Blatter kann Wiederwahl einplanen - Kein Gegenkandidat?

Marrakesch · In bester Laune verfolgte Joseph Blatter auf der Tribüne des Grand Stade in Marrakesch den erstmaligen Triumph von Real Madrid bei der Club-WM. Neben den Königlichen durfte sich auch der 78-jährige Walliser als großer Gewinner fühlen.

 Joseph Blatter wird sehr wahrscheinlich FIFA-Chef bleiben. Foto: Mohamed Messara

Joseph Blatter wird sehr wahrscheinlich FIFA-Chef bleiben. Foto: Mohamed Messara

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Wieder einmal hatte der krisenerprobte FIFA-Boss an den Tagen zuvor diplomatisches Geschick bewiesen und mit einem klugen Schachzug den Weg zu seiner fünften Amtszeit an der Spitze des von Skandalen erschütterten Fußball-Weltverbandes geebnet.

Fünf Monate vor der Präsidentschaftswahl am 29. Mai 2015 in Zürich ist ein möglicher gemeinsamer Gegenkandidat der Mitgliedsländer der Europäischen Fußball-Union UEFA jedenfalls nicht in Sicht, wie DFB-Chef Wolfgang Niersbach einräumt. "Wir werden uns bezüglich des Wahlkongresses im Mai mit den Europäern abstimmen und sehen, ob es einen weiteren Gegenkandidaten zu Blatter gibt. Dafür gibt es aber im Moment noch keine konkreten Anzeichen", sagte Niersbach der "Bild am Sonntag".

Großen Gegenwind muss Blatter bis zur Wahl wohl kaum fürchten, dafür hatte er selbst gesorgt. Seine Kollegen aus der Exekutive brachte er mit dem einstimmigen Beschluss für eine Veröffentlichung des brisanten Reports des zurückgetretenen Chefermittlers Michael Garcia zu möglichen Korruptionsfällen rund um die WM-Vergaben 2018 in Russland und 2022 in Katar hinter sich. Damit nahm er die FIFA ein wenig aus der Schusslinie, wohlwissend, dass brisante Fakten noch lange unter Verschluss bleiben werden. Erst wenn die Ethikkommission die laufenden Verfahren gegen Einzelpersonen, die gegen den Ethikcode verstoßen haben sollen, abgeschlossen hat, wäre der Weg frei für eine Publizierung des 430 Seiten langen Garcia-Werks.

Bis dahin ist Blatter wohl längst wiedergewählt, was der frühere englische Fußball-Star Gary Lineker nicht fassen kann. "Das ist alles eine Farce. Was bei der FIFA abläuft, ist äußerst deprimierend für diejenigen, die dieses Spiel so lieben. Es gibt keine Frage, dass die FIFA ihr Allzeittief erreicht hat", sagte Lineker und forderte die großen Verbände zum Handeln auf. "Wir sind an dem Punkt angekommen, dass etwas getan werden muss. Das kann nur passieren, wenn die großen Verbände zusammenkommen und sagen: 'Wir haben genug davon'."

Das wird aber kaum passieren. Niersbach betonte, dass der DFB bei Entscheidungsprozessen im Weltverband über begrenzten Einfluss verfüge. "Ich kann immer nur darauf hinweisen, dass die Stimme des DFB schon stark wahrgenommen wird, aber bei einer Abstimmung genauso viel gilt wie die von Andorra oder Liechtenstein. Das unterschätzen viele, wenn es immer heißt, der DFB muss bei der FIFA auf den Tisch hauen", sagte er.

Die Bewerbungsfrist für mögliche Kandidaten für das Amt des Chefs im Weltverband läuft am 24. Januar 2015 ab. Neben Blatter hat bislang nur der als aussichtslos geltende frühere FIFA-Funktionär Jerome Champagne seine feste Absicht zur Kandidatur erklärt. Blatter weiß den Großteil der Konföderationen hinter sich, auch wenn sich die UEFA klar gegen ihn positioniert. Damit diese breite Front auch hält, verteilt Blatter an alle 209 Verbände jeweils 300 000 Dollar aus dem prall gefüllten WM-Topf der FIFA.

So weiß auch Lineker: "Blatter wird wiedergewählt. Das ist so sicher, wie Weihnachten vor der Tür steht." Mit seinen Einschätzungen hatte Lineker ("Am Ende gewinnen immer die Deutschen") meistens Recht behalten.

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