Stummer VfL-Held: Knoten bei Schürrle endlich geplatzt?

Moskau · Moskau (dpa) - Auch bei den russischen Grenzbeamtinnen während der Passkontrolle am Flughafen Scheremetjewo stand der Wolfsburger Held stumm herum. André Schürrle wollte nach seiner 30-minütigen Gala mit eigentlich zwei Toren beim ganz wichtigen 2:0 des VfL bei ZSKA Moskau einfach nichts sagen.

 André Schürrle war der VfL-Matchwinner in Moskau. Foto: Alexey Filippov/Sputnik

André Schürrle war der VfL-Matchwinner in Moskau. Foto: Alexey Filippov/Sputnik

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Der Matchwinner lächelte auch bei der Rückreise mit fast einstündiger Verspätung vom Ort seines ganz persönlichen Triumphes alle Anfragen beharrlich weg - so wie ihm zuvor in der kleinen Moskauer Chimki Arena sämtliche Begehrlichkeiten nur ein spitzbübischen Grinsen wert gewesen waren.

Dennoch war ihm die stille Freude, fast sogar Genugtuung über seinen Auftritt, der den VfL ganz nah an das erste Achtelfinale der Champions League in der Clubgeschichte brachte, deutlich anzumerken. Auch VfL-Sportchef Klaus Allofs konnte nur mutmaßen, warum Schürrle öffentlich stumm blieb, nachdem er mit zehnmonatiger Verspätung endlich angedeutet hatte, warum der VW-Club im Januar 32 Millionen Euro für den damaligen Reservisten des FC Chelsea überwiesen hatte.

"Wir haben ihn oft kritisiert, aber im Nebensatz auch immer gesagt, dass wir an ihn glauben und ihm die Zeit geben. Leider hört der Spieler dann immer nur den ersten Teil und legt danach die Ohren an", sagte Allofs und deutete damit an, dass sich ordentlich Frust beim Weltmeister aufgestaut haben muss. "Es mag sein, dass es die letzten Wochen nicht ganz so gut geklappt hat. Für uns zählt, dass André das Spiel für uns entschieden hat", sagte Angreifer Max Kruse.

Doch selbst durch den Joker-Auftritt von Moskau mit zwei Treffern (67. Minute/88.) baute sich Schürrles Frust wohl nur teilweise ab. Und dies lag weniger daran, dass die UEFA Schürrles erstes Champions-League-Tor für den VfL wenige Minuten nach der Einwechslung am Ende als Eigentor von ZSKA-Keeper Igor Akinfejew wertete.

Allofs und Trainer Dieter Hecking hatten den 25-Jährigen zuletzt aus der Komfortzone herausgeholt. "Wir haben ihn teilweise auch heftig kritisiert", bekannte Hecking, der erst vor kurzem angemerkt hatte, dass seine "Geduld nicht unendlich" sei mit Schürrle, der zu oft in den vergangenen Monaten eine einzige Enttäuschung war. Am Mittwoch aber krönte Schürrle seine zuletzt ansteigenden Form und machte laut Hecking "den Unterschied". Und das nicht in irgendeinem Spiel, sondern im vorentscheidenden Match um das Weiterkommen. Gegen Manchester United am 8. Dezember reicht ein Punkt, um sicher die K.o.-Runde zu erreichen. Bleibt der VfL Tabellenführer, winkt in der ersten K.o.-Runde gar ein vermeintlich leichterer Gegner.

Schürrles Auftritt bedeutet für Wolfsburg damit bares Geld. Endlich spielte der Angreifer auch einen Teil seiner irre hohen Ablösesumme ein, bei der nicht wenige von Anfang an mit dem Kopf geschüttelt hatten. Mindestens zwei Millionen Euro an UEFA-Prämien war der Sieg von Moskau wert. Sollte Wolfsburg das Achtelfinale nun nicht doch noch verspielen, kämen weitere 5,5 Millionen hinzu. Geld, was Allofs angesichts der nach wie vor unklaren Sparmaßnahmen des angeschlagenen VW-Konzerns auch bei der Fußball-Förderung gerne einstreicht.

Für Schürrle soll der Aha-Effekt von Moskau freilich erst der Anfang gewesen sein. "Ich glaube, dass da noch eine Menge drin steckt", meinte Allofs. Schwer vorstellbar, dass Schürrle am Sonntag beim FC Augsburg erneut auf die Bank muss, zumal Daniel Caligiuri und Vieirinha im offensiven Wolfsburger Mittelfeld am Mittwoch nicht gerade überzeugten. "Heute war er der Joker, aber natürlich kann er das auch anders. Er ist kein Joker in dem Sinne", sagte Allofs.

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