank Bohmann, Geschäftsführer des Ligaverbandes HBL, und schob nach: "Ich halte es für die falsche Maßnahme, innerhalb von sechs Wochen drei solche Turniere hier zu haben. Das ist ein Wahnsinn."

Die HBL ist besorgt um ihr Premium-Produkt. Das vom Fachmagazin "Handballwoche" als "Die Mutter aller Final4" bezeichnete Turnier gibt es seit 1993. In diesem Jahr spielen am Samstag in den Halbfinals die SG Flensburg-Handewitt gegen die Rhein-Neckar Löwen sowie die Füchse Berlin gegen MT Melsungen. Im Endspiel am Sonntag wird der Nachfolger des früh gescheiterten Vorjahressiegers THW Kiel ausgespielt.

Am 17. und 18. Mai folgt dann in Berlin die Deutschland-Premiere für das finale Turnier um den EHF-Pokal, für den sich Gastgeber Füchse beworben und bereits qualifiziert hat. Und als Abschluss findet am 31. Mai und 1. Juni das Endrundenturnier der Champions League wie seit 2010 in Köln statt. Im Gegensatz zur Bundesliga kann die Europäische Handball-Föderation (EHF) an der Abfolge und den insgesamt drei Events nichts Kritisches finden. "Wir sind der Meinung, dass Deutschland ein super Handball-Markt ist und die Events sicher vertragen kann", sagte Geschäftsführer Michael Wiederer.

Aus seiner Sicht ergänzen sich die Turniere in Berlin und Köln in idealer Weise. "Die Events machen Appetit aufeinander. Und wir sind optimistisch, was die Zuschauer und die Vermarktung angeht", sagte Wiederer. Allerdings hat selbst Bundestrainer Martin Heuberger eine differenzierte Meinung zur Endrunden-Flut. "Es ist gut für den internationalen Handball", befand er einerseits. "Da greift man sich in Deutschland gegenseitig die Zuschauer ab", urteilte er andererseits und wünschte sich wegen der internationalen Verantwortung von der EHF: "Die sollten solche Turniere verteilen."

Insbesondere Berlin ist in die Zuschauer-Falle geraten. Erstmals spielen die Füchse bei der DHB-Pokalendrunde, konnten aber ihre Anhänger nur begrenzt dafür mobilisieren. Mehr als die Hälfte seiner 1000 Eintrittskarten hat der Club wieder zurückgegeben. "Dadurch, dass wir vier Wochen später unser Turnier in Berlin haben und dort die Karten zwischen 50 und 200 Euro kosten, überrascht mich das nicht", sagte Füchse-Manager Bob Hanning.

Er hält das dritte Endrundenturnier nicht für zu viel. "Ich hätte es ja verhindern können", erklärte er und fügte an: "Ich bin mit der Vermarktung für mein Turnier fast durch." Das Kölner Champions-League-Ereignis hält Hanning für einen Gewinn: "Wenn das größte Turnier nach Deutschland kommt, kann man sich auch freuen. Wir sind ein guter Markt und müssen uns dem Wettbewerb stellen."

Ausgerechnet zum Jubiläum 20 Jahre Hamburg muss der DHB-Pokal um seine Position wie lange nicht kämpfen. Wegen des nicht ausgeschöpften Füchse-Kontingents an Karten ist die Veranstaltung (noch) nicht ausverkauft. Und erstmals seit 2005 hat das Turnier keinen Titelsponsor mehr, nachdem die Lufthansa Ende Oktober vorigen Jahres ihren sofortigen Ausstieg verkündet hatte. Für Bohmann ist die Flut an Final-Four-Turnieren ein Grund, warum noch kein neuer Namensgeber gefunden wurde, wenngleich er auch den Titel nicht zum Schleuderpreis abgeben wollte. "Die Marke verwässert natürlich. Aber wir sind auch sehr preistreu in den Markt gegangen", sagte der HBL-Geschäftsführer.

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