Jupp Heynckes von DFB für Lebenswerk geehrt Der Mann mit der Lizenznummer 813

BONN · Eine der größten Legenden im deutschen Fußball muss umgeschrieben werden. Die über das 2:1 von Borussia Mönchengladbach gegen den 1. FC Köln im Pokalfinale 1973.

 Echte Freunde: Günter Netzer, Jupp Heynckes und DFB-Präsident Wolfgang Niersbach - mit einer Bildergalerie aus guten Zeiten, halb verdeckter Glastrophäe und Urkunde für das Lebenswerk des Preisträgers.

Echte Freunde: Günter Netzer, Jupp Heynckes und DFB-Präsident Wolfgang Niersbach - mit einer Bildergalerie aus guten Zeiten, halb verdeckter Glastrophäe und Urkunde für das Lebenswerk des Preisträgers.

Foto: Horst Müller

Günter Netzer hämmerte damals den Ball unter die Latte. Volle Lotte, aus vollem Lauf. Zum entscheidenden Treffer für seine Borussen. Netzer hatte sich selbst eingewechselt, gegen den Willen von Trainer Hennes Weisweiler. Das ist nicht falsch, aber nicht die ganze Wahrheit. Die verriet der einst geniale Spielmacher mit der immer noch blonden Mähne gestern Abend in Bonn.

Jupp Heynckes hatte im Rahmen des Festakts zum Abschluss des 61. Fußball-Lehrer-Lehrgangs im Kameha-Hotel gerade den DFB-Ehrenpreis "Lebenswerk" erhalten, da packte Laudator Netzer aus. "Was ich jetzt erzähle, steht nicht auf meinem Zettel", begann der 70-Jährige: "Wäre der Jupp nicht gewesen, ich hätte gar nicht auf der Bank gesessen." Er sei fest entschlossen gewesen, nicht zum Spiel zu erscheinen, nachdem er von Weisweiler erfahren hatte, nicht zur Startelf zu zählen.

Erst ein Appell seines Freundes bewog ihn zum Bleiben. "Ist doch egal, wenn der Trainer dich nicht braucht. Wichtig ist, dass die Mannschaft dich braucht", habe Heynckes zu ihm gesagt. Netzer dachte um und folgte den Worten des Mannes, mit dem ihn seit nunmehr 52 Jahren eine große Freundschaft verbindet. "Für mich war diese Erfahrung prägend", sagt Netzer heute: "Und damals deutete sich Jupps Qualität als Trainer bereits an." Sichtlich bewegt lauschte Heynckes den Worten. Gerührt nahm der 69-Jährige die große Glastrophäe an, die er als fünfter deutscher Trainer für sein Lebenswerk erhielt. "Es ist sehr schön, diese Worte aus dem Mund eines Menschen zu hören, mit dem ich ein halbes Jahrhundert befreundet bin", sagte Heynckes.

In einfachen Verhältnissen war der Junge vom Niederrhein mit neun Geschwistern aufgewachsen. Er blieb immer mit beiden Beinen auf dem Boden - auch bei größten Erfolgen. In seiner aktiven Zeit, als Welt- und Europameister. Ebenso als Trainer, der mit Bayern München seinen ersten deutschen Meistertitel gewann, mit Real Madrid die Champions League - und als Krönung 2013 mit den Bayern das Triple holte.

Jupp Heynckes vermisst nichts. Im Gegenteil. Er genießt die Ruhe. "Die endlosen Spaziergänge mit meinem Schäferhund, bei denen ich viel nachdenke." Und vor allem die Zeit mit seiner Frau. Mit ihr hatte er in seinem vom Fußball erfüllten Leben 18 Mal innerhalb Europas den Wohnort gewechselte. Ein Comeback? "Daran verschwende ich keinen Gedanken", sagt Heynckes. Nirgends.

"Der Charakter war immer dein Fels", lobte Netzer, nach eigener Aussage ein ebenso mieser Trainer wie Laudator. TV-Experte okay - aber Reden halten? Nicht sein Ding. Dies sei erst die dritte Laudatio seines Lebens. Die erste hielt er auf Pelé. "Die zweite, die auf Franz Beckenbauer", sagte er, "die zählt nicht wirklich, denn da habe ich gelogen wie Gott-weiß-was". Die dritte also nun auf Heynckes. Eine Herzensangelegenheit. Netzer betonte: "Es ist wunderschön, einem Freund das nach all der Zeit sagen zu dürfen."

In diesem Moment lag ein Zauber über dem Saal, in dem die 24 neuen Fußball-Lehrer des Abschlussjahrgangs 2014 saßen. Sie hatten kurz zuvor aus den Händen von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und Lehrgangsleiter Frank Wormuth ihre Lizenzen erhalten. Und damit die Berechtigung, überall in der Welt in der obersten Liga eine Mannschaft zu trainieren. Ausgebildet an der Sportschule Hennef, träumen sicher einige von ihnen von einer Karriere à la Heynckes. Prominentester Absolvent 2014: Ex-Nationalspieler Torsten Frings.

So stilvoll der Rahmen in dem Nobelhotel am Rhein für die im feinen Zwirn erschienenen Trainer-Novizen ausfiel, so bescheiden war ihr Vorbild noch am 14. März 1979 gewesen. Die Übergabe fand damals in der schmucklosen Aula der Kölner Sporthochschule statt. In Jeans und Turnschuhen" war Heynckes gekommen, um die Lizenz mit der Nummer 813 entgegenzunehmen.

Trainerpreis des deutschen Fußballs: (dotiert mit 10.000 Euro)

Erstmals geht der Trainerpreis des deutschen Fußballs an eine Frau.

Maren Meinert wurde gestern in Bonn ausgezeichnet. Sie ist die Trainerin der U20-Weltmeisterinnen.

Die 92-malige Nationalspielerin, Weltmeisterin von 2003, arbeitet seit 2005 als DFB-Nachwuchstrainerin. Vor dem Titelgewinn 2014 hatte Meinert bereits 2006, 2007 und 2011 mit ihren Teams die U19-Europameisterschaft gewonnen.

2013 Norbert Elgert

2012 Christian Streich

2011 Hermann Gerland

2010 Thomas Tuchel

2009 Horst Hrubesch

Ehrenpreis "Lebenswerk":

2013 Otto Rehhagel

2012 Gero Bisanz

2011 Udo Lattek

2010 Dettmar Cramer

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