GA-Serie: "Die Sonntagskicker" Carolin Schraa trifft immer – egal in welcher Liga

BONN/KÖLN · Carolin Schraa war Torgarantin bei den Sportfreunden Ippendorf. Jetzt spielt die 25-Jährige beim 1. FC Köln. Der GA ist daran nicht ganz unschuldig: Der FC wurde durch die Serie auf sie aufmerksam.

Emotionale Derbys auf altehrwürdigen Ascheplätzen, die zunehmend vom Aussterben bedroht sind, hitzige Verbalduelle mit zu engagierten Zuschauern am Spielfeldrand – der Fußball in den unterklassigen Ligen hat seine Vorzüge, seinen ganz besonderen Reiz. Doch hat wohl ein jeder Fußballer den großen Traum, einmal für einen namhaften Verein zu spielen. Auch die Bonnerin Carolin Schraa träumte ihn. Nun trägt sie den Geißbock auf der Brust. Und der General-Anzeiger ist daran nicht ganz unschuldig.

Rückblick: Im Dezember 2015 ging Schraa noch für die Sportfreunde Ippendorf in der Mittelrheinliga auf Torejagd. Im Spiel gegen Hertha Rheidt erzielte die Angreiferin mit der Nummer 7 das zwischenzeitliche 8:0. Das 94. Tor in ihrem 47. Pflichtspiel. Schraas Ziel? Der Aufstieg in die Regionalliga. Einen Vereinswechsel schloss die Studentin schon damals nicht aus, schränkte aber ein: „Ich bin gern im Rheinland und kann mir gut vorstellen, hierzubleiben.“ Sie blieb im Rheinland, wechselte aber nach Köln zum FC. Bei ihrer unglaublichen Torquote ist das Interesse großer Vereine eigentlich kein Wunder. Wie sie auf den Radar des FC geriet, ist dagegen schon eher unkonventionell.

„Das war schon ein wenig ungewöhnlich“, erinnert sich ihr heutiger Trainer Marcus Kühn. Der Kölner Übungsleiter ist bekannt für seinen guten Riecher, was das Scouting angeht. Schraa hatte er bislang noch nicht auf der Liste. Das änderte sich, als er einen Brief erhielt, in dem man ihn anhand eines Sonntagskicker-Artikels des GA auf Schraa aufmerksam machte. „Sie war unheimlich gut porträtiert“, sagt Kühn. „Sie kam charakterlich gut und seriös rüber. Auch ihre beeindruckende Torquote sprach für sich. Mein Gefühl hat mir gesagt, dass Caro eine Spielerin mit viel Potenzial sein könnte und wir sie uns genauer anschauen sollten.“ Und das Gefühl sollte den Übungsleiter nicht täuschen.

In der Winterpause der letzten Saison erhielt sie also einen Anruf von FC-Teammanager Willi Breuer, der die heute 25-Jährige zu einem Probetraining einlud. „Ich habe mich natürlich über die Einladung gefreut und war einem Wechsel gegenüber auch nicht generell abgeneigt“, so Schraa. Der Zeitpunkt, sagt die Lehramtsstudentin der Uni Bonn, war allerdings nicht passend: „Ich hatte in Ippendorf mit meinen Mannschaftskameradinnen noch Ziele, wollte mit ihnen den Aufstieg in die Regionalliga schaffen. Da wäre ein Wechsel zu früh falsch gewesen“, erinnert sie sich. „Das zeugt von ihrem guten Charakter“, sagt Kühn.

Im Sommer wagte Schraa den Schritt nach Köln. Es war der passende Moment für sie. Bereut hat sie ihn bislang absolut nicht: „Ich merke zwar, dass ich noch Spiele brauche, um mich an das Niveau zu gewöhnen, doch ich verbessere mich fußballerisch.“ Dabei sei es zweitrangig, ob sie spiele oder nicht: „Der FC ist einfach eine Riesenchance.“

Bereits in ihrer ersten Saison gehört sie zum Stamm, erzielte in vier Saisonspielen der 2. Bundesliga Süd sowie im DFB-Pokal bereits fünf Tore. Eine erstaunliche Leistung. „Die Anforderungen in der Mittelrheinliga und in der zweiten Bundesliga liegen meilenweit auseinander. Aber sie bringt auch durch ihre Tennisvergangenheit die athletischen Voraussetzungen mit“, sagt Kühn, der genau weiß, was er an Schraa hat. „Sie startet in die wichtigen Räume. Und sie hat diesen unglaublichen Torriecher. Das Tor-Gen kann man nicht antrainieren. Entweder man hat es oder eben nicht.“

Simone Wirtz, sportliche Leiterin der Ippendorfer Damenmannschaft, sieht den Wechsel mit einem lachenden und einem weinenden Auge: „Caro ist eine absolute Top-Stürmerin. Dass sie für uns sportlich nicht zu ersetzen ist, steht außer Frage. Auch menschlich fehlt sie uns, aber der Kontakt ist nie abgebrochen. Sie kommt immer noch regelmäßig vorbei.“ Selbstverständlich, sagt Wirtz, mache es die Sportfreunde auch stolz, wenn Anfragen von größeren Vereinen kommen. „Uns ist vor allem wichtig, dass die Mädels im Guten gehen.“ Die Mädels? Neben Schraa wechselte auch Torhüterin Marie Wenzl zu Saisonbeginn nach Köln. Verletzungsbedingt kam sie bisher jedoch nicht zum Einsatz.

Dass Carolin Schraa nun für die Domstädter auf Torejagd geht, stand bis vor wenigen Jahren noch in den Sternen. Zur Juniorenzeit hatte sie sich gar gegen den Fußball entschieden. Erst vor vier Jahren, im Sommer 2012, packte sie wieder der Ehrgeiz. Carolin Schraa schnürte erneut die Fußballschuhe, heuerte bei den Sportfreunden aus Ippendorf an und startete durch – bis in die zweithöchste Spielklasse im deutschen Frauenfußball. Und das muss noch lange nicht die Endstation sein.

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