Marathon in Monza Hatz nach dem Heiligen Lauf-Gral

Hamburg/Monza · An diesem Wochenende soll der erste Mensch in der Geschichte einen Marathon unter zwei Stunden laufen. Das Projekt wird generalstabsmäßig geplant, Schauplatz ist die Formel-1-Strecke in Monza.

Die Hatz nach dem Heiligen Lauf-Gral beginnt, die Formel-1-Rennbahn in Monza liegt bereit, drei Weltklasse-Läufer wollen Geschichte schreiben: An diesem Wochenende soll der erste Mensch einen Marathon unter zwei Stunden laufen. Der Angriff auf die Schallmauer über die klassischen 42,195 Kilometer wird bis ins kleinste Detail geplant.

"Ich glaube nicht, dass das verrückt ist", sagte Olympiasieger Eliud Kipchoge der Nachrichtenagentur AFP über das Mammut-Projekt: "Ich will der erste Mensch sein, der unter zwei Stunden läuft." Nach einem aufwendigen Casting ist der Kenianer einer der drei Auserwählten, die die Leichtathletik-Welt aus den Angeln heben soll. Neben Kipchoge versuchen noch Halbmarathon-Weltrekordler Zersenay Tadese (Eritrea) und Lelisa Desisa aus Äthiopien in den nächsten Tagen in Norditalien, das scheinbar Unmögliche möglich zu machen.

Ein Gewinner des millionenschweren Projektes steht jetzt schon fest: Nike. Der Sportartikelriese zieht sein Vorhaben generalstabsmäßig auf, die "Breaking2" getaufte Kampagne wird nicht nur in der Szene heiß diskutiert und ist eine große PR-Show. Für die Macher bietet das Vorhaben, den bestehenden Weltrekord des Kenianers Dennis Kimetto von 2:02:57 Stunden (2014 in Berlin) zu pulverisieren, "eine Möglichkeit herauszufinden, ob das Unmögliche erreichbar ist".

Aber Skepsis ist durchaus angebracht. Die Zeit von Kimetto, der pikanterweise bei adidas unter Vertrag steht, müssen Kipchoge, Tadese und Desisa um 178 Sekunden (4,23 Sekunden pro km) verbessern, dafür müssen sie jeden der 42,195 Kilometer in 2:50,5 Minuten laufen - ein absurd hohes Tempo. Doch Kipchoge, der aus dem Trio im Moment am stärksten in Form zu sein scheint, zeigt sich demonstrativ zuversichtlich, die mythische Barriere zu durchbrechen. "Ich denke, es ist möglich", sagte der 32-Jährige, der die Vorstellung aushebeln will, "dass der Mensch Grenzen hat".

Schauplatz des "Mondflug-Projekts" wird die extrem flache Hochgeschwindigkeits-Rennstrecke von Monza, ein Experten-Team aus Wissenschaftlern verschiedener Bereiche (u.a. Biomechanik, Materialentwicklung, Ernährung, Sportpsychologie und -physiologie) arbeitet seit Monaten an der Umsetzung. Nike setzt alles daran, Kipchoge, Tadese und Desisa nahezu Labor-Bedingungen zu ermöglichen.

"Der Rundkurs gibt uns die Möglichkeit, ganz genau zu analysieren, was im Rennen passiert, und darauf zu reagieren", sagte Projektleiter Brad Wilkins nach einem Testlauf. Wann genau die 17,5 Runden in Angriff genommen werden, soll abhängig vom Wetter spontan entschieden werden.

Fest steht aber, dass das Trio von 18 Tempomachern aufgeteilt in sechs Dreier-Gruppen - unterstützt wird. Diese werden immer wieder ausgetauscht, Getränke sollen mit Motorrädern zu den Athleten gefahren werden. Das sind nur zwei Gründe, weshalb ein möglicher neuer Weltrekord durch den Weltverband IAAF auch keine offizielle Anerkennung erfahren würde. Außerdem steht noch nicht fest, ob der für das Projekt neu entwickelte und extrem leichte Schuh inklusive einer Karbonplatte für besseren Vortrieb den Regeln der IAAF entspricht.

Der Weltrekord ist Kipchoge egal, er will den Heiligen Lauf-Gral. "Ich werde konstant schnell rennen, immer dasselbe Tempo. Aber ich schau nicht, wie lange ich es aushalten kann, sondern ich schaffe es! Bis ins Ziel. Ich bin zu 100 Prozent überzeugt", sagte er dem Lauf-Magazin Spiridon. (sid)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Berechtigte Ausgrenzung
Kein Platz für Müller im DFB-Team Berechtigte Ausgrenzung
Aus dem Ressort