Sonntagskicker Abseits: Sie wollen einfach nur spielen

BONN · Leichter Nieselregen, matschiger Boden, feuchtes Gras: Sporttaschen fungieren als Torpfosten und Trinkflaschen markieren die Eckfahnen. Mit einfachen Mitteln hat sich die Hofgartenwiese in ein Fußballfeld verwandelt - Improvisation ist alles.

 Die Hofgartenkickerinnen vor dem Uni-Hauptgebäude.

Die Hofgartenkickerinnen vor dem Uni-Hauptgebäude.

Foto: Horst Müller

Komplettiert wird das fast schon idyllische Panorama von dem Hauptgebäude der Universität. Für weihnachtliche Vorgefühle fehlt an diesem trüben Adventssonntag allerdings der Schnee. Einer Gruppe von jungen Frauen kommen die milden Temperaturen gerade recht. Die Damen der "Bonner Hofgartenkickerinnen" wollen letztmalig in diesem Jahr den Ball laufen lassen. Soweit es der Boden denn zulässt. Acht Spielerinnen haben sich an diesem Nachmittag zusammengefunden. "Im Sommer sind wir tendenziell besser besetzt. Aber diese Problematik kennt auch jeder reguläre Verein", so Steffi Knappert, die Organisatorin der Gruppe.

Entstanden ist die Idee im Jahr 2011, als Studentinnen Fußball spielen wollten, ohne die im Ligabetrieb vorgeschriebenen Auflagen befolgen zu müssen. Um möglichst viele Gleichgesinnte zu finden, wurde eine Website ins Leben gerufen und eine Seite bei Facebook erstellt. Wöchentlich wird ein Spieltermin an die rund 70 Mitglieder geschickt. Bei den Hofgartenkickerinnen steht - abseits vom Trainingsbetrieb und regulären Spieltagen - der Spaß am Fußball im Vordergrund. Auch deswegen finden viele ehemalige Vereinsspielerinnen den Weg zum Hofgarten.

Voraussetzungen zum Mitmachen? Keine. Selbst die Fähigkeiten am Ball sind nebensächlich. Lachen ist Pflicht in dieser Gruppe. Das wird auch immer wieder an diesem verregneten Sonntag deutlich. Nahezu jede Spielszene wird mit einer aufmunternden Geste oder einem Lächeln quittiert. Angst vor groben Fouls gibt es in der Gruppe nicht, lediglich die vielen Schlaglöcher verursachen hin und wieder Schmerzen.

Auf der anderen Rheinseite wird sonntags ebenfalls frei vom Ligabetrieb gekickt. Beim T-Mobile Campus trifft sich regelmäßig eine Gruppe von etwa 20 Personen. Wie auf der Hofgartenwiese geht es auch in der Rheinaue nur um den Spaß. Jeder ist willkommen, egal ob Mann oder Frau, ob alt oder jung. Die Spielfreude scheint sich sogar zu vererben. Mittlerweile laufen sogar die ersten Kinder altgedienter Spieler mit auf. "Wir spielen bei jedem Wetter und jeden Sonntag", sagt Bernd Assenmacher, der die Gruppe mitgegründet hat.

In den 1980ern wurde auf einer Spielwiese in der Beueler Rheinaue gekickt. Assenmacher über die Ursprünge: "Während der Schulzeit in Sankt Augustin wollten ein paar Jungs einfach kicken. Als es auf dem Schulhof nicht mehr ging, sind wir in die Rheinaue gezogen." Die Kommunikation läuft über Mundpropaganda - ohne Internetpräsenz und Facebook-Gruppe. "Durch den festen Termin brauchen wir das nicht", sagt der 52-Jährige über die rechtsrheinische Vereinigung wahrer Sonntagskicker.

Im Hofgarten sind mittlerweile ein paar Jungs eingetroffen. Zögerlich fragen die Neuankömmlinge, ob sie mitspielen dürfen. Sie kassieren einen Korb. Die Mädels bleiben beim Fußball lieber unter sich. Gemeinsamkeit wird bei ihnen groß geschrieben. Sie schauen zusammen Champions League oder Länderspiele im Fernsehen. Und treffen sich zu Kneipenbesuchen in der Altstadt. Speziell in den Sommermonaten werden die Biergärten in der Nähe ins Visier genommen. Oft endet ein lauer Sommerabend am Alten Zoll.

Internationalität ist Trumpf bei den Hofgartenkickerinnen. "Bei uns spielen viele Nationen. Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch sind bei uns Standardsprachen", betont Knappert. Ein Glanzlicht der "Club"-Geschichte war ein "Länderspiel" im September 2012 gegen eine Hobbymannschaft aus den USA. Das Team aus dem Süden Floridas bereist andere Länder, um mit Hilfe des kleinen Balls die große Kugel zu entdecken. Nach einer torreichen Partie saßen beide Mannschaften bis spät in den Abend zusammen. Als Zeichen des Danks überreichten die Amerikanerinnen dem Gastgeber den goldenen Schlüssel von Fort Lauderdale.

Nach Florida und etwas Sonne sehnt sich die eine oder andere Spielerin auch an diesem Tag. Im trüben Nass wird sich umgezogen, denn Umkleidekabinen sucht man am Hofgarten vergebens. Der Spaß leidet nicht darunter.

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