GA-Sportlerwahl Mai 2016: Konstanze Klosterhalfen

BONN · Konstanze Klosterhalfen ist die GA-Sportlerin des Monats Mai 2016. Die Mittelstreckenläuferin aus Königswinter-Bockeroth lag mit 25,8 Prozent der Leserstimmen hauchdünn vor Fußballer Lucas Musculus (25,6) und der Modernen Fünfkämpferin Lena Schöneborn (25,6). Schwimmer Max Pilger kam auf 18,5, Tennisprofi Annika Beck auf 6,5 Prozent.

Montag, letzter Tag der Abstimmung zum GA-Sportler des Monats Mai. In der Sportredaktion des General-Anzeigers klingelt das Telefon. „Klosterhalfen“, meldet sich eine ältere Dame. Sie sagt, sie habe kein Internet. Und fragt: „Darf ich bei Ihnen meine Stimme für die Konstanze abgeben? Das ist nämlich meine Enkelin.“ Selbstverständlich durfte sie.

24 Stunden später die Endabrechnung: Konstanze Klosterhalfen hat die Sportlerwahl mit hauchdünnem Vorsprung gewonnen. Die Stimme von Oma Anneliese hat den Ausschlag dafür gegeben, dass die Mittelstreckenläuferin aus Königswinter-Bockeroth vor Lucas Musculus vom Bonner SC liegt. Für den Torjäger des Fußball-Regionalligaaufsteigers ist es dennoch eine seltene Ehre: Musculus platziert sich zwischen zwei Olympiateilnehmerinnen, sogar vor Lena Schöneborn. Die Goldmedaillengewinnerin von Peking 2008 wird Dritte vor Schwimmer Max Pilger und Tennisprofi Annika Beck.

„Meine Oma ist einer meiner größten Fans“, sagt Konstanze Klosterhalfen, die Mitte Mai überraschend in ihrem ersten Saisonrennen über 1500 Meter die Qualifikationsnorm für die Olympischen Spiele unterboten hat – beim Meeting in Ostrau, wo auch Jamaikas Sprint-Idol Usain Bolt sein Rio-Ticket löste. „Ich habe immer gedacht: Du machst dein Ding, trainierst und läufst“, meinte sie danach. Und: „Wenn es klappen soll, dann klappt’s. Und wenn nicht, dann habe ich ja noch genug Zeit.“

4:06,91 Minuten zeigte die Uhr für sie, neun Hundertstelsekunden unter der Olympianorm. Maßarbeit. Und die Vorlage, um als erste Leichtathletin in der Geschichte der GA-Sportlerwahl zur Monatssiegerin gekürt zu werden.

„Ein bisschen unfassbar“ findet Klosterhalfen all das, was sie im letzten halben Jahr erlebt hat. Räumt ein, dass sie „oft eher überrascht“ gewesen ist. Darüber, dass das, was ihr mit 30 Jahren ebenfalls sehr junger Trainer Sebastian Weiß an Zeiten für möglich hielt, auch Realität wurde. Dabei trainiert das Ausdauertalent von den Siebengebirgshöhen bislang nur siebenmal die Woche – ein vergleichsweise geringer Umfang in der Branche der „Kilometerschrubber“. Doch ihre Konstitution ist für das Laufen geschaffen: Im Feld der gertenschlanken Mittelstrecklerinnen wirkt sie noch einen Tick graziler. 50 Kilogramm Gewicht verteilen sich auf 1,74 Meter Körperlänge.

Konstanze Klosterhalfens Aufstieg hat sich so rasend schnell vollzogen, dass einem davon schwindlig werden kann. Fakten? Bitteschön: 2014 erstmals deutsche Jugendmeisterin, dazu Vierte der Olympischen Jugendspiele im chinesischen Nanjing. Dann 2015 der erste internationale Titel als Jugend-Europameisterin im Crosslauf. Anfang 2016 wurde sie deutsche Hallenmeisterin über 3000 Meter in U20-Europarekordzeit (8:56,35 Minuten) – und wirkte im Ziel fassungslos vor Glück. Wenig später lief sie zehn Kilometer auf der Straße in 32:24 Minuten – diesmal ein deutscher U20-Rekord.

Letztes Jahr hat Klosterhalfen ihr Abitur gemacht, am 18. Februar ist sie 19 Jahre alt geworden. Sie studiert an der Sporthochschule Köln im ersten Semester Sportjournalismus und hat eine Studentenbude in Lindenthal. Auf der anderen Rheinseite absolviert sie die Bahneinheiten auf der Anlage ihres Vereins Bayer 04 Leverkusen. Und verbringt dennoch viel Zeit in ihrem Heimatort. „Ich bin jedes Wochenende zu Hause“, sagt sie. Zum einen, weil sie „das Laufen im Siebengebirge viel schöner als in Köln“ findet. Zum anderen wegen der Familie in Bockeroth: „Der Rückhalt gibt mir viel.“

Logisch, dass sich eine Delegation aus der 700-Seelen-Gemeinde im Nordosten des Königswinterer Stadtgebietes am Wochenende auf den Weg nach Kassel aufmacht. Zur Leichtathletik-DM, wo Klosterhalfen ihre Rio-Qualifikation in trockene Tücher bringen muss. Mindestens Platz drei ist dafür erforderlich, doch nach ihrer Vorleistung ist sie plötzlich in der Rolle der Titelfavoritin, die sie bislang so nicht kennt.

„Ich probiere, mir nicht zu viel Druck zu machen. Ich bin immer noch Jugendliche und habe nichts zu verlieren“, sagt sie. Kichert noch einmal mädchenhaft vor Freude über die Kür zur GA-Sportlerin und ergänzt: „Ich danke allen GA-Lesern, die mich gewählt haben – vor allem meiner Oma.“

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