Klitschko: Seit zehn Jahren nicht mehr verloren

Going · Der 10. April 2004 hat die Karriere von Wladimir Klitschko schlagartig verändert. Exakt zehn Jahre ist es her, dass er am Boden lag, nicht nur im Wortsinn.

 Wladimir Klitschko beim Sparring im österreichischen in Going. Foto: Johann Groder

Wladimir Klitschko beim Sparring im österreichischen in Going. Foto: Johann Groder

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Heute bereitet sich der Dreifach-Boxweltmeister im Schwergewicht in der Abgeschiedenheit der Bergwelt am Wilden Kaiser in Tirol auf seine Titelverteidigung am 26. April in Oberhausen gegen den Australier Alex Leapai vor. Der 38-Jährige weiß, dass sein Leben anders verlaufen wäre, wenn er nicht die richtigen Konsequenzen gezogen hätte aus dem 10. April 2004.

In Las Vegas hatte der Ukrainer im Kampf um den vakanten WM-Titel der WBO gegen den US-Amerikaner Lamon Brewster durch Aufgabe verloren. Die Umstände dieser Niederlage sind bis heute ein Mysterium. Nachdem er die ersten vier Runden dominiert hatte und auf allen Punktzetteln vorne lag, brach der Zweimeter-Hüne in Runde fünf konditionell völlig ein. Nur gestützt von Ringrichter Robert Byrd konnte er seine Ecke erreichen. Dort sackte er auf dem Stuhl zusammen und wurde völlig zu Recht aus dem Kampf genommen. Wildeste Verschwörungstheorien machten die Runde, von einer Vergiftung über eine Diabeteserkrankung und Hirnschäden bis zu Dopingvorwürfen reichte die Bandbreite der Unterstellungen. Bewiesen wurde nichts.

"Auch wenn ich bis heute über die Ursache rätsele und mir so etwas weder davor noch danach passiert ist, muss ich sagen, dass ich Lamon Brewster sehr dankbar bin. Wenn ich die Chance hätte, mein Leben zurückzuspulen und diese Niederlage auszuradieren, ich würde es nicht tun", sagt Klitschko heute. Nach der Pleite stand er vor dem Aus, sein Bruder Vitali riet zum Aufhören. Auch der im Oktober 2012 verstorbene Trainer Emanuel Steward, der die Betreuung erst kurz vor dem Kampf übernommen hatte, schien ratlos. Doch Wladimir Klitschko machte weiter, weil er spürte, dass sein Wille ungebrochen war.

Seitdem hat er nie wieder verloren, er ist durch den Absturz zu dem geworden, was er heute ist: einer der Größten, den sein Sport hervorgebracht hat. "Noch heute ist es Teil meiner Motivation, es den Kritikern von damals heimzuzahlen. Die Niederlage hat meinen Charakter geschliffen", sagt er.

Auch von Leapai will sich "Doktor Stahlhammer", der von 64 Profikämpfen 61 gewonnen hat, nicht aufhalten lassen. Mit neun Sparringspartnern bereitet sich Klitschko in der Tennishalle des Fünfsternehotels "Stanglwirt" in Going vor. Dass seine Arbeit unter dem Eindruck der Geschehnisse in seiner ukrainischen Heimat steht, wo sein Bruder als Anführer der Oppositionspartei Udar seit Monaten für Freiheit, Demokratie und den Anschluss an Europa kämpft, will er nicht verhehlen. "Ich kann nicht leugnen, dass ich nur mit dem Körper bei der Vorbereitung bin, mit dem Kopf aber in der Ukraine", sagt er.

Den Kampf gegen Leapai will er dem ukrainischen Volk widmen. "Als Weltmeister bin ich ein Botschafter der Ukraine. Meine Bühne ist der Ring. Ich glaube fest an die Worte Nelson Mandelas, dass der Sport die Kraft hat, die Welt zum Positiven zu verändern", betont er. Klitschko bangt, dass sein Bruder die Zusage einhalten kann, auch diesmal zu seinem Kampf zu kommen. "Wenn es die politische Lage zulässt, wird er da sein."

Auch im Training lassen ihn die Gedanken an Vitali nicht los. "Ich mache mir zwar Sorgen um ihn, habe aber keine Angst. Ich war viele Male in Kiew, habe die Kämpfe und die Demonstrationen erlebt, und ich hätte alles genauso gemacht wie Vitali", sagt er und bekennt: "Ich kämpfe jetzt, da er nicht mehr boxt, für uns beide."

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