Anschlag auf BVB-Bus in Dortmund So erlebte GA-Redakteurin Sylvia Binner die Absage

Dortmund · Fassungslos und schockiert haben Fußballfans am Dienstagabend die Absage des Champions-League-Spiel zwischen Borussia Dortmund und AS Monaco aufgenommen. GA-Redakteurin Sylvia Binner war vor Ort und schilderte ihre Eindrücke.

Zehntausende Fans waren bereits im Stadion und warteten auf den Anpfiff. Nach ersten Meldungen über einen Zwischenfall mit dem BVB-Bus und weiteren Minuten der Ungewissheit kam um 20.30 Uhr dann die Nachricht: Das Champions-League-Spiel zwischen Borussia Dortmund und AS Monaco fällt aus.

In der Zeit zwischen der ersten Meldung über den Vorfall und der letztlichen Absage herrschte bereits keine normale Atmosphäre rund ums Stadion, berichtet GA-Redakteurin Sylvia Binner, die zum Spiel nach Dortmund gefahren war. "Gespenstisch. Jetzt strömen normalerweise die schwarz-gelb-gekleideten Massen zum Stadion. Stattdessen sammeln sich die Fans im nahegelegenen Kreuzviertel vor Fernsehern vor den Kneipen oder treffen sich an den Bierständen um Westfalenhalle und Stadion", beschreibt sie die Lage um 20.18 Uhr. Abgesagt ist das Spiel zu diesem Zeitpunkt noch nicht, viele Fans sind aber schon über die Vorfälle informiert.

Maschinenpistolen werden durchgeladen

Dies macht sich auch an anderer Stelle bemerkbar: "Auf verlorenem Posten: der Schwarzmarkthändler, der letzte Tickets anbietet. Die werden angesichts der noch anstehenden Entscheidung über den Anpfiff wohl ein Ladenhüter bleiben", so Binner.

Minuten später um 20.23 Uhr ergibt sich ein neues Bild rund ums Stadion: "Polizeimannschaftsbusse spucken neue Bereitschaftspolizisten aus, Maschinenpistolen werden durchgeladen". Die Polizei verstärkt die Präsenz. "'Kevin, habt Ihr Westen über?' Die Frage einer Beamtin wirft ein Schlaglicht darauf, dass es bei der Vorbereitung hektisch zuging. Schließlich will ein Stadion mit rund 60.000 Fans geräumt werden."

Kurz darauf ist es dann soweit: Das Spiel wird abgesagt. "Die Nachricht geht rum wie ein Lauffeuer", so die GA-Redakteurin, die diesen Entschluss "folgerichtig" nennt. Und auch andere Fans sehen es ähnlich, wie sie schreibt: "'Richtig so', lautet der vorwiegende Tenor. Und selbst die, die vorher noch davon redeten, dass eine Absage viel zu teuer käme, machen sich auf den Heimweh."

"'Gut ist, dass alle ruhig bleiben', sagt ein weiblicher Fan auf dem Nachhauseweg. Und in der Tat ziehen die Fans relativ gelassen über die B1-Brücke Richtung Innenstadt", so Binner. Der Eindruck bestätigt sich, die Fans reagieren besonnen auf die Absage. Die Dortmunder Polizei lobte das Verhalten der Zehntausenden Fußballfans. „Das ist mit sehr viel Ruhe abgelaufen, und das hat uns natürlich als Polizei und sicherlich auch dem Verein sehr geholfen“, sagte Nina Vogt, Sprecherin der Dortmunder Polizei, am Mittwochmorgen im ZDF. „Ich glaube, da können wir alle sagen, dass wir auf die Reaktionen nur stolz sein können“, betonte sie.

Die Fans solidarisieren sich

Die BVB-Fans informieren sich gegenseitig über die aktuellen Entwicklungen: "Morgen, viertel vor sieben", klopft ein Mann einer Unbekannten auf die Schulter. "Weiß schon", lautet die Antwort. Alle starren in ihre Handys, tippen oder telefonieren. "Morgen kann ich nicht, willst Du meine Karten haben?", fragt einer das andere Ende der Leitung.

Doch nicht nur die Anhänger der Borussia müssen umplanen. Die Monaco-Fans müssen sich Unterkünfte für die Nacht suchen. Auf Twitter hat sich schnell der Hashtag #bedforawayfans verbreitet. Dortmunder hatten darunter gepostet, wenn sie einen Schlafplatz anbieten können. Unter dem gleichen Hashtag konnten auch Monaco-Fans Unterkünfte in Dortmund und der Umgebung suchen.

Auch wenn einige Gästefans das Angebot annehmen und sich über die Solidarität freuen konnten, hatten andere wie dieser Fans weniger Glück: "Gekniffen ist der ebenfalls ins Handy redende Monegasse. Der Rückflug geht morgen früh. 'Merde', flucht er."

Für viele geht der Abend in der Kneipe weiter, Fußball wird an anderer Stelle gespielt: "Derweil läuft in den Kneipenfernsehern im nahen Kreuzviertel bereits das Spiel Juventus Turin gegen den FC Barcelona. Die Italiener führen. 'Die machen's dieses Jahr', glaubt der Mann am Tresen."

Doch der Anschlag, bei dem der BVB-Spieler Marc Bartra und ein Polizist verletzt wurden, löst auch andere Gedanken aus. "Es hätte schlimmer kommen können", urteilt sein Kumpel neben ihm. "Wenigstens keine Toten."

"So geht ein Abend im Ruhrpott zu Ende, der eigentlich ein Fußball-Fest werden sollte. Stattdessen bringt er einen weiteren Beweis, wie verletzlich Großveranstaltungen dieser Tage sind. Trotz großem Polizeiaufgebot und massiven Sicherheitsvorkehrungen. Und dennoch: 'Wir lassen es uns nicht vermiesen', sagt der Mann an der Theke. Und alle anderen nicken."

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