Nach Trennung von 49ers Colin Kaepernick: Vom Super-Bowl-Starter zum Arbeitslosen

Mit Protesten gegen Rassismus während der Nationalhymne macht Football-Ass Colin Kaepernick in der NFL auf sich aufmerksam. Nun hat der Quarterback keinen Job mehr - und das wohl nicht hauptsächlich wegen schlechter sportlicher Leistungen.

San Francisco (dpa) – Gerade einmal vier Jahre ist es her, dass Quarterback Colin Kaepernick die San Francisco 49ers in den Super Bowl führte.

Zwar unterlag er mit seiner Mannschaft im Endspiel der US-Profiliga NFL gegen die Baltimore Ravens mit 31:34, doch der damals 25-Jährige blickte auf eine rosige Zukunft im American Football, der beliebtesten Sportart in den USA.

Dann kam der 26. August 2016. Beim Vorbereitungsspiel gegen die Green Bay Packers blieb Kaepernick während der US-Nationalhymne auf der Spielerbank sitzen – ein Affront im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Er protestierte damit gegen die seiner Meinung nach ungerechte Behandlung farbiger Bürger in den USA.

"Ich stehe nicht auf, um Stolz für die Flagge eines Landes zu zeigen, das schwarze und farbige Menschen unterdrückt", erklärte Kaepernick seine Entscheidung im vergangenen Jahr. "Für mich ist das wichtiger als Football, und es wäre egoistisch von mir, einfach wegzusehen."

Hintergrund waren Fälle von dokumentierter Polizeigewalt, vor allem gegenüber Afroamerikanern. Kaepernick, dessen leiblicher Vater Afroamerikaner ist, zog seinen Protest über die gesamte vergangene Spielzeit durch und kniete vor jedem Spiel während der Nationalhymne am Seitenrand. Spieler in anderen NFL-Mannschaften sowie in anderen Sportarten folgten Kaepernicks Vorbild. So wurde aus dem Protest eine regelrechte Bewegung.

Als vor mehr als einer Woche die ersten NFL-Vorbereitungsspiele für die kommende Saison angepfiffen wurden, war der mittlerweile 29-Jährige nicht dabei. Nachdem eine Verlängerung seines noch ein Jahr gültigen Vertrags gescheitert war, trennte sich Kaepernick von San Francisco. Nach Berichten mehrerer US-Medien sind seine sozialkritischen Äußerungen Schuld daran, dass er keinen neuen Club fand. Offiziell gibt dies natürlich keine der 32 NFL-Mannschaften zu. Ein anderer Grund ist jedoch schwer vorstellbar.

Zwar fehlt Kapernick im Moment die Spielpraxis, um eventuell als Stammspieler bei einem Team anzuheuern, seine Erfolge und statistischen Werte im Trikot der 49ers sind jedoch deutlich über dem Niveau der Ersatzspieler und zahlreicher Starter in der Liga.

Sogar einer seiner härtesten Widersacher auf dem Spielfeld, Verteidiger Richard Sherman von den Seattle Seahawks, pflichtete dem bei. "Er ist vielleicht nicht der Beste, aber er ist besser als viele der Kerle, die einen Stammplatz haben", erklärte Sherman gegenüber der Tageszeitung "USA Today". In der NFL spielen verurteilte Gewalttäter, viele Akteure erhalten eine zweite Chance, solange sie einer Mannschaft zum Sieg verhelfen können – die Ausnahme heißt in diesem Fall Colin Kaepernick.

Unterstützung erhält Kaepernick von Super-Bowl-Sieger Marshawn Lynch, der für die Oakland Raiders spielt und zuletzt ebenfalls bei der Hymne sitzen blieb. "Mir ist es lieber ihn knien zu sehen, als dass er steht, seine Hände hochnimmt und umgebracht wird", sagte Lynch im vergangenen Jahr zu Kaepernicks Protest. "Wenn du wirklich kein Rassist bist, dann wirst du das, was er macht, nicht als Gefahr für Amerika empfinden, sondern als Versuch ein Problem, das wir haben, anzusprechen."

NFL-Boss Roger Goodell warb zuletzt für Verständnis für die Proteste - ohne sich dabei allerdings klar auf Kaepernicks Seite zu stellen. "Wir müssen verstehen, dass es Menschen gibt, die andere Ansichten haben", sagte Goodell. "Die Nationalhymne ist für mich eine spezielle Sache. Es ist ein Moment des Stolzes", meinte er. "Aber wir müssen auch die andere Seite verstehen. Dass die Menschen Rechte haben, die wir akzeptieren wollen."

Ob diese Aussagen dazu führen, dass Kaepernick bald wieder einen Job in der NFL bekommt, ist fraglich. Viele Entscheidungsträger in der besten Football-Liga der Welt scheinen nach wie vor der Meinung zu sein: Die größte Plattform im Land sollte man nicht dazu nutzten, um auf Amerikas soziale Probleme hinzuweisen.

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