Länderspiel Spanien : Deutschland Prestigeduell leidet unter vielen Ausfällen

VIGO · Die Polizei begleitete mit Motorrädern und Blaulicht-Wagen den deutschen Mannschaftsbus zum Hotel Palacio du Vigo, darüber kreiste ein Hubschrauber.

 In Vigo gefragtester Mann: Toni Kroos, Weltmeister und Mittelfeldstratege von Real Madrid.

In Vigo gefragtester Mann: Toni Kroos, Weltmeister und Mittelfeldstratege von Real Madrid.

Foto: dpa

Für einige Minuten stand das Leben im Zentrum von Vigo still. Toni Kroos verfolgte die Szenerie mit Interesse, mit Real Madrid kommt er erst nächstes Jahr als Gast zu Celta Vigo.

Dass er heute (20.45 Uhr) im Testspiel zwischen Spanien und der deutschen Nationalmannschaft im Blickpunkt stehen wird, weiß der 24-Jährige. Aber den Stellenwert des Duells zwischen dem alten und neuen Weltmeister siedelte Kroos nicht hoch an.

"Für mich ist das Spiel etwas Besonderes. Aber es fallen auf beiden Seiten viele Spieler aus. Die Spanier haben teilweise solche Probleme wie wir auch", sagte Kroos nach dem zweistündigen Flug von München nach Galicien, dem nord-westlichen Zipfel der iberischen Halbinsel. Anschließend machte Joachim Löw klar, dass seine über mehrere Wochen geäußerte Absicht, mit der besten Mannschaft anzutreten, nicht mehr einzuhalten ist. Er mache "Abstriche" bei seinen Erwartungen, erklärte der Bundestrainer.

Kevin Volland wird von Beginn als Stürmer aufgestellt, der Stuttgarter Toni Rüdiger soll rechter Verteidiger spielen, Roman Weidenfeller eventuell im Wechsel mit Ron-Robert Zieler das Tor hüten, und um den Posten des Innenverteidigers bewerben sich Matthias Ginter und Shkodran Mustafi. Aus der Startelf des WM-Finales sind nur noch Kroos, Benedikt Höwedes und Thomas Müller dabei. Sami Khedira, der im Endspiel ausfiel, soll erstmals Kapitän der A-Mannschaft sein.

Spielt Khedira trotz Wadenproblemen, dann steht ein Spielführer auf dem Platz, der bisher die deutsche Hymne aus Überzeugung nicht mitgesungen hat, weil er sich auch mit Tunesien, dem Heimatland seines Vaters, verbunden fühlt. Wahrscheinlich schaffen sich Löw und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) so ein neues Feld für Diskussionen. Aber Löw hat nur noch ein Interesse: Der Jahresabschluss soll einigermaßen gut überstanden werden.

"Ob die Dinge im spielerischen und taktischen Bereich klappen, weiß ich nicht, da mache ich Abstriche", sagte Löw. "Dass der Einsatz und die geistige Bereitschaft da sind, danach werde ich die Spieler beurteilen. Dass Fehler passieren werden, ist klar", meinte der 54-Jährige.

Das waren recht ungewöhnliche, weil wenig anspruchsvolle Töne. Viele Jahre setzte er die Spanier seiner Mannschaft als Orientierungspunkt, seit 14 Jahren hat die DFB-Auswahl nicht mehr gegen die Iberer gewonnen. Deswegen war die Partie gegen den Europameister von 2008 und 2012 als echtes Prestigeduell geplant.

Doch nun ist es nur noch ein Test, wegen der vielen Ausfälle droht das Spiel sogar als Muster ohne Wert unterzugehen. Die Gastgeber hätten die Begegnung am liebsten abgesagt. Auch ihnen fehlen zahlreiche Topspieler (siehe untenstehenden Bericht). Spaniens Trainer Vicente del Bosque sagte nach dem 3:0 gegen Weißrussland am Samstag: "Das Spiel im März gegen die Ukraine, das ist unsere nächste Herausforderung."

Aber auch Löws Lust am Vergleich mit dem amtierenden Europameister hält sich in Grenzen. Nach und nach hat der Bundestrainer Alternativen verloren: Vom vor zehn Tagen nominierten Kader fielen André Schürrle, Marco Reus, Christoph Kramer, Manuel Neuer und Jerome Boateng aus, nachdem Mats Hummels, Bastian Schweinsteiger und Mesut Özil gar nicht in Frage kamen für die Gibraltar- und Spanien-Spiele. Löw sprach mit seinem noch vorhandenen Personal, um die Motivation zu testen. "Ich habe gemerkt, dass sie Lust haben, gegen Spanien zu spielen", sagte er.

Im Spieler-Kreis wird bedauert, dass die Atlantik-Hafenstadt mit einem kleinen Stadion zum Spielort wurde. "Schade, dass wir nicht in Madrid oder Barcelona spielen", sagte Lukas Podolski. Dass das Bernabeu von Real Madrid oder das Nou Camp von Barca mit ihren Kapazitäten über 80 000 Zuschauern voll geworden wären, bezweifelte Löw. "Die Spanier haben sich für Vigo entschieden. Wir nehmen das an", sagte er.

Heftiger Regen ist für Dienstag in Galicien angesagt, auf dem seit Wochen durch Niederschläge aufgeweichten Rasen droht eine Schlammschlacht. Aber selbst, wenn sein Weltmeister-Team verdreckt und geschlagen vom Platz ginge, einen Trost hätte Löw. "Dieses Jahr war sensationell gut, es wird immer einen besonderen Stellenwert haben. Unabhängig von diesem Test ist es nicht anzukratzen", sagte er. Seine Kampfansage an die Spanier, sie auch in Europa zu entthronen, richtete sich erst auf die EM: "Unser Ziel heißt, dann den Titel zu holen. Das hat noch ein bisschen Zeit."

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