Bonner SC Jürgen Kohler wird Trainer der A-Junioren

BONN · Es ist lange her, dass sich die Nachrichtenagenturen mit dem Bonner SC beschäftigt haben. Aber diese Meldungen konnten sie nicht ignorieren: Jürgen Kohler trainiert ab sofort die U-19-Bundesligafußballer des Bonner SC. Vorgänger Tomek Kaczmarek hatte vor gut zwei Wochen einen Job als Co-Trainer der ägyptischen Nationalelf angenommen.

Ein Weltmeister betreut den Nachwuchs eines Landesligisten - so etwas macht schnell die Runde im Land. Bei Wikipedia wurde die Liste von Kohlers Trainerstationen umgehend erweitert. "2002 - 2003 Deutschland U 21, 2005 - 2006 MSV Duisburg, 2008 VfR Aalen, 2012 - Bonner SC U 19", steht da jetzt. Und wer die Begriffe "Kohler Bonner SC" googelt, stößt auf eine beeindruckende Liste aktueller Meldungen, angefangen mit kicker.online.

Man spricht wieder über den BSC, und diesmal spricht man gut über den Klub, der sich schon so viele Skandälchen geleistet hat und 2010 in die Insolvenz ging.

Kohler dämpft Erwartungen

Kohler selbst will sein Engagement nicht gar so hoch hängen. "Man sollte jetzt nicht erwarten, dass der gesamte Verein durch die Decke schießt", sagt der 105-fache Nationalspieler. "Der BSC ist gut beraten, den Weg der kleinen Schritte zu gehen." Für ihn heißt das erst einmal: mit seinen A-Junioren nicht abzusteigen.

Fünf Mal pro Woche wird er in Bonn auf dem Trainingsplatz stehen, plus ein Spiel am Samstag oder Sonntag mit teilweise langer Anfahrt. Für die A-Jugend des Grafschafter SV bleibt da keine Zeit mehr. "Das tut mir leid", sagt Kohler. "Diese Mannschaft war ja praktisch mein Baby." In zweieinhalb Jahren stieg er mit den Jungs aus der Nähe seines Wohnortes Vettelhoven zwei Mal auf - so etwas verbindet. Für einen persönlichen Abschied fehlte bisher noch die Zeit. "Es ging ja alles so schnell, aber wir werden bestimmt einen Termin finden, an dem ich eine Pizza ausgeben kann."

Am 5. Januar wird Jürgen Kohler erstmals mit seiner neuen Mannschaft arbeiten. Und von da an dürfte es schwierig werden, Termine zu finden. Seine Aufgaben als Firmenrepräsentant und Co-Kommentator beim Fernsehen will Kohler nämlich auch weiterhin wahrnehmen.

Viel Einarbeitungszeit sollte er allerdings nicht benötigen beim BSC. Mit den wesentlichen Handlungsträgern hat er bereits gesprochen, sein künftiges Team beobachtete er beim Spiel in Leverkusen. "Ich habe zudem einen guten Überblick über die Spieler und Ligen im Nachwuchsbereich", sagt er. "Es kann jetzt losgehen, ich freue mich auf die neue Aufgabe."

Erich Rutemöller machte Trainerposten schmackhaft

Dass der prominente Weltmeister beim BSC landete, dafür war nicht zuletzt Erich Rutemöller verantwortlich. Der ehemalige Chef der deutschen Trainerausbildung, der heute im Aufsichtsrat der Blau-Roten sitzt, kennt Kohler seit Jahrzehnten und machte ihm die Sache schmackhaft. "Ich denke, das ist eine sehr gute Lösung", sagt Rutemöller.

Jürgen weiß, was notwendig ist, um seine Ziele zu erreichen. Und dass er ein Vorbild ist, darüber brauchen wir nicht zu reden." Der 66-Jährige erlebte den Nationalspieler Kohler hautnah während seiner eigenen Zeit als Co-Trainer der Nationalelf, und er verfolgte auch die Trainerkarriere des ehemaligen Schülers, vor allem dessen Zeit als Coach der deutschen U-21-Junioren. Seitdem weiß Rutemöller: "Jürgen hat Spaß, Talente zu sichten. Er ist wirklich ein Freund des Jugendfußballs."

Bernd Gabriel, der Sportdirektor des BSC, muss nun nur noch einen Übungsleiter suchen. Tomek Kacz?marek hatte bekanntlich neben den A-Junioren auch die erste Mannschaft des Klubs trainiert. Gestern freute sich Gabriel aber erst einmal über die Resonanz auf den Kohler-Coup: "Im Internet war ja einiges los." Die Strahlkraft des Namens Kohler soll den BSC auch weiterhin in besserem Licht erscheinen lassen. "Der Mann, der als Lehrgangsbester vor Klinsmann und Löw den Trainerschein gemacht hat in unserem Verein - wenn das nicht zieht . . ."

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