Viele Gemeinsamkeiten "CCCP" Prokop wie Sigurdsson ein Disziplin-Fanatiker

Leipzig · Christian Prokop und Dagur Sigurdsson haben als Analytiker und Taktiker viele Gemeinsamkeiten. Zudem können beide schlecht verlieren. Sie setzen auf Teamstärke statt auf Handball-Stars. Der Isländer macht sich um seine Bad Boys keine Sorgen.

 Christian Prokop (l) löst Dagur Sigurdsson (r) als Bundestrainer der deutschen Handball-Nationalmannschaft ab.

Christian Prokop (l) löst Dagur Sigurdsson (r) als Bundestrainer der deutschen Handball-Nationalmannschaft ab.

Foto: Hendrik Schmidt

"CCCP" soll jetzt auch auf internationalem Handball-Parkett eine Marke werden. Der doppeldeutige Aufdruck als Kurzfassung für Chefcoach Christian Prokop prangte bislang nur auf der Kapuzenjacke des Leipziger DHfK-Trainers.

Ein Geschenk seiner Geschäftsstelle zur Wahl zum Trainer des Jahres 2015/16. "Ich hatte schließlich Russisch in der Schule", sagte Prokop. CCCP steht in Anlehnung der kyrillischen Abkürzung für die einstige UdSSR.

War beim erfolgreichen Isländer Dagur Sigurdsson jahrelang die zerbeulte Taktiktafel eine Art Markenzeichen beim EM-Coup und bei Olympia-Bronze in Rio, so muss sich der 38-Jährige aus Köthen den weltweiten Ruf noch erarbeiten. Doch charakterlich sind sich beide ähnlich. "Sie können beide nur schwer verlieren, wollen jedes Spiel gewinnen", meinte DHB-Präsident Andreas Michelmann, der immerhin eine halbe Million Euro als Ablöse nach Leipzig überwies.

So kam es beim All Star Game zur kuriosen Situation, dass der neue Bundestrainer mit den Weltklasse-Bundesligaspielern um den französischen Weltmeister Kentin Mahé gegen die deutsche Nationalmannschaft mit 40:36 gewann. "Er passt zum Team, ich mache mir mit dem neuen Trainer keine Sorgen. Die Mannschaft ist intakt, da werden sie in den nächsten Jahren auch erfolgreich sein", sagte Sigurdsson, der auf das Spaßspiel bei seinem Abschied keine Lust hatte. "Ich mag solche Spiele nicht."

Er dachte schon an seine neue Aufgabe und meinte fast wehmütig: "Ich werde die Zeit vermissen, gerade bei den großen Spielen, wo ich nicht dabei bin." Er wird auch die Qualität vermissen. "Ich weiß, dass ich eine Mannschaft bekomme, die dieses Niveau nicht hat, nicht haben kann. Ich habe keine utopischen Träume, dass ich Japan in ein paar Jahren in die Weltspitze führen kann", sagte der Isländer.

Eine spätere Rückkehr nach Deutschland schließt er nicht aus, weil er dann im Alter von ungefähr 50 Jahren immer noch ein junger Trainer sei. "Mein Ziel ist momentan, dass Japan an einer WM teilnehmen kann und die Gruppe in Deutschland spielen würde. Das ist mein Traum, mit der japanischen Mannschaft vor deutschen Zuschauern zu spielen." Die Qualifikation dafür will er im Januar 2018 bei der Asienmeisterschaft schaffen.

Für Prokop beginnt der Ernst Mitte Juni bei der EM-Quali gegen die Schweiz und Portugal. Rückraumspieler Julius Kühn sieht "große Fußstapfen, in die er da treten wird. Ich denke aber, er wird es genauso gut können wie Dagur. Aber da sind auch wir als Mannschaft mitverantwortlich". Abwehrchef Finn Lemke sagte zum neuen Trainer nur: "Es kommen immer neue Leute mit neuen Ideen." Er wird Sigurdsson vermissen. "Er hat uns einfach was eingeimpft, so eine Mentalität, die sagt: gewinnen hilft immer, das macht vieles einfacher. Er hinterlässt eine große Lücke", sagte der Magdeburger.

Prokop selbst zollte seinem Vorgänger gehörig Respekt. "Er hinterlässt ein hervorragendes Konzept, eine hervorragende Breite an Spielern. Es sind aber viele Parallelen zwischen den Bad Boys und der DHfK zu finden." Er sei auch ein Trainer, der auf taktische Disziplin Wert legt, der eine emotionale Spielweise bevorzugt und der auf großen Teamzusammenhalt setzt. "Das sind alles Dinge, die fortgesetzt werden sollen", betonte Prokop.

Sigurdsson, der dem deutschen Handball in den zweieinhalb Jahren neues Leben eingehaucht hatte, gibt mit einer starken Abwehr und überragenden Torhütern "eine Garantie mit, eine gute Basis. Man muss über das kollektive Angriffsspiel kommen, und nicht auf ein oder zwei Spieler oder Superstars im Rückraum setzen", meinte er. Diese Philosophie praktizierte Prokop auch bei der SC DHfK.

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