Interview mit Boris Becker „Es geht nicht um Hautfarbe oder Religion“

Bonn · Die deutsche Tennis-Legende Boris Becker spricht im GA-Interview über den Sport-Oscar Laureus, die gesellschaftliche Verantwortung von Sportlern, den Hymnenskandal auf Hawaii und Alexander Zverev.

 Botschafter der Laureus-Stiftung: Boris Becker auf einem Archivbild mit Kindern einer Berliner Grundschule.

Botschafter der Laureus-Stiftung: Boris Becker auf einem Archivbild mit Kindern einer Berliner Grundschule.

Foto: picture alliance / dpa

Die Sportprominenz gibt sich in Monaco die Ehre: Der Laureus wird verliehen. Dieser „Sport-Oscar“ ist zum einen die kleine Statue, die an die Besten aus allen Sportarten vergeben wird. Aber er ist auch der Botschafter einer Stiftung, die Kinder in 40 Ländern weltweit fördert. Es ist der Brückenschlag zwischen den Aktiven und den Ehemaligen. So wie Boris Becker.

Die deutsche Tennis-Legende gehört zu den Laureus-Gründungsmitgliedern. In Monaco sprach er in einer Journalistenrunde über den Award, die gewachsene Verantwortung von Sportlern und über Alexander Zverev. Tanja Schneider zeichnete das Gespräch auf.

Der Laureus kommt zurück nach Monaco, an den Ort, an dem er im Jahr 2000 gegründet wurde. Es ist ein besonderer Ort für die Preisverleihung . . .

Boris Becker: Es ist schön, an die emotionale Heimat dieser Sportstiftung zurückzukehren. Bei einem Abendessen mit Prinz Albert von Monaco haben wir uns am Montag zurückerinnert an dieses Wochenende damals, als Nelson Mandela über die Kraft des Sports gesprochen hat. Es passt in die Zeit, in ein gewohntes, warmes und familiäres Umfeld zurückzukehren.

Becker: Da muss ich Besserung geloben, ich bin ja derzeit im Tennis sehr aktiv und viel unterwegs, sodass ich im vergangenen Jahr keine Projekte besuchen konnte. Aber ich habe in den 17 Jahren in der Laureus-Academy schon viele Stationen besucht; in Indien, New York, Durban und an vielen anderen Orten, und ich werde auch weiter versuchen, Kindern zu helfen und ihnen über den Sport eine Möglichkeit zu geben, ihre Lebenssituation zu verbessern.

Becker: Ich lebe mein Leben so, wie ich es für richtig halte. Die Liste populärer Deutscher in England ist ja eher kurz. Insofern ist es nicht schwer, nach ganz oben zu kommen. Claudia Schiffer vielleicht noch, aber dann . . . Deutschland ist meine Heimat, wenn sich das Bild dort wieder wandelt, dann tut es selbstverständlich gut, im eigenen Land respektiert zu werden.

Becker: Wir leben in bewegten Zeiten – ohne jetzt Personen oder Länder zu benennen. Es ist viel Überraschendes passiert, was wir über Jahrzehnte nicht für möglich gehalten hätten. Das beunruhigt mich. Wenn ich mich frage, wo wir in fünf Jahren stehen, kann ich das kaum beantworten. Ich habe Kinder von gemischter Hautfarbe. Die Anfeindungen gegen andere Hautfarben als die weiße treffen mich persönlich. Sport und Musik sind gerade dann wichtige Kommunikationsvehikel. Singen konnte ich nie besonders gut, aber in der Sportwelt fühle ich mich zu Hause und da habe ich eine Verantwortung. Die haben wir alle. Im Sport und beim Laureus. Wir dokumetieren: Es geht nicht um Hautfarbe oder Religion, sondern darum, ob jemand eine besondere Leistung bringt. Das ist eine wichtige Botschaft in der heutigen Zeit.

Becker: Das ist sicher nicht optimal, wenn man dann gleich spielen muss. Der US-Verband hat sich umgehend entschuldigt und natürlich versprochen, dass so etwas nicht mehr passiert. Aber im Grunde skizziert es ein bisschen die aktuelle Lage: Man muss heutzutage einfach mehr nachdenken – ob Amerikaner oder Europäer – und etwas sensibler sein. Das ist aber eine Aufgabenstellung für alle und jeden.

Becker: Das hat mir großen Spaß gemacht. Zum ersten Mal seit vielen Jahren auf Deutsch. Da hat sich mancher sicher gewundert: Er kanns's ja auch auf Deutsch, nicht nur auf Englisch. Dazu war das natürlich auch ein tolles Turnier, leicht zu kommentieren. Es gibt schon Gespräche mit Eurosport über eine Fortsetzung.

Becker: Der DTB spricht mit mir schon seit über 30 Jahren – ich war dort in verschiedenen Rollen und Funktionen tätig. Ich habe gerne für Deutschland gespielt, ich war Teamchef, hatte ein Nachwuchsteam und habe etwas dafür getan, dass es guten Tennis-Nachwuchs in Deutschland gibt. Es ist in den letzten Jahren etwas ruhiger geworden, aber es freut und ehrt mich, dass ich angesprochen wurde und Interesse besteht. Aber Genaueres kann ich jetzt nicht sagen.

Becker: Er macht große Fortschritte. Und es spricht für seine Klasse, dass er nach der bitteren Niederlage im Davis Cup gleich in der Woche danach ein Turnier gewinnt. Bei einem Grand-Slam-Turnier hat er bisher noch nicht die zweite Woche erreicht, aber man darf auch nicht vergessen, dass er erst 19 ist. Er hat ein gutes familiäres Umfeld, die Kombination mit seinem Bruder Mischa hilft ihm. Ich bin überzeugt, dass wir noch viel von beiden hören werden.

Becker: Erfahrungswerte. Ein Drittrundenmatch gegen Rafael Nadal in Melbourne kann man nicht trainieren. Das muss man einfach erleben und seine Schlüsse und Konsequenzen daraus ziehen. Bei Alexander läuft es gerade sehr gut. Das liegt, wie schon gesagt, vor allem auch an seinem guten Umfeld, das hilft ihm sehr. Vielleicht können wir auf einen neuen deutschen Superstar in der Tennis-Szene hoffen.

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