Sascha Stegemann hatte Bundesliga-Premiere Nicht irgendein Spiel für Referee aus Niederkassel

RHEIN-SIEG-KREIS · Angespannt, nicht nervös: Es ist Samstag, kurz vor 18 Uhr. In Siegburg tobt das Stadtfest und zieht Zehntausende Besucher in seinen Bann, doch für Feste und Feierlichkeiten hat Sascha Stegemann in diesem Moment absolut keinen Sinn.

Der 29 Jahre alte Diplom-Volkswirt aus Niederkassel hat gerade seinen Wagen im Parkhaus am ICE-Bahnhof der Kreisstadt abgestellt und zieht seine Tasche aus dem Kofferraum. Eine Tasche, voll mit Utensilien, die ein Fußball-Schiedsrichter nun mal braucht, wenn er zu seinem Einsatz fährt.

Doch es ist nicht irgendein Einsatz oder irgendein Spiel, das diesmal auf Stegemann wartet. Der 29-Jährige steht kurz vor seiner Premiere als Unparteiischer in der 1. Fußball-Bundesliga; am nächsten Tag soll er die Partie zwischen dem FSV Mainz 05 und Hannover 96 leiten.

"Auf dem Weg vom Auto zum Bahnsteig ist mir plötzlich bewusst geworden, dass der Moment, auf den ich jahrelang hingearbeitet habe, tatsächlich gekommen ist. Und es ist mir klar geworden, wie schnell das im Endeffekt alles ging", erinnert sich Stegemann, wie seine Bilderbuchkarriere im Zeitraffer an ihm vorüberflog. "Ich war wie in Trance und habe mit einem Lächeln am Bahnsteig auf den ICE in Richtung Frankfurt-Flughafen gewartet. Ich glaube, ich hätte nicht mal realisiert, wenn mich einer angesprochen hätte."

Dass der Zug fünf Minuten Verspätung hat und die Wagen in umgekehrter Reihenfolge zur ursprünglich angegebenen Anordnung fahren - wie Stegemann mit schelmischem Grinsen erzählt -, bringt den Referee nicht aus der Ruhe. Ebenso wenig wie tags darauf die Profis auf dem Rasen. "Als ich im Zug saß, war alles wieder ganz normal. Ich war positiv angespannt, aber nicht übermäßig nervös. Das Kribbeln muss einfach da sein, es gehört dazu. Meine Vorfreude war schließlich riesengroß", berichtet Stegemann, der am Frankfurter Flughafen von seinen beiden westfälischen Assistenten Christian Fischer und Florian Steuer in Empfang genommen wird.

Von dort geht's mit dem Wagen weiter ins Hotel nach Mainz. Die Vorbesprechung des Schiedsrichtergespanns am folgenden Tag fällt indes nicht anders aus, als das zuvor in der 2. Liga der Fall war. "Du darfst dich schließlich nicht selbst verrückt machen. Du musst es genießen", sagt Stegemann. "Wichtig ist es vor allen Dingen, die einzelnen Aufgabenbereiche klar zu umreißen."

In Mainz findet der Niederkasseler am Sonntagnachmittag einen äußerst prominenten Beobachter auf der Tribüne vor: Der Schiedsrichter-Chef des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), der ehemalige Fifa-Referee Herbert Fandel (Kyllburg), will sich höchstpersönlich ein Bild von dem Newcomer machen und seine Leistung vor Ort beurteilen.

Am Ende der 90 Minuten stehen keine Tore, einige wenige knifflige Szenen und eine Gelbe Karte - so weit die nüchterne Bilanz. Was Fandel zu Stegemanns Leistung zu sagen hat, wird - natürlich - nicht an die Öffentlichkeit dringen. Auch Sascha Stegemann hält sich mit Aussagen zu seiner eigenen Vorstellung tunlichst zurück.

Doch als er schließlich nach getaner Arbeit wieder im ICE in Richtung Siegburg sitzt, kann er ein leichtes Lächeln nicht verbergen. "Du hast jetzt das Gefühl, ein Bundesliga-Schiedsrichter zu sein; tatsächlich zum Kreis derjenigen Leute zu gehören, die in der 1. Liga pfeifen dürfen", erklärt er. Sagt's, trägt seine Tasche zurück zum Auto im Parkhaus und macht sich auf den Heimweg nach Niederkassel.

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