Kommentar zu Bayer Leverkusen Zauber verflogen

Meinung | Bonn · Mehr als Contenance fehlt Bayer-Trainer Roger Schmidt derzeit der Erfolg. Der Verein hinkt seinen Zielen hinterher, ohne sie aus den Augen verloren zu haben.

 Startete mit Leverkusen schwach in die Saison: Trainer Roger Schmidt.

Startete mit Leverkusen schwach in die Saison: Trainer Roger Schmidt.

Foto: dpa

Seit vielen Jahren pöbelt sich José Mourinho durch die großen europäischen Fußballvereine, dass es eine Pracht ist. Kein Spruch, der ihm zu billig, keine Beleidigung, die ihm zu deftig wäre. Mourinho darf das, denn meist hat er Erfolg.

Roger Schmidt, der oft so sanft daherkommt, hat auch etwas von Mourinho. Es gibt Weggefährten, die den Trainer von Bayer Leverkusen für arrogant, unnahbar und unbeherrscht halten. Dass er den Kollegen Nagelsmann jetzt als „Spinner“ titulierte, war da eher eine Petitesse. Beinahe noch mehr als Contenance fehlt Schmidt im Moment allerdings Erfolg. Insofern könnte Bayer nach dem Pokal-Aus in Lotte langsam das Interesse verlieren an diesem nicht ganz einfachen Menschen und Trainer.

Schmidts Bilanz in Leverkusen kann sich bislang sehen lassen. Platz vier im ersten Jahr, Rang drei im zweiten – das entspricht exakt den Ansprüchen des Werksclubs. Nämlich, nie die Champions League aus den Augen zu verlieren. Während seiner Anfangszeit in der Bayarena begeisterte der Fußball Marke Schmidt sogar die gesamte Bundesliga. Mit einer irren Geschwindigkeit fegten die Leverkusener durch die Stadien, setzten den Gegner bei Ballbesitz sofort unter Druck und schalteten bei Ballgewinn blitzschnell um. Der Ingenieur aus dem Sauerland schien dem Verein, den Fans und auch dem Werk endlich geben zu können, was alle so lange vermisst hatten: ein Label, eine Identität, einen Spielstil mit Wiedererkennungswert.

Im dritten Jahr ist der Zauber verflogen. Bayer startete schwach, obwohl der Club keinen Spieler abgab, den er nicht abgeben wollte, und die Mannschaft nominell sogar noch verstärkt wurde. Gut möglich, dass Schmidt erneut die Kurve kriegt, wie ihm das in den vergangenen Jahren in ähnlichen Phasen gelang. Aber im Grunde spielt diese talentierte Mannschaft, wie viele andere Bayer-Mannschaften auch schon spielten: mal gut, mal schlecht, mal begeisternd, mal dilettantisch. Das eigentliche Label dieses Vereins war und ist seine unerklärliche Labilität. Und daran hat auch Roger Schmidt nichts geändert.

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