Eishockey-WM Ein Sturm zieht auf

Köln · Am Freitag beginnt die Eishockey-Weltmeisterschaft in Köln und Paris. Deutschland setzt dabei auf die Strahlkraft des Bundestrainers Marco Sturm. Das Ziel der DEB-Auswahl ist das Viertelfinale.

 Der Lehrmeister: Bundestrainer Marco Sturm an der Taktiktafel.

Der Lehrmeister: Bundestrainer Marco Sturm an der Taktiktafel.

Foto: dpa

Als Marco Sturm am letzten freien Tag vor der Eishockey-WM zur Tat schreiten musste, zeigte der Cheftrainer der deutschen Nationalmannschaft sein ganzes Können. Mit Fingerspitzengefühl, aber ohne Rücksicht auf persönliche Befindlichkeiten benannte der 38-Jährige seinen vorläufigen Kader für das am kommenden Freitag in Köln und Paris startende Spektakel. Verteidiger Pascal Zerressen von den Kölner Haien und Stürmer Brent Raedeke von den Adler Mannheim mussten als überzählige Spieler ihre Koffer packen, nachdem sie die komplette Vorbereitung bestritten hatten.

„So kurz vor dem WM-Turnier den Spielern mitzuteilen, dass sie nicht mehr dabei sind, ist besonders hart, aber auch Aufgabe des Bundestrainers“, kommentierte Sturm seine unbequeme Maßnahme, die im Verlauf der WM nicht die letzte gewesen sein dürfte. Erst zwei Stunden vor dem Auftaktmatch gegen die USA (Freitag, 20.15 Uhr/Lanxess Arena) muss der Bundestrainer sein endgültiges Personal von 25 Spielern benennen. „Das Team hat in der Vorbereitung immer besser zusammengefunden. Dennoch halten wir uns weitere Optionen offen.“ Sturm möchte abwarten, um Leon Draisaitl von den Edmonton Oilers oder Stanley-Cup-Sieger Tom Kühnhackl von den Pittsburgh Penguins nach einem möglichen Aus ihrer Clubs in den NHL-Playoffs noch nachnominieren zu können. Das bedeutet, dass der Ex-NHL-Stürmer zwei Positionen seines Kaders offenhalten müsste.

Die Option des Nachnominierens allein zeigt die Strahlkraft Sturms, der mehr als 1000 NHL-Spiele absolviert hat und von den Nordamerikanern den Spitznamen „German Rocket“ mit auf den Weg bekam. Wenn der Bundestrainer ruft, dann kommen alle Spieler, wenn sie können – auch die Besten der von fast 100 Partien geschundenen NHL-Profis. Nachdem Vorgänger Pat Cortina vor der WM 2015 eine Flut von Absagen entgegennehmen musste, wollten 2016 unter Sturm alle deutschen Kufencracks dabei sein. Bei seiner Premiere erreichte Marco Sturm in Russland gleich das Viertelfinale, im September führte er sein Team dann in Lettland zu den Olympischen Spielen 2018.

Mit der Heim-WM folgt nun der erste große Höhepunkt: „Wir haben die ersten Bergetappen gemeistert, jetzt kommt die Gipfelbesteigung“, sagt der nach wie vor in Florida lebende Sturm. Gemeinsam mit Verbandspräsident Franz Reindl hat der gebürtige Dingolfinger die Nationalmannschaft mit professionellen Strukturen versehen und allen Kritikern, die ihm bei seiner überraschenden Berufung 2015 durch Reindl fehlende Trainererfahrung vorgeworfen hatten, den Wind aus den Segeln genommen.

Marco Sturm hat in Nordamerika gelernt, dass die Aufgabe eines Cheftrainers vor allem darin besteht, einen Trainerstab zu organisieren und zu führen. Mit dem ehemaligen Mannheimer Meistercoach und Co-Trainer der New Jersey Devils Geoff Ward, DEG-Co-Trainer Tobias Abstreiter, U 20-Coach Christian Künast und dem schwedischen Triple-Gold-Club-Mitglied Mikkael Samuelsson hat er ein Team von Profis installiert. Sturms Mittel, mit denen er den vierten Platz von 2010 wiederholen und vielleicht sogar toppen möchte, heißen Partizipation und permanenter Austausch.

Die Lokomotive und der Entscheidungsträger ist Marco Sturm. Ein Vorbild und Profi durch und durch, der seit 2001 nicht nur weiß, wie besonders es sich anfühlt, eine Heim-WM zu spielen, sondern sich auch als NHL-Star nicht dafür zu schade war, 2006 bei der B-WM in Amiens beim Wiederaufstieg zu helfen.

Das vorläufige WM-Aufgebot: Tor: Greiss (New York Islanders), Brückmann (Wolfsburg), aus den Birken (München); Verteidigung: Reul, Akdag (beide Mannheim), Krueger (Bern), Ehrhoff, Müller (beide Kölner Haie), Abeltshauser (München), Dennis Seidenberg (New York Islanders), Hördler (Berlin); Sturm: Rieder (Arizona), Macek, Seidenberg, Kahun (alle München), Kink, Plachta, Wolf (alle Mannheim), Patrick Reimer, Ehliz (beide Nürnberg), Fauser (Wolfsburg), Hager, Gogulla (beide Kölner Haie), Schütz (Rögle BK/Schweden), Frederik Tiffels (Western Michigan University/USA).

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