Erst zwei Rauswürfe Trend oder trügerisch? Bundesliga geizt mit Trainerwechseln

Düsseldorf · Zwei Trainerwechsel gab es in der Bundesliga-Hinrunde - so wenig wie zuletzt vor zehn Jahren. Ist das ein Zeichen für mehr Kontinuität? Der Bund Deutscher Fußball-Lehrer ist skeptisch.

 Erster Trainer-Rauswurf der Saison 2018/19: Ex-VfB-Coach Tayfun Korkut.

Erster Trainer-Rauswurf der Saison 2018/19: Ex-VfB-Coach Tayfun Korkut.

Foto: Patrick Seeger

Kontinuität auf den Trainerbänken ist in der laufenden Saison der Fußball-Bundesliga bislang groß geschrieben.

Gerade einmal zwei Wechsel gab es auf den Positionen des Übungsleiters in der Hinrunde - so wenig wie zuletzt vor zehn Jahren. Ist das schon ein Trend im Milliardengeschäft Bundesliga? Haben die Clubs mehr Geduld mit der Arbeit der Fußball-Lehrer? Ja, glaubt Borussia Mönchengladbachs Sportdirektor Max Eberl: "Das ist eine Entwicklung zu mehr Kontinuität." Einen Grund für seine Einschätzung nannte er nicht.

Der Bund Deutscher Fußball-Lehrer (BDFL) ist da skeptischer. "Ich wage zu bezweifeln, dass es ein Trend ist", sagte BDFL-Präsident Lutz Hangartner der Deutschen Presse-Agentur. "Die Entwicklung in diesem Jahr scheint günstig. Aber die Erfahrungen aus den vergangenen Jahren zeigen, dass man den Tag nicht vor dem Abend loben soll. Der eine oder andere Club kann im Verlauf einer Rückrunde noch kalte Füße bekommen."

In der Saison 2018/19 traf es als ersten Tayfun Korkut nach einem miserablen Saisonstart des VfB Stuttgart mit fünf Punkten aus sieben Spielen. Der 44-Jährige, der den VfB mit 31 Punkten aus den letzten 14 Spielen der Vorsaison fast noch in den Europapokal geführt hatte, wurde durch Markus Weinzierl ersetzt. Bei Bayer Leverkusen musste Heiko Herrlich nach einer enttäuschenden ersten Saisonhälfte Platz für Peter Bosz machen. In der Hinserie der Saison 2008/2009 waren es in Jos Luhukay und Armin Veh ebenfalls nur zwei Trainer, die vorzeitig gehen mussten.

Das Statement von Eberl, generell ein Befürworter von Kontinuität, ist eine Ausnahme. Mehr Geduld mit den Trainern ist in der Bundesliga immer noch eher Wunschdenken. "Am liebsten würde ich mir wünschen, dass gar kein Trainer entlassen wird", sagte unlängst Bayern-Coach Niko Kovac. Der Kroate steht in München unter dem besonderem Druck, die sechs Jahre währende Erfolgsgeschichte seiner Vorgänger wie Jupp Heynckes, Pep Guardiola oder Carlo Ancelotti fortzusetzen.

Kovac hatte nach einer Schwächeperiode der Bayern mit Pleiten gegen Gladbach (0:3), bei Hertha BSC (0:2) und Borussia Dortmund (2:3) sowie dem Patzer gegen Fortuna Düsseldorf (3:3) in der Hinserie bereits schwierige Phasen. Aber das Vertrauen der Bayern-Führung in Kovac scheint, besonders nach zuletzt fünf Siegen in Serie, weiter ungebrochen. "Der Trainer musste sich durch die Hinrunde erstmal eingewöhnen. Klar kannte er den FC Bayern von früher, aber es ist natürlich ganz was anderes, als Spieler und als Trainer zu agieren", sagte Sportdirektor Hasan Salihamidzic über den ehemaligen Bayern-Profi.

In der zurückliegenden Dekade gab es bis zum letzten Spieltag einer Saison durchschnittlich fast neun Trainerwechsel. Nimmt man noch die Zeit nach dem 34. Spieltag bis zum 30. Juni dazu, wurden in dieser Spanne durchschnittlich rund 14 Wechsel pro Saison vorgenommen. Im Kampf um den Klassenverbleib scheint ein Austausch noch immer das übliche Mittel zu sein. Druck - auch durch die Medien - führt laut Hangartner zum gängigen Handeln, durch einen Wechsel einen "Impuls" zu geben.

Aber es gehe auch anders. Hangartner: "Freiburg und Nürnberg sind positive Beispiele. Dort gibt es das Bewusstsein, dass man aufgrund der Rahmenbedingungen sportlich immer auf der Rasierklinge tanzt." Freiburgs Trainer Christian Streich ist mit sechs Jahren Amtszeit derzeit eine Ausnahme, Volker Finke brachte es im Breisgau einst sogar auf 16.

Beim 1. FC Nürnberg steht Michael Köllner trotz des letzten Tabellenplatzes nicht zur Disposition, wenn man den Verantwortlichen glauben darf. "Ich kann nicht für 15 andere Vereine sprechen, die ihren Trainer nicht entlassen haben. Zumindest bei uns ist es kein Zufall", erklärte Nürnbergs Sportvorstand Andreas Bornemann. Ob diese Saison tatsächlich eine Entwicklung zu mehr Kontinuität aufweist? Hangartner kann nur hoffen: "Es wäre wünschenswert, wenn die Clubs mehr Geduld mit den Trainern aufbringen würden."

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