Auswechseln, bitte! Das G-A-Team testet Floorball

Bonn · Für das G-A-Team testet Britta Röös die Nischensportart Floorball bei den SSF Dragons Bonn. Dabei stehen die aktiven Spieler nur 30 Sekunden am Stück auf dem Feld – für das Teammitglied trotzdem eine Ausdauerprobe.

 Britta Röös versucht den Ball zu führen.

Britta Röös versucht den Ball zu führen.

Foto: Christine Siefer

Floorball ist ein wahrer Ausdauersport. Das merke ich bereits, als ich verzweifelt die Trainingshalle suche, wo die Damenmannschaft der SSF Dragons Bonn schon auf mich warten soll. 15 Minuten, ein Telefonat und einen Spaziergang durchs Grüne zu einer Sporthalle außerhalb des Schulgeländes des Heinrich-Hertz-Europakollegs später, sehe ich von Weitem Leute, die die Vereinslettern auf ihren Trikots stehen haben. Ausdauer beim Suchen habe ich also schon mal bewiesen, doch aufwärmen muss ich mich trotzdem noch.

Das erste Mal, als ich von der Nischensportart Floorball gehört habe, war bei der Wahl für das G-A-Team. Völlig unwissend starte ich also in das Training der Dragons und stoße bereits während der Kraftübungen an meine Grenzen. „Wir bereiten uns gerade auf die Deutsche Meisterschaft vor“, erklärt Trainer Daniel Mahnken. Ob er mich damit beruhigen oder motivieren möchte, weiß ich nicht, aber es zeigt Wirkung.

Dann folgt die Suche nach dem passenden Schläger für mich: Bei Rechts- und Linkshändern ist die Kelle, also der Plastikfuß am unteren Ende des Schafts, mit dem der Ball geführt wird, unterschiedlich gewölbt. Während der ersten Übung wechsle ich drei Mal den Schläger durch, bis der Letzte gut in der Hand liegt und ich den Ball zwar mehr schlecht als recht, aber immerhin ungefähr in die angestrebte Richtung schießen kann.

Denn: Beim Floorball geht es darum, Tore zu machen. Die Dragons spielen auf einem Großfeld, das die komplette Dreifachsporthalle ausfüllt. Darauf stehen pro Team fünf Spielerinnen plus Torhüterin. Auf den ersten Blick sieht das Spiel aus wie Hockey, und auch der synonymbenutzte Name „Unihockey“ lässt eine Verwandtschaft zu der Feld- sowie Hallensportart vermuten. Doch wie mir Mahnken erklärt, ist Floorball von den Regeln her viel näher am Eishockey – nur eben ohne Eis: „Der Name Unihockey kommt von Universalhockey. Es heißt, dass man früher eine Alternative gesucht habe, um auch im Sommer Eishockey trainieren zu können.“ Anstatt des Pucks wird beim Floorball jedoch mit einem sehr leichten und hohlen Ball mit Löchern gespielt.

Die Dragons bereiten sich auf die Bundesliga vor

„Man darf den Ball mit dem Fuß stoppen, ihn auf beiden Seiten der Kelle führen, aber der Schläger sollte nicht höher als das Knie genommen werden“, erklärt er weiter. Zusammen mit Stefan Wyzujak leitet Mahnken seit 2013 das Training der Dragons-Damen, die in diesem Jahr Deutscher Vizepokalsieger geworden sind und ab Sommer in der ersten Bundesliga spielen werden. Während Wyzujak mir noch Tipps gibt und einige Tricks erklärt, spielen sich die Mädels weiter ein und bauen die Tore auf. Für mich heißt es direkt mit aufs Spielfeld. Während des Spiels versuche ich mich ein bisschen an Karen Grünewald zu orientieren. Die 24-Jährige ist Kapitänin der Dragons, spielt seit neun Jahren Floorball und war sogar im Deutschlandkader der WM 2015. Nachdem der Ball zum ersten Pass geschlagen wurde, weiß ich nun auch, weshalb die Dragons so viel Wert auf Ausdauer- und Krafttraining legen. Blitzschnell schießen und passen sie sich den Ball zu, rennen von einer Feldhälfte in die andere – und ich mittendrin. Kurz zuvor hatte Grünewald mir noch erzählt, dass Floorball nichts für Lauffaule sei. Jetzt denke ich, dass das maßlos untertrieben war.

Doch so unbeholfen ich mich bei den ersten Trockenübungen mit Slalomführung und Torschuss gefühlt habe, so aktiv bringe ich mich in den Spielverlauf ein. Oder versuche es zumindest. Ab und zu gelingt es mir sogar, einen Schuss zu stoppen und den Ball an mich zu nehmen, um ihn dann direkt wieder zu verlieren oder unkontrolliert in Richtung Mit- oder auch Gegenspielerinnen zu schießen.

Nachdem ich gefühlt zwei Minuten auf dem Feld stehe und in dieser Zeit ununterbrochen von einer Ecke zu nächsten gerannt bin, lasse ich mich auswechseln. Meine Ausdauer ist eben nicht auf Sprint, sondern auf Langstrecke trainiert. Mit hochrotem Kopf und schnaufend wie eine alte Dampflok stehe ich neben Mahnken, der mir mit einem Grinsen im Gesicht erklärt, dass die Spielerinnen sich regulär nach 30 Sekunden auswechseln lassen. Na toll, denke ich, das hätte ich gerne früher gewusst.

„Bei Floorball geht es vor allem um Schnelligkeit. Das finde ich cool, deshalb bin ich damals vom Fußball hierher gewechselt. Es wird alles dafür getan, dass das Spiel schnell bleibt“, erzählt er. Mahnken hat früher selbst in der zweiten Bundesliga gespielt und sich dann entschlossen, in Bonn das Training der Damen zu übernehmen. Derzeit zählen die SSF Dragons Bonn 250 Spieler, die Jüngsten sind gerade mal vier Jahre alt. „Jeder kann bei uns mitmachen, aber natürlich ist es besser, wenn man früh anfängt“, erklärt Wyzujak. Im jungen Alter bin ich mit meinen 21 Jahren zwar nicht mehr, mitmachen funktioniert aber trotzdem gut. Ich habe großen Spaß und merke, dass mir ein Teamsport anstelle meiner Alibibesuche im Fitnessstudio definitiv besser gefallen würde. Bei dem Training habe ich Blut geleckt, vermutlich werde ich nicht das letzte Mal auf einem Floorballfeld gestanden haben.

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