Radsport Schwere Zeiten für Giant-Alpecin - "Drei Monate ruiniert"

Doha · Elf Fahrer, darunter auch der lange verletzte Kapitän Degenkolb, stehen dem deutschen Rad-Team Giant-Alpecin derzeit nicht zur Verfügung. Das verbliebene Rumpf-Team kämpft sich mühselig über die Straßen.

 Kleine Freuden, wie dass Neuprofi Sören Kragh Andersen in Katar bester Jungprofi wurde, halten die Stimmung bei Giant Alpecin aufrecht.

Kleine Freuden, wie dass Neuprofi Sören Kragh Andersen in Katar bester Jungprofi wurde, halten die Stimmung bei Giant Alpecin aufrecht.

Foto: Sebastien Nogier

Einen guten Monat ist es gerade einmal her, als die Radprofis des deutschen Giant-Alpecin-Teams bei der Präsentation in der italienischen Botschaft in Berlin auf die Reise ins Jahr 2016 geschickt wurden.

Große Ziele und strahlende Gesichter bestimmten das Bild. Viel übrig geblieben ist davon nicht mehr. Bei der Katar-Rundfahrt ist dies augenscheinlich. Mit einem Mini-Aufgebot von fünf Fahrern kämpft sich die Mannschaft über die Wüstenstraßen, konkurrenzfähig ist das Team so natürlich nicht.

Von nominell 27 Radprofis stehen dem Management derzeit nur 16 zur Verfügung. Neben den sechs bei dem Horrorunfall in Spanien verletzten Fahrern, darunter auch Kapitän John Degenkolb, kurieren drei weitere Profis Verletzungen aus und zwei andere haben ohnehin einen späteren Saisoneinstieg. "Mit dem Fehlen von John sind drei Monate unserer Saison ruiniert", sagt Kollege Johannes Fröhlinger.

Eigentlich sollte sich Degenkolb in Katar für die Frühjahrsklassiker einfahren. Stattdessen kuriert er in der Heimat seine schweren Verletzungen nach dem schlimmen Unfall in Spanien aus, als eine Britin mit ihrem Auto quasi die gesamte Trainingsgruppe von der Landstraße abgeräumt hatte. "Wir haben uns den gesamten Winter auf die Klassiker vorbereitet, um für John hart zu arbeiten", klagt der Sportliche Leiter Marc Reef.

Degenkolb wird das Frühjahr ausfallen, eine Wiederholung der Vorjahressiege bei den Monumenten Mailand - Sanremo und Paris - Roubaix ist quasi unmöglich. So sind es aktuell die kleinen Freuden, mit denen sich das Team zufrieden geben muss. Wie etwa die Tatsache, dass der dänische Neuprofi Sören Kragh Andersen in Katar bester Jungprofi ist.

Angesichts der Misere erscheint es umso mehr als ein Fehler, dass der Rennstall zum Ende des vergangenen Jahres Sprintstar Marcel Kittel nach einigen Misstönen trotz laufenden Vertrages ziehen ließ. "Er ist ein Sieggarant, wenn er in Form ist, aber das war er fast das gesamte letzte Jahr nicht", meint Fröhlinger.

Nach seinem Wechsel zum Tony-Martin-Team Etixx scheint Kittel aber wieder aufzublühen, wie er bei der Dubai-Tour mit zwei Tagessiegen und dem Gesamterfolg bewies. Reef schaut neidlos auf das prächtige Comeback seines Ex-Fahrers. Dass die Schuld an Kittels Seuchensaison 2015 komplett beim Team liege, weist er aber von sich. "Wenn etwas nicht gut läuft, liegt es niemals nur an einer Seite", meint der Niederländer. Und manchmal sei ein Wechsel des Umfelds auch für einen Fahrer gut. "Das bringt neue Motivation - und es ist großartig zu sehen, dass es bei Marcel jetzt so gut läuft."

Für Giant-Alpecin ist das nächste größere Ziel nun die Fernfahrt Paris-Nizza mit dem neuen Rundfahrtspezialisten Tom Dumoulin. Der Niederländer geht ebenfalls als Kapitän mit Podiumshoffnungen in den Giro d'Italia. Und spätestens bei der Tour sollen Rundfahrttalent Warren Barguil und Sprinter Degenkolb wieder vorn mitmischen. Degenkolb muss sich dann die Sprintankünfte auch nicht mehr mit einem Co-Kapitän Kittel teilen. Er muss ihn dann freilich besiegen. "Doch erst einmal sollen alle Fahrer gesund werden", sagt Reef. Wie schwer das ist, musste er auch in Katar feststellen. Von seinem Quintett waren nur zwei Akteure nicht in Stürze verwickelt.

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